If you leave – Niemals getrennt
unverhältnismäßige Reaktion. Ich halte die Tür zu ihrem Zimmer aus gutem Grund geschlossen, aber Gabe hatte offensichtlich nicht die Absicht zu stören.
»Keine große Sache«, sage ich leichthin und gebe mich zwanglos. »Nichts passiert. Hast du beim Hinausgehen die Tür wieder zugemacht?«
Bitte sag, dass du sie zugemacht hast. Ich will nicht hineinschauen
.
Gabriel sieht mich an, Neugier in seinen dunklen Augen, so als könnte er durch mich hindurchsehen.
»Ja, habe ich. Maddy, das Zimmer sieht noch so aus, wie es an ihrem Todestag ausgesehen haben muss. An der Tür stehen immer noch die schlammbedeckten Stiefel deines Vaters.«
Er hält inne und starrt mich an. Ich starre zurück. »Und?«
Gabe zuckt mit den Schultern. »Es geht mich nichts an. Ich war nur neugierig. Aber ich wollte nicht urteilen.«
Ich weiß, dass er das nicht wollte, und ich weiß, dass es sonderbar ist, dass ich ihr Zimmer unberührt gelassen habe. Aber Kummer stellt sonderbare Dinge mit einem Menschen an. Ebenso wie Schuldgefühle. Ich wollte ganz ehrlich einfach nur die Tür zu ihrem Zimmer zumachen und nicht mehr über sie nachdenken.
»Ich weiß, es ist seltsam«, sage ich zu Gabe. »Ich kann es nicht erklären. Wirklich, nicht mal mir selbst.«
Obwohl es schon vier Jahre her ist
.
Gabe sieht mich wieder an, und der Blick aus seinen dunklen Augen wird weicher. Ich erkenne Mitgefühl darin. »Lust auf einen Spaziergang am Strand?«, fragt er.
Ich nicke, schlüpfe in Shorts, und wir marschieren zur Hintertür hinaus zum Strand. Die Luft ist kühl, und ich kann die Feuchtigkeit spüren – sowohl die vom See als auch die vom Hochwasser um uns.
Über uns fliegen Seemöwen und schreien.
Vor uns kracht der Lake Michigan hart gegen die Küste, aufgewühlt von den Stürmen. Ich weiß, wenn wir zum nächsten öffentlichen Strandabschnitt gehen würden, dann würden wir rote Flaggen wehen sehen … ein Zeichen, dass die Strömung gefährlich ist.
»Warum habe ich dich in den Sommerferien nie gesehen?«, frage ich Gabe. »Jacey sagte, du bist nie in die Stadt gekommen, weil du schüchtern warst. Aber das klingt nicht so, als wäre es wahr.«
Er zuckt mit den Schultern und blickt hinaus auf den See. »Keine Ahnung. Ich habe viel Zeit mit meinem Großvater verbracht, Angeln und so was. Jacey und Gran waren diejenigen, die in die Stadt kamen.«
»Klingt plausibel«, antworte ich. »Aber ich wünschte, ich wäre dir damals begegnet.«
Gabriel lacht. »Ich glaube, du wärst alles andere als begeistert von mir gewesen. Ich war damals so fixiert darauf, zur Armee zu gehen, dass ich an nichts anderes denken konnte.«
Und das hast du aufgegeben, aus irgendeinem Grund, über den du nicht reden willst
.
Dieser Gedanke macht mich traurig.
»Na ja, ist wohl das Beste so. Ich war als Kind ziemlich wild drauf. Du hättest mich wahrscheinlich sowieso nicht leiden können.«
»Das bezweifle ich«, antwortet er, nimmt meine Hand und hält sie fest. Eine einfache kleine Geste, aber sie wirkt intim und lässt mein Herz wie wild in meinem Brustkorb hüpfen.
Um nicht irgendwas Dummes zu sagen, fange ich an, von meinen Eskapaden zu erzählen, darüber, wie ich so war, die Probleme, die ich mit meinen Eltern bekam, besonders mit meinem Vater.
Als Gabe mich daraufhin ernst ansieht, bereue ich schnell diesen letzten Teil.
»Ich kann es nicht leiden, wenn ein Mann seine Wut an einer Frau auslässt«, erklärt Gabe. »Deshalb fürchte ich, dass ich nicht besonders erfreut bin, wenn ich etwas über deinen Vater höre. Tut mir leid.«
Ich erstarre, doch dann fällt mir wieder ein, dass Pax ihm von meinem Vater erzählt hat. Ich weiß nicht, wie viel, aber wahrscheinlich genug. Ich starre auf den nassen Sand, als wir weitergehen; ich kann Gabe nicht in die Augen sehen.
»Ich weiß. Aber die Welt ist nicht immer nur schwarz und weiß. Da gibt es eine Million Grautöne. Ich bezweifle, dass das etwas ist, womit du als Ranger zu tun hattest. Ich bin sicher, dass für dich alles entweder richtig oder falsch ist. Aber für normale Menschen gibt es eine Menge Raum zwischen den beiden Extremen.«
»Bist du gerade dabei, deinen Vater in Schutz zu nehmen?« Gabe runzelt die Stirn. »Ernsthaft?«
Mir schießt das Blut in die Wangen, und ich schlucke schwer. »Nein. Es ist nur … du verstehst das nicht.«
»Dann hilf mir, es zu verstehen«, bittet Gabe. »Im Ernst. Ich möchte gern deine Gründe begreifen. Das ist offensichtlich etwas, das dich bis heute
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