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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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hochkonzentriert folgte ich Gingers Spur. Nachdenken, João, ermahnte ich mich. Gründlich nachdenken, bevor du dich hier verabschiedest. Und vor allem, sieh zu, dass du vor deinem langen Marsch noch deinen Magen füllst. Wer weiß, wo sie wohnt?
    Ich mischte mich unter eine Gruppe von Kindern und folgte ihnen einen Abhang hinunter, in der Hoffung irgendwo ein Gebüsch zu finden, um mich dort fürs Erste zu verstecken. Die Kinder steuerten auf einen großen Teich zu. Eben wollte ich mich seitlich in den Wald schlagen, da sah ich sie: Mein Herz pochte heftig. Es war, als kehrte das Leben endlich in mich zurück. Im Glanz der letzten Sonnenstrahlen stand eine Gruppe von Laufenten! Du weißt, was das heißt, mein Freund. Sie können nicht fliegen, und wenn man vergisst, wovon sie sich ernähren, dann ist man nach Wochen des Darbens nur zu gerne bereit, alle Vorsicht fahren zu lassen und vor dem Anblick dieses Selbstbedienungsladens vor Glück auf die Knie zu fallen und seinem Schöpfer zu danken, dass er ein Einsehen hatte. Auf der Stelle sagte ich der Saudade fürs Erste Adieu und begrüßte meine Wegzehrung mit offenen Armen.
    Die Kinder rannten um den Teich herum und trieben die Enten vor sich her. Ich flog nur so dahin, meine Pfoten berührten kaum den Boden. Schon hatte ich die johlende Bande überholt. Die Enten wichen mal nach links, mal nach rechts aus, und ihr Geschnatter war ohrenbetäubend. Ein paar von ihnen suchten ihr Heil in einem Sprung in den Teich. Ich aber hatte mir bereits eine ausgesucht und ließ mich durch nichts ablenken. »Einmal ins Visier genommen, niemals mehr entronnen«, war die Devise meines Vaters. Nur noch wenige Meter trennten mich von meinem saftigen Abendessen. Aus dem Augenwinkel konnte ich am Abhang Jeeves und Wooster stehen sehen. Ja, dachte ich. Seht genau hin und lernt. Eure Nasen sind zu kurz! Ihr habt keine Kondition. Für so eine Aktion muss man ein Kampfmops sein. Erst gehört mir die Ente, dann die Frau meines Herzens und dann die ganze Welt.
    »Das schaffst du nicht«, riefen sie.
    »Du hast zu kurze Beine, Portugiese. Schneller, schneller. Die Ente hängt dich ab!«
    »Feigling«, brüllte Jeeves. »Das traust du dich sowieso nicht!«
    Und dann, Alfonso, setzte ich zum Sprung an. Die Zeit blieb stehen. Die Erde hörte auf, sich zu drehen. Das Universum schwieg. Mein Maul füllte sich mit warmem Blut, und meine Nase wurde von seinem Aroma schier überwältigt. Meine Fänge bohrten sich tiefer und tiefer in ihren Hals. Ich war am Ziel meiner Träume – die fetteste Ente von allen gehörte mir. Ich hatte sie gefangen. Ich allein, Dom João, der 28. Mir war, als würde die ganze Welt applaudieren, so sehr rauschte es in meinen Ohren. Mein Vater, Tante Eulalia und mein Onkel wären stolz auf mich gewesen. Sie hatten mich gelehrt, für den Erhalt meines Leibes selbst zu sorgen. Und sie hatten Recht daran getan. Dieses Gefühl war durch nichts zu ersetzen. Das ist das Spiel von Leben und Tod – und ich bin der Gewinner. So muss es sich anfühlen.
    Ich schüttelte mir das Wasser aus dem Fell und sah von Jeeves und Wooster nur noch, wie sie ihre dicken Hintern wegtrugen. Von einem Dom João lernen, heißt siegen lernen!, hätte ich ihnen am liebsten hinterhergerufen, aber was sollte ich mich mit den beiden Losern überhaupt noch abgeben. Ich musste meine Beute sichern und stand bis zum Hals im Wasser. Nicht weit entfernt bot sich eine alte Holzhütte als Unterschlupf an. Bis dahin musste ich es schaffen, dort würde ich mich verstecken und mir gründlich den Bauch vollschlagen. Ein ausgiebiges Nickerchen könnte auch nicht schaden – bis ich wieder wach wäre, wäre auch die Luft rein, und ich könnte mich unbehelligt auf den Weg zu Ginger machen, bevor ich den langen Marsch nach Portugal antreten würde.
    Ich musste nur noch aus dem Tümpel herauskommen. Aber wie? Immer mehr Menschen versammelten sich am Ufer. Das Geschrei des Publikums wurde lauter. Aber sie applaudierten nicht, sondern ich verstand, dass sie nach der gnädigen Frau riefen.
    In der nächsten Sekunde machte ich sie auch schon in der Menge aus. Sie streifte ihre Schuhe ab, stieg in den Teich und kam mit Riesenschritten auf mich zu. Ihr tomatenfarbenes Gesicht leuchtete mir entgegen. Um schneller voranzukommen, ruderte sie wild mit den Armen und schob eine regelrechte Bugwelle vor sich her. Vom Rand des Teiches ertönten Anfeuerungsrufe, und sie erhöhte das Tempo. Ich schwamm um mein Leben, Alfonso, und

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