Idol
wechseln
und sie würden sich später sehen, und zog mich zur Schanze. Dort bat er mich, zu warten. Nach fünf Minuten kam er und führte
mich in sein Zimmer, wo ich sofort bemerkte, daß die Bettvorhänge zugezogen waren. Daraus schloß ich, daß sich dahinter seine
kleine Maurin verbarg, auf die ich noch nie einen Blick hatte werfen dürfen – darin verhielt er sich fast wie ein Maure; doch
da ich durch Folletto wußte, daß besagte Sklavin dem Fürsten bedingungslos ergeben war, hinderte mich ihre Anwesenheit keineswegs
daran, ihm alles zu erzählen, was ich auf dem Herzen hatte.
»Durchlaucht«, sage ich, »vermutlich beabsichtigt Ihr, Lodovico zu sagen, Euer Unternehmen sei gescheitert.«
»Wie meinst du das?« fragt er und zieht erstaunt die Brauen in die Höhe.
»Daß die Dame Euren Wünschen sehr wenig geneigt war und Ihr eine Abfuhr einstecken mußtet.«
»Die Ehre gebietet mir in der Tat, so zu sprechen«, erwidert Orsini prompt, »und sei es auch nur, um die ihre zu retten.«
»Aber ich möchte mehr, Durchlaucht.«
»Mehr, Marcello?«
»Ja, Durchlaucht. Ich möchte, daß Eure Hoheit mich aus Euren Diensten als Sekretär entlassen.«
Bei diesen Worten fährt Orsini hoch und sieht mich mit einer Mischung aus Zorn und Trauer an.
|204| »Was, du willst mich verlassen, Marcello?«
»Gezwungenermaßen und mit großem Bedauern«, sage ich eifrig. »Aber mein Weggang ist unvermeidlich. Diese Expedition hat so
viele Zeugen an Bord gehabt, daß sie sich bald herumsprechen und zu tausend Vermutungen Anlaß geben wird. Wenn Ihr mich bei
der Rückkehr nach Rom entlaßt, wird dadurch die Version Eures Mißerfolges bestätigt, die mit Sicherheit Vittorias Ruf am wenigsten
schaden wird.«
»Aber dann werde ich dich nicht mehr sehen!« sagt der Fürst und wendet bekümmert den Kopf ab.
Obwohl mir genau bewußt ist, daß mich der Fürst vor allem wegen meiner Ähnlichkeit mit Vittoria mag, bin ich von seinen Worten
bewegt und beeile mich zu sagen:
»Ich werde stets Euer ergebener Diener bleiben, und wann immer Ihr meine Hilfe verlangt, wird sie Euch zuteil werden. Ihr
wißt, daß Ihr mich jederzeit über
il mancino
erreichen könnt.«
Er sieht mich an, kommt auf mich zu und umarmt mich wortlos. Dann trennen wir uns.
Am nächsten Tag, als ich mich auf der Poop darin übe, mit der Pistole nach Spielkarten zu schießen, tritt Lodovico zu mir
heran und sagt hochnäsig:
»Ihr sollt sehr geschickt im Umgang mit Feuerwaffen sein, Accoramboni.«
»Das stimmt, Herr Graf, aber ich bin auch mit dem Degen nicht ungeschickt.«
»Um so mehr bedaure ich, daß Eure niedrige Geburt mir verwehrt, mit Euch die Klinge zu kreuzen.«
»Ich weiß nicht, was Ihr unter niedriger Geburt versteht, Herr Graf. Hoch oder niedrig, die Geburt ist für alle gleich. Der
Tod auch.«
»Jedenfalls sehe ich keinen Sinn darin, sich im Waffengebrauch zu üben, wenn man nicht dem Adel angehört«, spottet er.
»Leider bin ich dazu gezwungen: es gibt Leute, die mich nicht mögen.«
»Ich bin stolz darauf, zu ihnen zu gehören«, sagt Lodovico provozierend. »Wollt Ihr wissen, warum?«
»Wenn Ihr mir unangenehme Dinge sagen wollt, Herr Graf, tut Euch bitte keinen Zwang an. Habt Ihr nicht von vornherein |205| betont, daß Eure Geburt Euch davon entbindet, mir Genugtuung zu geben?«
»So ist es. Ich müßte meine Klinge zu tief senken, wenn ich sie mit der Euren kreuzte.«
»Ihr riskiert also nichts. Ich höre.«
Bei diesen Worten senke ich den Kopf und lade meine Pistole. Ich stecke eine neue Karte auf meine Zielscheibe, kehre an meinen
Platz zurück und warte.
»Primo«
, sagt er, »sehe ich in Euch einen Intriganten, der sich aus Eigennutz die Gunst des Fürsten erschlichen hat.«
»Von dem ich bisher noch keinen Piaster angenommen habe. Könnt Ihr das auch von Euch behaupten, Herr Graf?«
» Secundo
seid Ihr in meinen Augen ein Zuhälter, der auf Kosten einer reichen Witwe lebt.«
»Das habt Ihr mir schon einmal gesagt, und ich habe Euch darauf geantwortet.«
» Tertio
halte ich Euch für einen gemeinen Verführer.«
»Euer
tertio
ist am interessantesten, Herr Graf. Würdet Ihr Euch genauer ausdrücken?«
»Ihr habt versucht, Eure eigene Schwester gefügig zu machen und dem Fürsten auszuliefern.«
»Euer Scharfsinn geht fehl, Herr Graf. Ich habe dem Fürsten einzig und allein deshalb den Zugang zu Signora Peretti erleichtert,
damit er sich eindeutig von der Unantastbarkeit ihrer Tugend und der
Weitere Kostenlose Bücher