Idioten auf zwei Pfoten
erinnerte ich mich an meinen Urgroßvater, Camôes III., den großen Trovador, der uns, als wir noch Kinder waren, immer dieses kleine Lied gesungen hat:
»Oh Mops, die guten Dinge halt in Ehren,
nur täglich nimm sie nicht, will ich dich lehren.
Wer immerzu in Schinken schwelgt, sich bald darauf mit Schmerzen quält.
Oh Mops, die guten Dinge halt in Ehren,
nimm maßvoll sie, und lass dich lehren,
dass trocknes Brot in großer Not,
noch jeden hat bewahrt vorm Hungertod.
Wer gierig ist nach Leckereien,
wird seine Lust sehr schnell bereuen.
Sind erst die Beine kurz, der Körper dick –
dann findet dich kein Mädchen schick.«
Warum guckt sie jetzt wieder so entsetzt? Ich habe doch nur ein bisschen gesummt. Das ist doch kein Grund, mit Badewasser zu werfen. »Madame, mein Pelz wird nass!«
18. September
Alfonso, mein Freund, die Geflügelwurst hängt mir zum Halse raus. Mir ist zum Speien zumute, wenn ich sie nur rieche. Wenn ich aber jetzt aufhöre, meine Tänzchen aufzuführen, wenn ein Artgenosse vorbeikommt, wird die Madame denken, sie hat gewonnen. Was ist das für eine absurde Zwickmühle, in die ich mich gebracht habe? Oder sie mich? Ist es möglich, dass die Lehrerin einen so perfiden Plan gegen mich geschmiedet hat? Es kann doch nicht sein, dass es darauf hinauslaufen soll, dass ich nichts mehr sage, um der Wurst zu entgehen?!
22. September
Alfonso, ich muss arbeiten gehen. Du wirst jetzt sagen, dass das unter der Würde eines Dom João ist. Grundsätzlich würde ich dir zustimmen, aber die Perspektive, die meine neue Tätigkeit mit sich bringt, ist nicht so schlecht. Ich will es dir erklären.
Ich hatte dir doch berichtet, dass Madame durch die Stadt gelaufen ist und Plakate verteilt hat. So wie es Oliveira immer macht, wenn er die Öffnungszeiten für sein Museum ändert. Zweimal im Jahr, du wirst dich erinnern. Niemand nimmt davon Notiz, und doch tut er es … Aber ich schweife ab.
Die gnädige Frau kam eines Abends nach Hause, holte etwas aus ihrer Tasche und tat so, als sei Weihnachten und Ostern auf einen Tag gefallen. Ich dachte, sie gibt mir meinen Pass zurück oder schenkt mir die Freiheit, so feierlich tat sie. Aber was hatte sie in der Hand? Eine Augenklappe, Alfonso. Die streifte sie mir über den Kopf und platzierte das Ding auf meiner leeren Augenhöhle. Dabei strahlte sie über das ganze Gesicht, als hätte sie in der Lotterie gewonnen. Ich streifte die Augenklappe mit der Pfote sofort wieder ab. Madame verzog das Gesicht und sagte: »Lass doch mal. Wir müssen arbeiten, und die hab ich dir extra gekauft. Damit du aussiehst wie ein richtiger Pirat.«
»Pirat, Pirat! Die Joãos waren und sind keine Piraten, wir waren in königlichen Diensten, und nach einem königlichen Dienst sieht das hier nicht aus, gnädige Frau. Sie reden von Arbeit! Das ist was völlig anderes. Arbeit ist Fron. Dienst für das Königreich ist Ehrensache. Arbeiten kann schließlich jeder, der Geld verdienen muss. Zum Dienst muss man berufen sein.«
Sie stülpte mir die Augenklappe wieder über. »Steht dir hervorragend. Und hier ist noch ein Halstuch.«
Und tatsächlich legte sie mir ein dreieckiges Bäffchen um, das den Totenkopf mit den gekreuzten Knochen zeigte.
»Was soll das werden? Der Carnaval ist lange vorbei. Ich bin doch kein Clown.«
»Feiiiiiin sieht das aus, Herr Schröder. Superschick!«
Ich streifte die Augenklappe wieder ab und knurrte. Madame wich vor mir zurück. Nicht dass ich sie hätte beißen wollen, aber was zu weit geht, geht zu weit, Alfonso. Nach weiteren erfolglosen Versuchen ihrerseits, mir die alberne Verkleidung schmackhaft zu machen, ließ ich es um des lieben Friedens willen zu, dass sie mir das Halstuch umlegte.
»Wenn Sie eine Anziehpuppe zum Spielen wollen, Madame, dann kaufen sie sich ein Plüschtier. Das macht alles mit«, sagte ich und verzog mich in mein Körbchen.
»Tja, die Lesesaison hat begonnen, aber meine kleine Pelzwurst hat wohl keinen Sinn fürs Geschäft«, murmelte sie, als sie die Augenklappe in eine Schublade legte.
»Lesesaison? Was für eine Lesesaison, Madame? In Vila do Santo Chouriço hat vor ein paar Tagen die Sardinha-Saison begonnen. Das ist was für mich. Stellen Sie einen kleinen Grill vor die Tür, und bereiten Sie Sardinen zu – mit ein wenig Zitronensaft und Knoblauch und Rosmarin. Dann können wir über diese alberne Kostümierung vielleicht noch mal sprechen.«
Die gnädige Frau ignorierte meinen Vorschlag, bepackte das
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