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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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Alle Rassen – du machst dir keinen Begriff. Ich schwöre. Die Bilder rasten am Fenster vorbei, und in meinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Das war mehr, als ich mit einem Auge fassen konnte.
    Auf mich drang eine Kakophonie von Gebrause und Gehämmer, Rufen und dazu die Musik aus dem Radio ein. Alfonso, ich fürchte, ich werde nie wieder in meinem ganzen Leben eine Grille zirpen hören.
    Als der Wagen endlich anhielt und der Motor erstarb, waren meine Nerven aufs Äußerste gespannt. Die Frau hob mich aus dem Auto, und dann gingen wir auf ein aschefarbenes Haus zu. Alle Häuser in dieser Straße sind so. Keine Mosaike, keine Bilder oder Muster an den Wänden, und zum ersten Mal bemerkte ich, dass die Sonne hier auch nicht vernünftig scheint. Sie ist schwach. Alfonso, so habe ich die Sonne noch nie erlebt. Schreckt sie etwa vor den tristen Häusern zurück, die allesamt aussehen, wie nur ein einziges Haus in Vila do Santo Chouriço aussieht – das Haus des Abdeckers?
    Mir schlotterten die Knie, als Madame mich an der Tür absetzte. Mir, dem großen Mops-König von Vila do Santo Chouriço, sank das Herz in die Hose. Bitte erzähle es niemandem, vor allem nicht Assunta, aber als wir den Hausflur betraten, dachte ich, es ginge zur Schlachtbank. Spotte nicht, mein Freund, dir wäre es ebenso gegangen.
    Es war so finster in dem Haus, dass Madame am helllichten Tag das Licht anmachen musste. Ich roch das Miasma einer großen, kohlefarbenen Hündin, die zu viel Dosenfutter frisst. Wir gingen ein paar Stufen hinauf, dann standen wir vor einer weiteren Tür. Die Frau schloss auf, und wir gingen in die Wohnung. Sie zog ihren Mantel aus. Hinter mir klappte die Wohnungstür zu, und ich hatte den Moment zur Flucht verpasst. Zu geschockt und erschöpft war ich von all den Eindrücken, die in der letzten Stunde auf mich niedergeprasselt waren.
    Während Madame ihre Handtasche abstellte, schnüffelte ich als Erstes den Boden ab. Als ich nichts Gefährliches feststellen konnte, wagte ich einen Blick in das angrenzende Zimmer zur Linken. Es war eine Küche, und ich war erleichtert. Wenn Madame kocht, dann wird es endlich was Ordentliches zu essen geben. Kaum war mir wieder etwas wohler zumute, da schob sie mich in ein großes Zimmer auf der anderen Seite der Diele. Ich stand plötzlich vor einem Weidenkorb, in dem eine Decke lag. Madame sah mich an, streckte den Arm aus und sagte: »SchrödergehindeinKörbchen.«
    Ich hätte beim Anblick eines singenden Cão nicht verwirrter sein können. Das soll mein Schlafplatz sein?, dachte ich und drehte mich angewidert um. Eine zitronenfarbene Decke! Alfonso, Zitronenfarbe steht mir doch gar nicht.
    Sie führte mich in die Küche. Dort füllte sie einen Napf mit Wasser und stellte ihn vor mich hin.
    »Brathähnchen, wenn Sie so gut sein wollen«, sagte ich höflich. »Mit scharfer Sauce, wenn Sie die dahaben. Mir knurrt der Magen.«
    Die Frau guckte mich ratlos an und zuckte die Schultern. Um sie nicht zu verärgern, trank ich einen Schluck Wasser. Vielleicht gehörte das Anbieten von Wasser zu den Ritualen der Gastfreundschaft in diesem Land, dachte ich. Und richtig, sie lächelte und sagte mit freundlicher Stimme: »FeinSchrödileckerWasser«, und hakte die Leine aus dem Geschirr. In dem Moment schrillte im großen Zimmer ein Telefon, und sie ließ mich allein.
    Während sie redete und redete, inspizierte ich die Wohnung. Das Badezimmer war ziemlich klein, und es interessierte mich weniger. Wie du weißt, Alfonso, hasse ich Wasser. Das Geplantsche ist was für die dummen Cães. Die werfen sich in jede Pfütze, die sie finden können – auch wenn keine Enten drin schwimmen. Ein Mops dagegen ist selbstreinigend – ein großer evolutionärer Fortschritt, dass wir ständig so viele Haare verlieren, dass gar kein Schmutz an unserem Fell haften bleiben kann.
    Endlich fand ich, wonach ich gesucht hatte – die meinem Rang entsprechende Schlafstatt befand sich in einem weiteren Raum, dessen Tür nur angelehnt war. Ich legte mich in die weichen fliederfarbenen Decken, zog mir ein Kissen heran und schlief auf der Stelle ein.
    Aber, Alfonso, mein Glück währte nicht lange, denn eben träumte ich noch vom alten José Duarte de Oliveira, besser gesagt, von seinem Kühlschrank, der mit dem defekten Schloss, du weißt schon … der reinste Selbstbedienungsladen … da flog ich in hohem Bogen durch die Luft und landete unsanft auf dem Bauch. Diese Frau ist grausam, Alfonso. Sehr, sehr grausam.

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