Idioten auf zwei Pfoten
Warmen liegen lässt. Nass ist so ein Bett natürlich nicht von Nutzen, also erfanden die Menschen etwas, das sie »ein Dach über dem Kopf« nennen. Als sie das erstmal hatten, konnten sie so lange schlafen, wie sie wollten, egal wie das Wetter sich gebärdete oder ob ein Bär vor der Tür stand. Dadurch haben sich ihre Sinnesorgane so weit zurückgebildet, dass es gerade noch reicht, eine verdorbene Wurst am Geruch zu erkennen und von der Straße zu gehen, wenn der Bus herannaht. Und oft noch nicht einmal das.
Der noch höhere Preis, den die Zweibeiner zu bezahlen haben ist der, dass sie sich Dinge herbeiträumen, mit denen sie ihre Wohnstatt füllen: Lampen, Fernseher, Computer, Radios und Badezimmer. Weswegen die Menschen seit Tausenden von Jahren ihre Zeit damit verbringen müssen herumzurennen, um sich all das zu beschaffen. Die Angst vor einem nassen Bett steht ihnen sozusagen seit der Steinzeit ins Gesicht geschrieben. Ist das nicht entsetzlich lächerlich, Alfonso?
Du könntest jetzt einwenden, dass wir es ja auch gerne bequem haben und ich schließlich alles darangesetzt habe, in Madames Bett zu schlafen. Das ist richtig, Alfonso. Aber: Mein Lebensglück hängt nicht davon ab – ein Hund schläft überall, wenn es sein muss. Hätten wir uns sonst von der Arktis bis nach Südafrika verbreiten können? Wir schlafen im Schnee und in brütender Hitze, und nichts wird uns dazu bringen, einem Bett nachzuweinen. Ich hoffe, du verstehst diesen gravierenden Unterschied.
Ich arbeite jetzt verstärkt mit den 13 Gesichtsausdrücken, die mein Vater, Dom João, 27. mir einst beigebracht hat. Du weißt, dass das zur Grundausbildung gehörte, aber ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in so hohem Maße darauf angewiesen sein könnte. Wie bei allen Notafallübungen hofft man, dass man sie nie wird gebrauchen müssen. Außerdem hatte ich auch nie vor, mir einen Menschen für das tägliche Zusammenleben gefügig zu machen. Ein Leben als Haushund kam für mich nie in Betracht. Aber nach meinem ersten Erfolg im Buchladen habe ich fleißig weitergeübt. Nach ein paar Stunden waren die eingerosteten Kenntnisse dann wieder da, und Madame spricht sehr gut darauf an. Ich danke Gott auf Knien für die Erziehung, die ich durch meinen Vater und Tante Eulalia genießen durfte. Alte Weisheiten kommen eben nie aus der Mode.
Madame reagiert sogar so gut darauf, dass ich neuerdings jeden Abend neben ihr auf dem Sofa Platz nehmen darf, wenn sie sich etwas im Fernsehen anschaut. Seit meiner Auseinandersetzung mit Felix sind das vorzugsweise Filme, in denen Hunde vorkommen. Aber nicht, was du jetzt denkst, Alfonso – sie schaut sich nicht Lassie an. Ich weiß, dass du den Film magst, weil Lassie so klug ist, aber in meinen Augen ist es eine Geschichte, die die allermeisten Missverständnisse über das Verhältnis zwischen Hunden und Menschen hervorgebracht hat. Zwischen Möpsen und Menschen erst recht, war doch ursprünglich einer der Meinigen für die Hauptrolle vorgesehen. Nun ja, das kann man nicht mehr ändern. Aber die gnädige Frau will offensichtlich etwas in unserer Beziehung ändern und guckt sich Filme an, in denen Hundetrainer die Hauptrolle haben. Allen voran ein etwas untersetzter Mann, der in der letzten Folge, die wir sahen, seine liebe Not mit vier toupierten Damen und ihren schneefarbenen Pudeln hatte, die fortwährend sangen – also die Damen, nicht die Pudel – und die Pudel machten, was sie wollten. Du kannst dir vorstellen, Alfonso, dass ich sehr viel Spaß hatte. Ich dachte mir, was, wenn dieser Mann auch zu uns käme? Vielleicht ruft die gnädige Frau ihn an und bewirbt sich mit mir für die Sendung. Dann würde ich endlich in aller Öffentlichkeit dafür sorgen, dass ich meine Meinung zu all dem hier sagen kann. Aber es sieht nicht so aus, dass es so weit kommt, und du mich im Fernsehen sehen wirst. Denn die Madame hat eine Serie gefunden, die offensichtlich mehr nach ihrem Geschmack ist. Sie kommt aus Amerika, in der ein kleiner mexikanischer Mann, den sie den Dog Whisperer nennen, unsere Artgenossen wieder auf Vordermann bringt. Gegen die Probleme, die dieser deutsche Kerl zu verhandeln hat, hat es der Mexikaner mit Kalibern zu tun, gegen die Armani ein Waisenknabe ist. In dem Falle bin ich sehr froh, dass Madame ihn nicht anrufen und einladen kann, denn ich war beeindruckt zu sehen, wie viel er von unserer Sprache und unserer Art zu leben versteht. Würde ich mit ihm zusammentreffen, würde es wirklich
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