Ihr Job in Atlantis
sie von einem wolkigen Nebelkreis umgeben.
Keiner ihrer Schritte verursachte ein Geräusch. Um sie herum war es still wie in einem großen Grab.
Ohne Geländer war es nicht einfach, die Stufen zu überwinden. Deshalb stützten sie sich des öfteren an der Wand ab, um immer den entsprechenden Halt zu finden.
Kelly hatte den Vorsprung etwas ausgebaut, blieb dann allerdings so plötzlich stehen, als wäre sie von einer fremden Kraft gestoppt worden.
Ike Cameron ging noch eine Stufe weiter, dann hielt er ebenfalls an. Er wollte fragen, warum seine Kollegin nicht mehr weitergegangen war, aber sie kam ihm zuvor.
»Da oben ist jemand.«
»Wieso?«
»Ich höre ihn.«
»Was hörst du? Stimmen oder...?«
»Keine Stimmen. Es sind komische Geräusche. Als wäre jemand dabei, zu stöhnen und auch zu würgen. Das ist einfach eklig.«
»Wenn das stimmt, was machen wir?«
»Wir gehen trotzdem weiter. Weit kann es ja nicht mehr sein. Der Turm reicht schließlich nicht hoch bis zum Himmel. Okay, dann reiß dich mal zusammen.«
»Danke, ich werde daran denken, wenn ich dem Tod ins Gesicht schaue.«
»Verdammt, sei nicht so pessimistisch. Bisher haben wir alles gut gepackt.«
Darauf erwiderte Ike Cameron lieber nichts. Er blieb seiner Kollegin auf den Fersen, die immer zwei Stufen höher ging als er und auch den Kopf in den Nacken gelegt hatte, weil sie bereits das Ende oder das halbrunde Dach des Turms erkennen wollte.
Tatsächlich wurde es oben etwas heller, obwohl es noch dunkel war. Aber es gab dort keine Decke mehr. Was sie als Decke ansah, das war tatsächlich der düstere Himmel dieser ungewöhnlichen Welt.
»Das ist es!«, flüsterte sie.
»Was denn?«
»Wir sind bald da!«
»Und die Geräusche?«
»Hör ich im Augenblick nicht.«
»Hoffentlich bleibt das auch so.«
»Weiter!«
Kelly blieb auf einer Plattform stehen. Sie wusste, dass es die letzte vor dem Ziel war. Während sie die Stufen hochstieg, sah sie tatsächlich den Himmel über sich. Der Turm hatte eine durchsichtige Kuppel. Sie sah auch die Kugellichter am Himmel. Einige von ihnen bewegten sich, andere wiederum standen starr, als wären sie am dunklen Firmament eingefroren.
Ihr Herz klopfte schneller. Der Schweiß ließ sich nicht mehr vertreiben. Die Anspannung nahm besonders in dem Augenblick zu, als sie wieder die unheimlichen Geräusche hörte.
Seufzen, Stöhnen, Ächzen und Jammern. All diese Laute mischten sich zu einer unheimlich klingenden Melodie zusammen.
Kelly ging jetzt langsamer. Sie war gespannt. An ihrer rechten Schulter spürte sie den Trageriemen der Tasche, der jetzt durch die Kleidung gegen die Haut drückte.
Schweiß lief kühl an ihrem Rücken herab. Zum ersten Mal hatte sie den größten Teil ihrer Sicherheit verloren. Kelly wusste genau, dass sie sich im Zentrum dieser Stadt oder auch Welt befanden. Vor und über ihr musste sich so etwas wie eine Schaltzentrale oder das Gehirn dieser Welt befinden.
Sie atmete schwer. Da konnte sie noch so viele Bücher aus dem Fantasy-Bereich gelesen haben, die Wirklichkeit stellte alles auf den Kopf. Hier konnte sie auch nicht weiterblättern, um zu erfahren, wie die Geschichte weiterging. Sie musste es selbst herausfinden.
Allmählich öffnete sich ihr Blick. Die Kuppel war durchsichtig. Sie war hoch, sie war halbrund, und durch die Glaswände senkte sich das unterschiedliche Licht.
Mal war es ein kalter heller Schein, dann wiederum ein huschendes Blau, wenn dieser Lichtschein dabei war, gewisse Schatten vom Grund zu vertreiben.
Die Treppe endete dort, wo der Kuppelboden begann.
Auf der vorletzten Stufe blieb sie stehen. Die Geräusche waren da, und jetzt konnte sie auch sehen, woher sie stammten.
Die Augen weiteten sich in einem wahren Zeitlupentempo. Als wollten sie einfach nicht begreifen, was man ihnen präsentierte. Kelly schüttelte den Kopf, weil sie es nicht fassen konnte.
»Nein«, stöhnte sie. »Nein, das ist unmöglich. Das... das... gibt es doch nicht...«
***
Es hatte in Atlantis immer wieder mächtige Magier gegeben, die ihr Wissen um Zauberei, Zeit und Raum so miteinander mischten, dass sie es schafften, die Grenzen der Dimensionen aufzureißen. Woher sie das Wissen hatten, wussten die Götter. Manche Menschen waren davon überzeugt, dass es ihnen von den Göttern mitgegeben worden war, aber das war für mich und auch für Suko in diesen Augenblicken uninteressant. Keiner von uns dachte über Einzelheiten nach. Wir überließen uns einfach den anderen
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