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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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Schatten der Bäume.
    Jeeves und Wooster liefen hinter ihr her und riefen: »Ginger, Ginger, wir haben ein tolles Lied gemacht! Hör doch mal zu!«
    »Ginger«, rief ich. »Kleines, du weißt, das habe ich nur für dich getan … Ich war … Ich wollte … Ginger … Bitte, geh nicht fort …«
    Sie drehte sich nicht einmal mehr um.
    »Ginger, bitte. Ich muss dich wiedersehen.«
    »Hör auf zu jammern«, rief Jeeves, der doch tatsächlich auf meiner Augenklappe herumkaute, die ich am Abhang verloren hatte.
    Wooster kam zum Auto und flüsterte: »Du hast es voll verkackt, Alter. Das ist ihre Entenherde. Das kannst du nie wiedergutmachen. Nie, nie wieder.« Dann rannte er seinem Bruder hinterher. »He, lass uns noch eine Strophe machen … Hey, Jeeves, jetzt warte doch mal …«
    Ich konnte lange meinen Blick von der Stelle, wo der Waldweg auf die Straße stieß, nicht abwenden, aber Ginger kam nicht mehr zurück. Einer Urgewalt gleich, stieg der Schlamm der Bitterkeit aus meinem Inneren empor. Ich rollte mich auf dem Sitz zusammen und lauschte dem wütenden Brausen meiner Seele, das immer mächtiger, lauter und schmerzhafter wurde. Mein Herz schlug hart und wild, als sei es kurz vor dem Zerbersten. Als der Sturm verebbte, überkam mich ein Frösteln, und mein Herz wurde kalt. Ich hatte verstanden, dass ich einen fürchterlichen Fehler begangen hatte. Ich hatte den heiligen Schwur der Möpse gebrochen – ich hatte mich verhalten wie ein gewöhnlicher Hund.
    Alle Dämme brachen. Die Saudade strömte durch meine Adern, und ich ließ mich treiben wie ein Stück totes Holz.
    Während unserer Heimfahrt leuchteten die Sterne vom Nachthimmel. Im Wagen roch es unangenehm nach feuchter Kleidung. Madame rauchte eine Zigarette nach der anderen und starrte auf die Straße. Ich konnte durch den Muff des Tümpels hindurch riechen, wie sauer sie auf mich war. Dazu hätte es ihrer Schimpftirade gar nicht mehr bedurft, die seit der Abfahrt vom Hof auf mich niederprasselte: »HerrSchröderwasfälltdireigentlicheineineEntezujagen.DasdarfmannichtuntergarkeinenUmständenHerrgottnochmal!DubistechteinunkontrollierbarerkleinerblutrünstigerKöter.Wasmacheichdennjetztbloßmitdir.Sowasdarfniewiederpassieren.Ichhoffedukapierstdas!« Und so weiter und so fort. In jeder Kurve holte sie Luft für neue Anklagen, die, als wir schon längst wieder die schnelle Straße erreicht hatten, nicht versiegt waren.
    Der Mond ging über den Wäldern auf. Ich fühlte mich so einsam, wie kein Mops auf der ganzen Welt sich je einsam gefühlt hat. Nur so kann ich mir erklären, dass sich meiner Kehle dieser Fado entrang:
    » Der Mond zog über den Himmel mit seinem Sternenband
    Zu seinen Füßen kam ungekämmt die Morgendämmerung von fern
    Samtig schienen
    Wellen aus Blut und Wein. «
    Die gnädige Frau unterbrach endlich ihre Schimpfkanonade und guckte mich an. Ich probierte als letztes Mittel Gesichtsausdruck Nr. 11.a. Sie guckte einfach nur wieder auf die Straße und sagte: »Das wird ein Nachspiel haben, Herr Schröder. Da kannst du gucken, wie du willst. Du bist endgültig zu weit gegangen.« Sie schaltete das Radio ein, und ich akzeptierte, dass die Götter an diesem Tag allen Grund hatten, mich auszupfeifen.
    11. Oktober
    Alfonso, wenn es wahr ist, was alle sagen. Wenn es wahr ist, dass ich kein Mops bin – warum hast du mir das nie gesagt?
    Stundenlang habe ich in Madames Schlafzimmer vor dem Spiegel gesessen und versucht, mich wiederzufinden. Das Wesen, das mir entgegenblickte, sah aus wie Dom João, aber er war mir fremd.
    14. Oktober
    Alfonso, ich kann es drehen und wenden, wie ich will. Ich erwarte auch keine Antwort von dir. Du wirst deine Gründe gehabt haben, mich über meine Herkunft im Unklaren zu lassen – und wenn es nur aus dem Grund heraus geschah, das Andenken an meine Mutter und meinen Vater in Ehren zu halten. Ich weiß, dass keiner von euch mich je verletzen wollte, aber ich lebte in einer Blase von Unwissenheit. Jetzt weiß ich noch viel weniger, was und wer ich bin. Kann ich denn noch ein König sein? Ein echter El-Rei Dom João? Macht es einen Unterschied, ob ich ein Mops-König in der Verbannung bin oder nur ein Hund, mit der verkehrten Nase im Gesicht, in einem fremden Land, der nicht weiß, wie ihm geschieht? Vielleicht ja, vielleicht auch nein. Auch Napoleon war am Ende kein Kaiser mehr – nur noch ein dicker, kleiner, übel riechender Mann ohne Mops und ohne Heimat.
    Seit der Nacht am A Traineira ist mein ganzes Leben ein

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