If you leave – Niemals getrennt
nachdenklich. Ich weiß nicht recht, ob ich fragen soll, aber ich kann nicht anders.
»Was ist passiert?«
Sie zuckt mit den Schultern und erwidert meinen Blick. »Da habe ich genauso wenig Ahnung wie du. Er will nicht mit mir darüber reden. Aber es hat ihn voll fertiggemacht. Ich weiß, dass er Probleme hat zu schlafen, und er ist einfach nicht er selbst. Er wird schnell wütend und solchen Mist.«
Ich muss irgendwie entsetzt aussehen, denn Jacey erzählt hastig weiter.
»Nicht so wie superwütend oder so was. Er ärgert sich einfach schneller. Das ist nicht seine Art. Aber ich weiß, dass er letztendlich wieder normal wird. Wahrscheinlich bald. Ich habe ein bisschen was gelesen über Jungs, die von Kampfeinsätzen nach Hause kommen. Offenbar ist so was normal. Das vergeht wieder.«
So was ist definitiv nicht
normal
. Jedenfalls nicht das, was ich gestern Nacht erlebt habe. Aber das sage ich nicht. Was Jacey erzählt, sagt mir, dass sie eindeutig keine Ahnung hat, was mit ihm los ist.
Es hat ihn voll fertiggemacht
. Den Teil hat sie richtig verstanden.
Irgendwas rührt sich in mir, etwas Sanftes, etwas, das ich für gewöhnlich gut unter Verschluss halte. Muss wohl mein Herz sein, aber das ist schwer zu sagen. Es ist schon so lange her, dass ich diesem Teil von mir Aufmerksamkeit geschenkt habe. Aber die Vorstellung von einem verwundeten Soldaten, der derart traumatisiert zurückkehrt, rührt mich irgendwie.
Eine Sekunde lang stelle ich mir Gabriel vor, im Tarnanzug, verschwitzt und gefährlich in der Wüste. Tatsache, das passt zu ihm. Aber dann stelle ich ihn mir verletzt vor und vielleicht sogar ganz allein, und aus welchem Grund auch immer gefällt mir der Gedanke gar nicht. Ich schlucke schwer und wechsle dann das Thema, um die Stimmung wieder aufzuheitern.
»Tut mir leid, Jacey, das ist schrecklich. Aber wenn das stimmt und er so ein harter Alpha-Typ ist, dann kann er unmöglich der Richtige für mich sein. Ich mag keine Typen, die süchtig nach Adrenalin sind oder so was. Und ich mag definitiv keine Typen, die leicht die Beherrschung verlieren.«
Daraufhin sieht sie mich mürrisch an. »Das habe ich auch nicht gesagt. Er verliert nicht so leicht die Beherrschung. Er ist nur … schneller ärgerlich. Ich denke, er muss sich einfach erst wieder ans zivile Leben gewöhnen. Es ist keine große Sache, Maddy. Du solltest ihm eine Chance geben.«
Habe ich schon
.
Ich denke an Gabriels Hand zwischen meinen Beinen, gestern Nacht in dem Taxi, während der Fahrer direkt vor uns saß, und schiebe den Gedanken dann beiseite. Diese Art von Adrenalinjunkie hat mir gestern irgendwie ganz gut gefallen. Da kann ich mir nichts vormachen.
Als ich nicht antworte, verdreht Jacey die Augen. »Was ist denn bloß mit meiner alten Freundin passiert? Die, die so gern mal ein Risiko einging und Gin aus dem Barschrank ihrer Eltern geklaut und sich dann durch ihr Zimmerfenster davongeschlichen hat, um auf Strandpartys zu gehen? Du weißt schon, die Madison, die nicht so ’n Zeug gemacht hat, wie ihre ›beste Freundin für immer‹ im Club alleinzulassen? Ich hoffe, sie kommt bald zurück, denn ich brauche wieder eine Freundin zum Pferdestehlen. Ich will die alte Madison wiederhaben. Und wenn die zurück ist, kann sie mit meinem Bruder ausgehen.«
Ihre Worte sind ein Stich ins Herz, denn: Ich fühle mich alt. Ich fühle mich langweilig. Ich fühle mich, als sei ich jemand, der ich nicht bin. Und sie legt genau da den Finger drauf. Also mache ich das, was ich immer tue, wenn ich mich in die Ecke getrieben fühle. Ich verschanze mich hinter einer Mauer.
Ich verdrehe die Augen. »Was soll’s. Diese Madison kommt nicht zurück. Das nennt man erwachsen werden. Solltest du auch mal probieren. Und solltest du nicht auch mal nach deinen Tischen sehen? Julie dreht wahrscheinlich noch durch ohne dich.«
Jacey starrt mich an. »Na schön. Vorerst kannst du mich loswerden, aber verlass dich drauf, ich komme auf diese Unterhaltung zurück. Du wirst mir jedes Detail über deinen Beinahe-One-Night-Stand mit meinem Bruder verraten, und dann reden wir darüber, wie du dich mit ihm verabreden solltest.«
Damit stolziert Jacey aus meinem Büro. Ich versuche, mich wieder auf den nie endenden Papierkram zu konzentrieren, aber unwillkürlich wandern meine Gedanken immer wieder zurück zu ihren Worten.
Ein ausgeschiedener Army Ranger. Das ergibt absolut Sinn.
Diszipliniert. Unbeugsam. Gefährlich. Das passt alles zu der Beschreibung eines
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