Idol
schlechter Mohammedaner dazu! Es gibt nur den einen Gott!«
»Der Zufall war auch weiter mit im Spiel«, sagte Paolo. »Bei meinem ersten Kampf gegen die Piraten kaperte ich Abensurs Feluke
und kaufte der Mannschaft eine kleine Maurin ab, die Vittorias Sklavin aufs Haar glich.«
Ich schluckte und fragte mit erstickter Stimme:
»Deswegen hast du mich gekauft?«
Denn ich entsann mich genau, wie starr er mich vom ersten Augenblick an fixiert hatte.
»Nein, Aziza«, antwortete er, ohne auf den Unterton in meiner Frage zu achten, »ich hätte dich auf jeden Fall gekauft.« Und
schnell fügte er hinzu: »Ich habe mich schon oft zu diesem Kauf beglückwünscht. Doch in all den Jahren, die wir zusammen die
Meere befuhren, sah ich dich stets einen weißen Sonnenschirm über Vittorias Gesicht halten, wenn mein Blick auf dich fiel.«
»Aber das war ich doch gar nicht!«
»Ich weiß. Ich wußte es vom ersten Tag an, nachdem ich dich befragt hatte.«
»Kurz und gut, ich habe dir geholfen, dich an das anmutige Bild von Gubbio zu erinnern.«
»Ja, genau. Dir verdanke ich, daß es mir immer wieder so lebendig, frisch und zauberisch vor Augen trat.«
Ich schwieg. Was hätte ich auch sagen sollen? Da hatte ich Antwort auf meine Frage, und sie machte mir schwer zu schaffen.
Gewiß, ich kannte von Anfang an meinen Platz in seinem Herzen und in seinem Leben, doch er war kleiner noch, als ich gedacht
hatte: ich war nichts als eine braune Hand, die einen Sonnenschirm über Vittorias helles Gesicht hält.
|173|
Paolo Giordano Orsini:
Die dreitägige Überfahrt nutzte ich, um vom Schiffszimmermann Bug und Heck des kleinen Landungsbootes mit einem Deck ausrüsten
zu lassen. Unter diesem doppelten Deck befahl ich Kork anzubringen, soviel wie aufzutreiben war: um die Schwimmfestigkeit
des Bootes zu erhöhen und um es im Falle des Kenterns schneller wieder aufrichten zu können. Aus dem gleichen Grund ließ ich
auch den Loskiel verstärken, damit Marcello und ich uns beim Kentern mit beiden Füßen darauf abstützen und so unser beider
Gewicht einbringen könnten, um das Boot wieder flottzumachen. Dieses Manöver, vom Prinzip her einfach, ist schwierig auszuführen
und setzt voraus, daß das Boot leicht und die Besatzung gut aufeinander eingespielt ist. Ich habe es in jungen Jahren oft
zum Zeitvertreib geübt, sogar bei stürmischer See, und stets mit gutem Erfolg. Für den Fall, daß wir wegen der hohen Brandungswellen
die Ruder sichern müßten, begnügte ich mich nicht mit den Rojekollen. Um zu verhindern, daß die Ruder abgetrieben würden,
wenn wir zu Wasser gingen, befestigte ich sie mit Hanfseilen, die mehr Zugbelastung aushalten als Ketten.
Ich achtete auch darauf, unsere Kleidung so leicht wie möglich zu halten, und verzichtete auf Stiefel und Degen, nur den Dolch
nahmen wir mit. Mein Erster Offizier insistierte, daß wir Korkgürtel anlegen sollten, und ich folgte seinem Rat, ohne mich
der Illusion hinzugeben, sie könnten bei dem hohen Seegang von Nutzen sein.
Das Schwierigste war, das Boot zu Wasser zu lassen, einzusteigen und so schnell wie möglich von der Galeere wegzurudern, damit
es nicht von den Wellen gegen die Bordwand geschleudert und zerschellen würde. Deswegen führten wir die Operation im Windschatten
des Schiffes durch; ich hatte außerdem befohlen, auf der Leeseite Öl auf das Wasser zu gießen – Nichtseeleute sind immer wieder
erstaunt, daß die Wogen dadurch geglättet werden. Wir verhinderten so, daß das Boot schon bei der ersten Berührung mit der
See kenterte. Wir mußten uns sehr beeilen, denn die Galeere, die unsere Einschiffung deckte, bekam Dwarswind und hatte schwer
zu kämpfen. Sowie sich das Boot etwas entfernt hatte, richtete sie sich wieder aus den Wellen auf; und da wir nun nicht mehr
in ihrem Windschatten |174| lagen, trieb uns der Sturm, der von der See in Richtung Land blies, der Küste entgegen. Die Ruder nutzten wir vor allem, um
Kurs auf die Lichter zu halten, die ich, wenn ich mich umdrehte, hinter mir in den Fenstern des Häuschens leuchten sah, das
il mancino
mir beschrieben hatte.
Obwohl es fast Nacht war, lag ein fahlgrüner Schimmer über dem Wasser, und so konnte ich, wenn wir mit furchteinflößender
Geschwindigkeit über einen Wellenberg glitten, vage die Konturen der Hütte erkennen, wo mich – die Kerzen bewiesen es – Vittoria
Peretti erwartete. Diese Vorstellung machte mich trunken vor Glück, obwohl ich
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