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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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worden sind. Yamasaki hat gesehen, was Laney mit Daten machen kann und was Daten mit Laney machen können.

    Er hat keine Lust, es noch einmal zu sehen.
    Als er den Blick von den medialisierten Gesichtern senkt, merkt er, wie sich die Kontaktlinsen bei der Einstellung der Tiefenschärfe bewegen und verändern. Das irritiert ihn noch immer.
    Nicht weit von der Station findet er in einer taghellen Seitenstraße einen jener Kioske, an denen man anonyme Debitkarten bekommt. Er kauft eine. An einem anderen Kiosk ersteht er damit ein Wegwerftelefon mit einem Guthaben für ein halbstündiges Gespräch von Tokio nach L. A.
    Er fragt sein Notebook nach Rydells Nummer.

2 LUCKY DRAGON
    »Heroin«, erklärte Durius Walker, Rydells Kollege vom Wachdienst des Lucky Dragon auf dem Sunset Boulevard, »ist das Opium des Volkes.«
    Durius war mit dem Fegen fertig. Er hielt die große Kehrichtschaufel vorsichtig in der Hand und ging damit zu dem eingebauten Klinik-Container für Spritzen, dem mit dem stacheldrahtbewehrten Biorisiko-Symbol. In den warfen sie die Dinger, wenn sie welche fanden.
    Im Durchschnitt waren es fünf bis sechs pro Woche. Rydell hatte noch keinen dabei erwischt, wie er sich im Laden irgendwas in die Adern jagte, obwohl er es den Kunden durchaus zugetraut hätte. Anscheinend warfen die Leute ihre gebrauchten Spritzen einfach auf den Boden, meistens hinten bei der Katzennahrung. Man fand auch andere Sachen, wenn man im Lucky Dragon fegte: Tabletten, Münzen in fremder Währung, Identifikationsarmbänder aus Krankenhäusern, zerknülltes Papiergeld aus Ländern, in denen es noch welches gab. Es war allerdings nicht ratsam, im Kehricht auf dieser Schaufel herumzuwühlen. Wenn Rydell ausfegte, trug er die gleichen Kevlar-Handschuhe wie Durius jetzt, und darunter noch welche aus Latex.
    Durius hatte jedoch vermutlich Recht, und das gab einem zu denken: massenweise neue Substanzen auf dem Markt, die zum Missbrauch einluden, und trotzdem vergaßen die Leute diejenigen nicht, die es schon seit ewigen Zeiten gab. Da verbot man zum Beispiel Zigaretten, aber die Leute fanden schon einen Weg, um weiter zu rauchen. Der Lucky Dragon durfte zwar kein Zigarettenpapier verkaufen, betrieb
jedoch einen schwunghaften Handel mit mexikanischem Lockenwicklerpapier, das den gleichen Zweck erfüllte. Die beliebteste Marke hieß Biggerhair, und Rydell hätte gern gewusst, ob sich wirklich schon mal jemand damit Locken in die Haare gedreht hatte. Wie ging das überhaupt mit kleinen, rechteckigen Seidenpapierblättchen?
    »Noch zehn Minuten«, sagte Durius über die Schulter hinweg. »Willst du den Gehweg-Check machen?«
    Um vier musste einer von ihnen eine zehnminütige Pause hinten im Hof machen. Wenn Rydell den Gehweg checkte, hieß das, dass er als Erster mit der Pause dran war, Durius als Zweiter. Die Mutterfirma des Lucky Dragon in Singapur hatte den Gehweg-Check auf den Rat eines hauseigenen Teams amerikanischer Kulturanthropologen eingeführt. Das hatte Mr Park, der Leiter der Nachtschicht, Rydell erklärt, während er die Punkte auf seinem Notebook abhakte. Er hatte auf jeden Absatz auf dem Bildschirm getippt, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, und dabei geklungen, als würde ihn das alles zutiefst langweilen, aber Rydell vermutete, dass es nun mal zu seinem Job gehörte, und damit nahm Mr Park es sehr genau. »›Zum Zeichen dafür, wie wichtig dem Lucky Dragon die Sicherheit im Viertel ist, wird der Wachdienst jede Nacht auf dem Gehweg vor dem Geschäft patrouillieren.‹« Rydell hatte genickt. »Sie nicht zu lange aus Laden weg«, setzte Mr Park zur Klarstellung hinzu. »Fünf Minut. Direkt vor Pause.« Pause. Tippen. »›Das Wachpersonal des Lucky Dragon ist deutlich präsent, aber freundlich und einfühlsam im Umgang mit der lokalen Kultur.‹«
    »Was heißt das?«
    »Jemand schläft, Sie schicken weg. Freundliche Art. Nutte arbeiten da, Sie sagen Hallo, erzählen Witz, schicken weg.«
    »Ich hab Angst vor diesen Müttern«, sagte Rydell mit unbewegter Miene. »Weihnachten brezeln die sich auf wie die Elfen des Weihnachtsmanns.«

    »Keine Nutte vor Lucky Dragon.«
    »›Einfühlsam im Umgang mit der lokalen Kultur‹?«
    »Erzählen Witz. Nutte mögen Witz.«
    »Vielleicht in Singapur«, hatte Durius gesagt, als Rydell ihm von Parks Anweisungen erzählte.
    »Er ist nicht aus Singapur«, hatte Rydell erwidert, »sondern aus Korea.«
    »Im Grunde wollen sie also, dass wir uns zeigen, den Gehweg auf ein paar Metern

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