Idioten auf zwei Pfoten
Sie scheuchte mich ins große Zimmer. Dort wies sie mit ausgestreckter Hand auf die Zitronendecke.
»Was fällt Ihnen überhaupt ein, meine Träume zu stören?«, knurrte ich und wollte gleich wieder zurück zu meinem Schlafplatz, aber sie packte mich am Schlafittchen und setzte mich auf die Decke.
»Also hören Sie mal! Wie können Sie es wagen, El-Rei Dom …«
Ich kam gar nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, denn sie hob drohend den Finger und sagte: »SchrödergehindeinKörbchenaberZacko!«
»Nein«, knurrte ich zurück. »Eu quero ir a essa cama! Bett! Verstehen Sie, Gnädigste, ich meine dieses Bett!« Ich versuchte, mich an ihr vorbeizuquetschen, stieß mir aber nur den Kopf an ihrem Schienbein.
»InsKörbchen.«
»Bett!«
»Körbchen!UndjeschnellerdudaskapierstdestowenigerÄrgerwerdenwirhaben.«
»Bett!«
»Schröder!«
Ich wollte aus dem Korb springen, aber sie packte mich, und wieder landete ich auf der Decke. »Ich verstehe nicht, warum Sie das Bett ganz für sich alleine beanspruchen, gnädige Frau – da passen wir beide bequem hinein; da hätte sogar mein ganzes Rudel aus Vila do Santo Chouriço Platz.«
»Körbchenundbleib«, sagte sie mit Nachruck, ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
Meu deus! Die traut sich was, Alfonso. Nur zwei Beine, kaum Nasenfunktion und ein Benehmen wie der Großinquisitor.
7. Juli
Schrecken, Schrecken, Schrecken. Alfonso. Atrocidades, wo man geht und steht.
Dreimal am Tag erfahre ich nun das zweifelhafte Vergnügen des Gassi-Rituals. Madame zerrt mich hinaus auf die Straße, und dann laufen wir ewig lange über stinkenden Asphalt, über Trottoirs, auf denen Scherben liegen und man seiner Pfoten nicht sicher ist. Die Autos brausen zu Hunderten an uns vorbei und verpesten die Luft, dass mich die Nase juckt und ich am liebsten nicht mehr atmen möchte. Busse und Lastwagen schießen fauchend und grummelnd dahin. Gestern habe ich das vor Entsetzen verzerrte Gesicht eines Kollegen in einem der Ungetüme gesehen. Seine Nase klebte an der Scheibe, und in seinen Augen stand die nackte Angst. Ich hoffe, Madame kommt nie auf die Idee, mich der Tortur einer Busfahrt auszusetzen. Mir reicht es schon, wie sie Auto fährt. Dagegen ist diese Mafalda Souza, ich meine die vom Käseladen im Centro Commercial auf dem Torre, ein Waisenkind, sage ich dir.
Ich warte nur darauf, dass wir in einem Straßengraben landen, weil die gnädige Frau wieder nur eine Hand am Steuer hat. Mafalda raucht wenigstens nicht, wenn sie mit ihrem Käsetransporter durch die engen Gassen von Vila do Santo Chouriço jagt. Sie hat es nur mit der Hupe, aber da weiß man wenigstens, dass sie unterwegs ist und die Wahrscheinlichkeit groß, dass in der nächsten Kurve ein Käselaib von der offenen Ladefläche geschleudert wird.
Aber zurück zu diesem Moloch, in dem ich Unglücklicher gestrandet bin. Abgesehen von all der Hektik und dem Lärm gibt es noch etwas viel Schrecklicheres an diesem Ort. Der größte Schrecken von allen wohnt unter der Erde. Vermutlich handelt es sich um eine lindwurmähnliche Bestie, die nach Blut schreit.
Das Vieh faucht und rasselt wie eine Klapperschlange und rast mit großer Geschwindigkeit, vermutlich auf der Jagd nach Beute, unter der Erde herum. Der Boden, auf dem wir stehen, der Asphalt und das Trottoir vibrieren, und ich kann das Ungeheuer deutlich hören. Es brüllt wie ein hungriger Löwe, nur viel, viel lauter und beängstigender. Am Tag ist es schon schlimm, aber am Abend und in der Nacht ist es unerträglich. Nur zwischen halb zwei und fünf Uhr in der Früh gibt das Biest endlich Ruhe. Ich hoffe immer, dass es nicht wiederkehrt, aber bis jetzt wurden meine Gebete nicht erhört.
Es gibt einen großen Platz in der Nähe, auf dem ein Markt stattfindet. Aber stell ihn dir bitte nicht so schön wie unseren Pelourinho vor. Es gibt noch nicht einmal ganze Schweineköpfe zu kaufen, nur zerhacktes Zeug. Ich gebe zu, es riecht alles ganz appetitlich – aber man sieht keine großen Schinken oder Lammschenkel am Stück. Auch hielt meine Nase vergeblich nach dem tröstlichen Duft von Bacalhau Ausschau.
Auf dem Platz steht das Rathaus, jedenfalls glaub ich, dass es das Rathaus ist. Wie alle anderen Häuser ist es aschefarben, aber sehr, sehr groß mit sehr vielen Fenstern und einem Balkon, von dem aus vermutlich der Bürgermeister einmal im Jahr seinen Untertanen zuwinkt. Die Menschen schlendern dort seelenruhig zwischen den Ständen umher, während unter
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