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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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mehrere Männer das Leben ein, weil der Fluss sie fortriss. Das Wasser schmeckte nach Eis.
    Über die Zäune hinweg sahen die Söldner die Berge, die beim Anmarsch immer höher geworden waren. Nun nahmen sie die Hälfte des Himmels weg, so sah es aus. Ganz oben war Eis, an ihm schien der Himmel zu kleben und die Wolkenfetzen, die an den Berggipfeln hingen, hatten die Farbe von schmutzigem Schnee. Die Luft war kalt und schnitt in die Haut. Die Männer fluchten und wünschten sich an die Rhone zurück, in eine handfeste Schlacht, in der man es mit Römern zu tun hatte und nicht mit unsichtbaren Teufeln, die eine schwarze Hölle aufgetürmt hatten.
    Kleider und Waffen wurden wieder in Fellsäcke gestopft, dann ging es durch den Fluss. Hannibal war einer der Ersten. Drüben wurden Feuer angezündet unddie Männer konnten sich trocknen. Die Zäune hielten, was sich Hannibal von ihnen versprochen hatte.
    Für die Elefanten kamen die Zäune nicht in Betracht. Außerdem verbot sich von selbst, die Tiere auf brennende Stöße zuzuführen. Sie waren ohnehin durch die Feuer am anderen Ufer bereits scheu geworden. Treiber erkundeten eine Stelle, die für ein Übersetzen der Elefanten in Frage kam. Wie an der Rhone wurde mit ein paar Weibchen der Anfang gemacht, doch nun ohne Flöße.
    Die Elefanten wollten erst nicht ins Wasser, zwei kehrten um, aber drei wagten es schließlich und wateten in den Fluss. Vorsichtig tasteten sie nach sicherem Grund für jeden Schritt. Es glückte, sie kamen heil an das andere Ufer. Die beiden dagegen, die umgekehrt waren, konnten durch nichts bewegt werden, ins Wasser zu gehen. Nur der Zwerg ging hinüber, als der Riese ihm einen Weg durch den Fluss suchte. Stellenweise musste er schwimmen.
    Da machte Karthalo den Vorschlag, man sollte die übrigen fünfunddreißig Elefanten, die noch hinüberzubringen waren, auf einmal in den Fluss führen, so dicht beieinander, dass an ein Ausbrechen nicht zu denken war. Alle stimmten zu und die Elefanten wurden in drei Reihen aufgestellt, Suru und Rocco an den Flügeln der ersten Reihe.
    Die Elefanten rückten Schritt um Schritt vor. Der angeschwollene Fluss, der ihnen bis an die Flanken reichte, hielt sie aneinander gepresst, und mehr noch die Angst vor dem eisigen Wasser. Als geschlossene Insel, aus grauen Hügeln zusammengefügt, kamen sie bis in die Flussmitte und noch ein Stück weiter.Plötzlich aber verloren vier oder fünf Elefanten auf einer Kiesbank den Grund, sie stürzten und rissen andere mit und nun brach eine Panik aus, die nicht zu steuern war. Jeder Treiber dachte nur an seinen Elefanten und sich. Karthalo, der hinter mir saß, brüllte auf Suru ein, doch da alle Indos schrien und ein paar Elefanten vor Angst zu trompeten anfingen, ging jedes Wort unter. Suru stand wie ein Fels im Wasser. Er ging erst weiter, als er keinen Elefanten mehr an seiner Seite spürte. Zögernd setzte er Fuß vor Fuß. Den Rüssel hatte er zurückgeschlagen, die Spitze lag zwischen den beiden mächtigen Buckeln seiner Stirne. Karthalo schrie nicht mehr, solange Suru sich bewegte. Suru ließ sich zu jedem Schritt so viel Zeit, dass Karthalo vor Ungeduld auf meine Schultern klopfte. Aber schließlich war Suru bis auf drei oder vier Schritte an das andere Ufer herangekommen. Dort blieb er von neuem stehen. Karthalo redete auf ihn ein. Er schlug ihn mit seinem Stock auf die Ohren. Und dann griff er zum ersten Mal, seit ich auf Suru saß, nach dem eisernen Haken, der am Sattel hing, und stieß die Spitze hinter das Ohr. Suru tat überstürzt einen Schritt. Er brach ein und schleuderte Karthalo und mich in den Fluss. Ich klammerte mich am Stoßzahn fest, der aus dem Wasser ragte. Unter den Füßen spürte ich Kies. Mich trug er, aber Suru mühte sich verzweifelt, mit den Vorderfüßen einen sicheren Halt zu finden. Er geriet vor Angst immer mehr außer sich; er versuchte sogar, mich abzuschütteln, und wühlte sich immer tiefer in die Kiesbank. Ich wurde weggerissen. Karthalo zerrte mich ans Ufer.
    »Er hätte dich zerstampft«, keuchte er, »wenn er so ist, kennt er weder dich noch mich.«
    Karthalo rannte um Äste, er warf sie Suru zu, aber sie wurden vom Fluss fortgerissen, ehe Suru sie mit dem Rüssel erwischte. Ich wollte wieder ins Wasser zu Suru. Karthalo hielt mich fest. »Es hat keinen Sinn!«, keuchte er. »Keiner kann ihm helfen, nur er selbst!«
    Mir war, als steckte ich in Eis. Ich starrte auf Suru hin. Er gab den Kampf um sein Leben nicht auf. Unablässig

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