Idioten auf zwei Pfoten
neben der Biblioteca Pública, und das kaputte Kellerfenster war niemals repariert worden.
Kaum war ich wieder weggedöst, holte mich erneuter Applaus aus meinen Träumen. Die Leute kamen an den Tisch, kauften Bücher, und Madame musste ihren Namen hineinschreiben. Ich lugte unter der Tischdecke hervor und sah jede Menge Hosenbeine und Schuhe. Ich hörte, wie die Leute sich bedankten, und dann gingen alle nach Hause. Madame sagte: »Tja, Herr Schröder, du hast die Krabbenhäppchen leider verpennt.«
»Und Sie haben verpennt, richtig schreiben zu lernen. An Pessoa reichen Sie nicht heran. Sie schreiben Geschichten über Leichen und stricken ein paar Witzchen drum herum und glauben, es wäre Literatur. Wissen Sie, dass mein Urgroßvater, der große Trovador und Poet, Camôes der Dritte, das von Ihnen bevorzugte Genre für so trivial hielt, dass er noch nicht einmal einen Zweizeiler dazu gesungen hat? Na ja, für die Leute scheint es ja zu reichen.«
»Was ist denn jetzt wieder los?«, murmelte sie und wollte mich ins Auto heben. Leider tat mein Magen das, was er schon vor Stunden hatte tun wollen. Ich hatte keineswegs die Krabbenhäppchen »verpennt«, wie Madame geglaubt hatte. Eine ältere Dame, die mir Komplimente wegen meines Halstüchleins gemacht hatte, war in der Pause so freundlich gewesen und hatte mich am Büffet teilhaben lassen. Gesichtsausdruck Nummer 3 und 4 – Stirn runzeln, dann die Augen ganz groß und rund machen und als Verstärkung Hüsteln und die linke Oberlippe einklemmen. Es hatte sehr, sehr gut funktioniert. Ich fand allmählich Gefallen an der neuen Arbeit.
Die gnädige Frau verzog das Gesicht und wartete, bis ich mich auf dem Asphalt restlos entleert hatte.
»Ottos Mops kotzt, und sieh mal da: Krabbenhäppchen«, sagte sie amüsiert. Ich konnte beileibe nichts Lustiges daran finden, dass mein Magen sich auf links drehte und Madame nun ihren Hang zur Schadenfreude an mir ausließ.
»Das kommt nicht von den Krabbenhäppchen. Ich finde einfach Kriminalromane unverdaulich. Da sehen Sie mal, was Sie mit Ihrer Lesesaison angerichtet haben«, knurrte ich. »Von Literatur, die es wert wäre, so genannt zu werden, und Sardinen vom Grill wäre mir niemals schlecht geworden. Und außerdem hätte ich jetzt gerne einen Napf mit Wasser.«
24. September
Ich leide unter Verdauungsbeschwerden, und die Madame hat bereits Ringe unter den Augen. Was soll ich denn machen, wenn meine kranken Eingeweide nächtens zur Entleerung drängen? Zuweilen weiß ich gar nicht, wo es zuerst rauskommen will. Ich weiß nur, dass es in der Wohnung nicht rauskommen darf! Da kann ich doch keine Rücksicht darauf nehmen, dass die gnädige Frau im Bett liegt und schlafen will.
Ein Gutes hat mein Unwohlsein – ich muss nicht in die Hundeschule, und Wurst gibt es auch keine mehr. Muss ich also meinem Darmgrimmen auch noch dankbar sein, dass es mir gestattete, diese absurde Wurstsituation ohne Gesichtsverlust beendet zu haben?
26. September
Es gibt nur noch Reis und Wasser.
28. September
Immer noch Reis, Reis, Reis. Ich bekomme Schlitzaugen. Aber meine Gedärme haben sich wieder etwas beruhigt. Wenn mein Urgroßvater mich jetzt so sehen könnte, er würde sagen: »João, du hast mir nicht richtig zugehört.« Und dann würde er das Lied noch einmal singen.
30. September
Alfonso mein Freund, es wird dich freuen zu hören, dass es mir wieder besser geht. Zum Reis ist jetzt ein wenig gekochtes Huhn hinzugekommen. Es zwackt zuweilen noch in meinem Bauch, aber die Madame muss ich nicht mehr aus dem Bett werfen, damit sie mir die Tür öffnet, was sich positiv auf ihre Laune auswirkt. Menschen müssen durchschlafen, sonst sind sie zu nichts zu gebrauchen – Schlafentzug führt bei ihnen unweigerlich zu Reizbarkeit, Vergesslichkeit und letztendlich Irresein. Wenn ihre Urahnen in freier Wildbahn so ein Schlafverhalten an den Tag gelegt hätten, wären die Säbelzahntiger heute die Herren der Welt. Wer zu tief schläft, schläft bald für immer, sagt ein altes Sprichwort. Haben die Menschen deswegen, kaum dass sie das Wort Bequemlichkeit in ihren kalten Höhlen auch nur denken konnten, damit begonnen, darüber nachzudenken, dass es Wände und eine verschließbare Pforte braucht, um sich ungestört einem achtstündigen Nickerchen hingeben zu können? Alfonso, ich wage es, die These aufzustellen, dass nicht das Rad die Zivilisation beschleunigt hat, sondern die Erfindung einer gepolsterten, bequemen Bettstatt, auf der es sich im
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