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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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verstecken will.«
    »Schonschon«, sagte Liz. Sie verstummte sofort wieder.
    »Ja?« sagte Moll.
    »Das trifft auf einen Täter aus dem Haus genauso zu. Er muß die Leiche unter denselben Bedingungen zum Schrank bringen, ihm kann genausogut jemand begegnen.«
    »Das stimmt«, sagte Esther Barbarov. »Trotzdem sollten wir uns auf das Wahrscheinliche konzentrieren und das Mögliche zurückstellen.«
    Fischers Handy vibrierte und begann schnarrend Bad Bad Leroy Brown zu spielen.
    »Ändere doch endlich diese Melodie!« sagte Weningstedt.
    Fischer nickte. Er führte ein kurzes Gespräch mit einem Kollegen vom Landeskriminalamt, dem er Daten über das Aussehen, das ungefähre Alter, das ungefähre Gewicht und die Kleidung der Toten übermittelt hatte. »Offenbar ist die Frau nicht als vermißt gemeldet, er hat sicherheitshalber beim BKA nachgefragt.«
    Ein Magen knurrte.
    Es war acht Minuten vor zweiundzwanzig Uhr. Nebenan klingelte erneut Gablers Telefon.
    Die Anruferin behauptete, den Namen der in der Zeitung abgebildeten toten Frau zu kennen.
    Micha und Esther brachen sofort auf. Weningstedt beendete die Besprechung und bot an, die Nachtschicht zu übernehmen; die übrigen Kollegen sollten nach Hause gehen und ein paar Stunden schlafen.
    »Ich nicht«, sagte Walter Gabler.
    »Du erst recht«, sagte Fischer. »Ich fahre zu der Chinesin und komm dann hierher zurück. Dann bis morgen um sieben.«
    Nachdem alle gegangen waren, herrschte Stille. Eine Minute lang. Dann tauchte Liz wieder auf.
    »Ich begleite dich.«
    Auf dem Weg durch die Fußgängerzone stellte Fischer eine Sinkel-Frage: »Warum?«
    »Weil du heut nicht allein sein willst.«
    »Und warum noch?« Liz schwieg.
    »Was ist das eigentlich für ein Band an deinem Handgelenk?«
    Abrupt blieb sie stehen, zerrte das Band vom Arm und stopfte es in die Hosentasche.
    »Willst du meine Hand nehmen?«
    »Nein«, sagte Fischer.
    »Hab ich mir gedacht.«
    Aus der Schwemme der Augustiner-Gaststätte wankten zwei Männer, wunderten sich beiläufig über den verschwundenen Regen und übten, jeder für sich und nicht völlig vergeblich, den aufrechten Gang.
    »Das ist Frau.« Su Chen, die Wirtin, strich mit dem Handrücken über das Foto in der Zeitung. »Saß da.« Sie zeigte zum Tisch vor dem Aquarium. Dort löffelte jetzt, vornübergebeugt, die Ellbogen auf dem Tisch, ein junger Mann in einer gefütterten Windjacke eine Suppe. »Mit Mann. Sagt wenig.«
    »Sie haben wenig gesprochen«, sagte Fischer. Frau Chen nickte. Hinter dem Tresen beim Eingang stand ein Chinese und kassierte ab, bevor die Gäste das Lokal verließen. Außer den Kommissaren war der Suppenschlürfer der einzige Gast.
    »Wenig gesprochen«, wiederholte die Wirtin. Wieder blickte sie auf die Fotografie. »Gleich erkannt, ziemlich sicher.«
    »Wie alt war der Mann?« fragte Liz.
    »Nicht alt, vierzig, fünfundvierzig. Nicht groß wie Sie.« Sie sah Fischer an und lächelte.
    »Waren die beiden ein Paar?« fragte Fischer.
    »Haben sie sich an der Hand gehalten, geküßt?«
    »Hab nicht beobachtet, wenig gesprochen.«
    »Was haben sie gegessen?« Einerseits verging Liz von den Schlürfgeräuschen des jungen Mannes fast der Appetit, andererseits hätte sie dem Kerl die Suppe am liebsten unter dem Löffel weggerissen und die Schale leer gegessen; es war ihr Magen gewesen, der sich am Ende der Dienstbesprechung eingemischt hatte.
    »Suppe«, sagte Frau Chen. »Suppe und Huhn, immer Suppe und Huhn, ja.«
    Auf einem unlinierten Block machte Fischer sich Notizen. »Und sie waren öfter bei Ihnen?«
    »Paarmal, ja. Nachmittag, immer Nachmittag.«
    »Vor zwei bis drei Monaten.«
    »Ja, zwei Monate.«
    »Trug die Frau dieselbe Kleidung wie auf dem Foto?«
    »Weiß nicht.«
    »Und der Mann?«
    »Weiß auch nicht. Einmal grüne Hose.«
    »Einmal grüne Hose?« sagte Fischer.
    »Grüne Hose, ja.« Su Chen lächelte wieder und sah zu dem Mann hinter der Theke, dessen Gesicht keinerlei Regung zeigte. »Ist Mann Mörder?«
    »Das wissen wir nicht.« Anders als seine Kollegen gab Fischer gegenüber Zeugen, die er befragte, nie ausweichende Antworten oder wechselte zu einem anderen Thema; er fand, ein offenes Visier ermögliche ihm einen klareren Blick.
    »Kommt wieder, der Mann?«
    »Das ist möglich. Haben die beiden Deutsch gesprochen?«
    Sein Handy spielte Bad Bad Leroy Brown. Erschrocken hielt sich Frau Chen die Hand vor den Mund.
    Fischers Gespräch dauerte zwei Minuten. Derweil stand der Mann am Aquarium auf, ging,

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