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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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schob Mr. Pringle seinen Gefährten hinaus, um
seine Rührung vor den Philistern zu verbergen. Er setzte sich auf den
Fahrersitz und hoffte auf das Beste. Es gab ein oder zwei Unterschiede zwischen
diesem Porsche und seinem Morris Oxford.
    Als sie in der Wohnung ankamen,
rührte Rupert sich nicht. Mr. Pringle konnte sagen, was er wollte, es half
nicht. Er räumte einige Trümmer weg und bereitete Tee zu, aber Rupert wollte
ihn nicht anrühren. Er hatte Angst zu gehen. In seiner Verzweiflung ging er
nach oben zu den Studenten, um Artemis anzurufen. Marihuanarauch brachte ihn
zum Husten. «Ich habe mir die Freiheit genommen, Sie anzurufen, um Sie zu
fragen, wer seine Freunde sind», sagte er hastig. «Ich glaube nicht, daß er
heute abend allein sein sollte.»
    «Das geht in Ordnung. Ich komme
vorbei.»
    «Oh, ich meinte nicht, daß
Sie...»
    «Rupert hat keine engen
Freunde, außer Carl vielleicht. Ich gehöre zu denen, die ihn am längsten
kennen, aber ich bin noch nie in seine Wohnung eingeladen worden. Er ist ein
richtiger Einzelgänger.»
    «Oje!»
    «Gibt es dort zwei
Schlafzimmer?»
    Mr. Pringle versuchte sich
vorzustellen, wo ein zweites sein könnte. «Ich kann es wirklich nicht sagen.»
    «Macht nichts. Ich nehme meinen
Schlafsack mit. Welche Nummer, haben Sie gesagt?»
    Mr. Pringle überlegte, ob es
schicklich war, verwarf dann aber seine Bedenken. Artemis war sehr selbständig.
Er bezweifelte, daß sie sich kompromittiert fühlen würde. Sie kam nach einer
halben Stunde, den Schlafsack unter dem Arm, eine Whiskyflasche ragte aus der
Schultertasche. Mr. Pringle erläuterte ausführlicher, was geschehen war. Sie
stieß einen Pfiff aus. «Armer alter Rupert. Das Bild hat ihm so viel bedeutet.»
Sie gingen die Treppe zur Wohnung hinauf.
    «Was hat es ihm bedeutet?»
    «Er hoffte, die königliche
Familie werde es kaufen und erlauben, es in eine Ausstellung zu geben und:
peng, beginnt eine tolle Zeit für Rupert.»
    Mr. Pringle fragte sich
unbehaglich, ob er das Richtige getan hatte, aber jetzt war es zu spät. Artemis
ging durch die offene Tür. «Meine Güte, was für eine Wohnung!» Sie sah Mr.
Pringles Miene und begriff. «Keine Angst, ich sage niemandem, daß ich hier war
oder wie es hier ist. Ich bleibe nur über Nacht und halte ihn davon ab, sich
die Kehle durchzuschneiden, wenn ich kann. Dennoch, was für eine Wohnung, wie?»
    Sie ging zum Sofa, auf dem
Rupert nach wie vor in sich zusammengesunken lag. Sie sah ihn jetzt das erste
Mal richtig. «Mein Gott, er sieht furchtbar aus.» Sie lachte, zitternd. «Ich
hätte fast gesagt, er sieht grau aus — aber so ist es, nicht wahr?» Sie kniete
sich vor ihn. «Rupert, ich bin’s, Artemis. Ich werde über Nacht bleiben, ja?»
Sie mußte die Worte mehrmals wiederholen, ehe er sie hörte.
    «Es ist nicht das Ende der
Welt», sagte sie.
    «O doch.» Und er weinte
unzähmbare Tränen äußerster Verzweiflung. Mr. Pringle spürte, wie sich ihm der
Magen umdrehte.
    «Sie gehen wohl besser»,
flüsterte Artemis. «Ich komme schon zurecht.»
    «Sind Sie sich sicher?»
    «Ja. Ich glaube, er ist lieber
bei jemandem, den er kennt.» Mr. Pringle schlüpfte hinaus.
    Wind wehte, aber es hatte
aufgehört zu regnen. Er entschloß sich, zu Fuß zu gehen. Der Weg war weit, aber
er wollte Zeit haben, um nachzudenken. Er ging an großartigen Gebäuden und
hellerleuchteten Geschäften vorbei und beachtete sie nicht. Kleine Flammen des
Zorns züngelten noch immer in ihm. So eine sinnlose Zerstörung. Er stellte sich
vor, wie das scharfe Messer immer wieder zustach. Ihm brach der Schweiß aus. Es
mußte lange gedauert haben, das Bild war vollkommen zerstückelt. Es war
unmöglich, das Porträt zu restaurieren. Wenn er trotzdem davon gesprochen hatte,
dann nur, weil er sich nicht eingestehen wollte, daß es verloren war und er es
nie mehr würde betrachten können. Und so litt nicht nur Rupert an diesem
Verbrechen.
    Er dachte über seinen
Wutausbruch nach. Warum mußte er sich ausgerechnet die Polizei zum Feind
machen? Und warum um Himmels willen hatte er nur diese Behauptung aufgestellt?
Welche mögliche Verbindung konnte es geben? Dennoch, es mußte eine geben.
Vorhin hatte er zu Rupert gesagt, der Mord sei nicht spontan verübt worden. Die
Tat selbst vielleicht, aber wie viele Wochen und Monate hatte der böse Gedanke
genagt? Die zerstörende Tat an diesem Abend war von kalkuliertem Haß bestimmt.
Es mußte eine Verbindung geben. War es Eifersucht? War es ein so seltenes
Objekt,

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