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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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konnte nicht anders, als einen Schritt vor ihr zurückzuweichen. Die anderen warteten gespannt. Ein Kampf lag in der Luft. Im Bruchteil einer Sekunde entschied ich, dass es keine gute Idee wäre, es jetzt schon auf eine Rauferei ankommen zu lassen. Also sagte ich gar nichts, als sie mir die Hausordnung herunterbetete: »Wir bekommen zwei Mahlzeiten pro Tag; Geschäfte, große wie kleine, werden außerhalb des Zaunes verrichtet. Dazu haben wir dreimal täglich jeweils eine Stunde lang Gelegenheit. Wir gehen alle zusammen. Dein Platz ist am Ende des Rudels, genauso, wie du als Letzter fressen wirst. Du lässt allen anderen den Vortritt. Immer und bei allen Gelegenheiten, so lange, bis ich dir was anderes erlaube. Für gute Führung im Allgemeinen gibt es manchmal Ausflüge und Trainingseinheiten mit Miss Boss allein, aber das wird bei dir noch lange dauern. Wir schlafen alle zusammen in der großen Hütte. Ob du mit rein darfst, entscheiden wir heute Abend. Bis dahin ist dein Platz unter dem Vordach da hinten. Deine Decke liegt bereits da. Und ich warne dich: keine Extratouren, keine Anmache, versuch einfach gar nichts von dem durchzuziehen, mit dem du früher Erfolg hattest. Wir fallen nicht drauf rein. Wir haben schon alles gesehen.«
    »Alles gesehen«, echote die ganze Meute und zog sich in die große Hütte zurück.
    Miss Boss lehnte mit verschränkten Armen immer noch an der Tür und schien zufrieden mit ihrer Marionettenarmee. Dann ging sie ins Haus, und ich stand allein inmitten des großen Gartens. Tausend Fragen schossen mir durch den Kopf. Ich war erschöpft bis in die Knochen und legte mich flach auf den Boden. Es fing an zu regnen.
27. November
    Ich weiß nicht, für wen ich es überhaupt noch erzähle. Vielleicht möchte es ja irgendjemand da draußen wissen. Meine Welt, wie sie einmal war, ist nicht mehr. Das Universum ist zusammengestürzt – El-Rei Dom Joãos Existenz hat sich in Luft aufgelöst. Hinweggewischt von den gnadenlosen Mahlzähnen der Zeit. Nichts bin ich mehr, nur noch ein Hund. Ich, der ich mich zu den weisesten Möpsen zählte, habe alles verloren, sogar das Vertrauen in meine Talente, die ich für naturgegeben gehalten hatte. Alles fort – denn wo kein Mops mehr ist – da können auch keine Mops-Qualitäten mehr sein und keine Weisheit.
    Nein, ihr werdet mich nicht weinen sehen, der Tränen sind genug geflossen. Aber eine Geschichte, so man sie einmal angefangen hat, muss man zu Ende erzählen, und sei es auch nur, weil der Wind sie gerne hört.
    Ich habe drei Tage lang darauf verzichtet, in der Hütte zu schlafen. Mittlerweile tanzten die ersten dicken Flocken vom Himmel. Peggy, als Kommunikationsoffizierin der Meute, kam am zweiten Abend zu mir, um mir mitzuteilen, dass ich fortan in der Hütte geduldet würde. Ich drehte ihr meinen Hintern zu. Klein beigeben? Niemals. Ja, ich trotte bei den Spaziergängen brav hinter allen her. Aber das ist auch das einzige Zugeständnis, das ich bereit bin zu machen, denn auch ich habe ab und zu eine volle Blase.
    Ich trotze Wind, Hagel, Schnee und Regen und den Albernheiten, die sich Peggy und Jaqueline hinter meinem Rücken zuflüstern. Und wenn ich Goucho sehe, mache ich mich unsichtbar. Ich weiß, dass er mich provozieren will, aber ich gehe ihm aus dem Weg. Auch rühre ich das Futter nicht an – bevor ich mich wie ein Aussätziger als Letzter in die Reihe stelle, verhungere ich lieber.
    Seit ich gestern erfahren habe, wie es wirklich um mich steht, fallen mir die Haare büschelweise aus. Ich lag in der Nacht auf meiner Decke und träumte davon, mit dem alten Oliveira vor seinem Kugelschreibermuseum zu sitzen. Die Luft ist sanft und warm. Ein Abend ganz nach meinem Geschmack. Oliveira knabbert an seinem Grillhähnchen, und die kleinen Knochen, die er ausspuckt, fallen direkt vor mein Maul. Er bemerkt es nicht. Denn er ist vertieft in die Musik, die aus dem Radio kommt. Er ist besonders aufmerksam, denn sie spielen einen von Dona Claras alten Hits. In meinem Traum ging der Mond auf über der Serra da Estrela. Er schien so klar und hell, dass der alte Oliveira und ich lange Schatten auf das Pflaster warfen.
    In Wirklichkeit wurde mein Traum durch das Erscheinen von Brezel verdunkelt, der sich unbemerkt angeschlichen hatte. Ich hob nur müde den Kopf und brummte: »Was willst du, alter Mann?«
    »Mich ein wenig zu dir setzen. Hoody spricht so laut in seinen Alpträumen, dass ich nicht schlafen kann, und die Knochen tun mir weh. Es ist viel

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