Ihr letzter Tanz
überraschend gekommen, sonst hätte sie ihn lange genug aufgehalten, um zusammen mit ihm das Studio zu verlassen.
Und sie wünschte, Quinn O’Casey wäre noch nicht gegangen. Warum hatte sie ihn nur gedrängt zu gehen?
Weil er sie verletzt hatte.
Vielleicht war es ja wie mit dem Tanzen. Sie war so tief verletzt worden, dass …
Hör auf, ermahnte sie sich. Nimm deine Tasche, schließ ab und geh nach Hause. Bewahr einen kühlen Kopf!
Sie kehrte in ihr Büro zurück und bückte sich, um ihre Handtasche aufzuheben, als sie das Geräusch hörte. Ein Knarren, ein Kratzen. So als würde etwas geöffnet und wieder geschlossen.
Wie erstarrt blieb sie stehen und lauschte, während sie sich sagte, dass das Geräusch vom Club kommen musste. Es war eine ganz simple Erklärung.
Aber das Geräusch war nicht von dort unten, sondern von dieser Etage gekommen.
„Hallo?“ rief sie.
Sie schulterte ihre Handtasche und ging leise zurück in den Tanzsaal. Niemand war dort. Nichts hatte seine Position verändert. Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
Vielleicht machte Katarina Überstunden.
Nein, sie und ihr Mann waren nach der Besprechung direkt nach Hause gegangen, sie hatten sich verabschiedet.
Raus mit dir, raus! Verschwinde!
rief eine Stimme in ihrem Kopf.
Sie versuchte, gegen die aufkommende Panik anzukämpfen, indem sie sich sagte, falls sich jemand hier irgendwo aufhielt, dann würde er sicher auch einen guten Grund dafür haben.
Aber jeder Appell an ihre Logik schien vergebens. Sie wollte hier raus, so schnell wie möglich. Ihr Instinkt verlangte es von ihr, als würde sie von einer greifbaren Bedrohung gejagt.
Shannon rannte zur Hintertür und riss sie auf, stürmte hinaus und wurde sich erst in diesem Moment der Möglichkeit bewusst, dass das Geräusch vielleicht gar nicht aus dem Studio, sondern von draußen gekommen war. Auf dem Abschnitt, der zum Hinterausgang führte, war niemand zu sehen. Die Treppe, die zu Gabriels Apartment führte, lag in tiefem Schatten. Die Tür zum Vorratsraum war geschlossen.
Aber selbst wenn sich jemand hier draußen aufhielt, konnte er einen guten Grund dafür haben.
„Katarina? Hey, Kat, David … seid ihr zwei hier?“
Niemand antwortete. Wieder sah sie zu der Treppe zum Apartment. „Gabriel?“
Kein Laut war aus dem Schatten zu hören.
Sie lief zur Hintertreppe, die zum Parkplatz führte. Als sie ihren Fuß auf die erste Stufe setzte, hörte sie das Geräusch erneut.
Es war … hinter ihr!
Ohne einen Blick nach hinten zu werfen, hastete sie die Treppe nach unten. Plötzlich waren Schritte hinter ihr zu vernehmen.
Sie begann zu rennen.
Zum Glück stand der Wagen nur ein paar Meter entfernt. Sie betätigte die Fernbedienung, die Zentralverriegelung reagierte, die Innenbeleuchtung ging an.
Gehetzt zog sie die Fahrertür auf, sprang in den Wagen und verriegelte sofort wieder alle Türen.
Als einen Moment später jemand gegen das Wagenfenster klopfte, schrie sie auf.
14. KAPITEL
Q uinn saß in der Kombüse am Tisch, hatte die Beine ausgestreckt und kaute auf seinem Kugelschreiber, während er starr auf seine Notizen blickte. Nell Durken, Lara Trudeau. Tänzerinnen, die beide ins gleiche Studio gegangen waren. Art Durken saß im Gefängnis, Hunderte von Zeugen hatten Lara sterben sehen. Zwei weitere Frauen waren in der Nähe des Studios durch Drogen umgekommen, keine von ihnen hatte Tanzstunden genommen. Welche Verbindung bestand zwischen den vier Todesfällen? Gab es überhaupt einen Zusammenhang?
Er ging die Liste der Schüler und Lehrer durch und fand nur wieder bestätigt, dass die meisten von ihnen ein Motiv gehabt hätten.
Das Einzige, was helfen konnte, war, Namen zu eliminieren. Diejenigen ausschließen, die unmöglich der Täter sein konnten, bis nur noch der Name auf der Liste stand, der die Morde begangen hatte – ganz gleich, wie unwahrscheinlich das auch sein mochte.
Verdammt! Wen zum Teufel sollte er nur ausschließen?
Er begann mit einer neuen Liste. Die Wahrscheinlichsten, die Unwahrscheinlichsten. Zu Letzteren gehörte Justin Garcia. Ein kleines Energiebündel, hatte nicht mit Lara gearbeitet, ein Salsa-Liebhaber, und wahrscheinlich nicht ihr Typ. Da sie selbst recht groß gewesen war, hatte sie offenbar Männer von ihrer Größe bevorzugt. Allerdings wusste er nicht, mit wem außer Ben und seinem eigenen Bruder sie noch Affären gehabt hatte. Er notierte Bens Namen und vermerkte ,Ex, immer noch verbittert‘.
Gordon? Auf welche Liste
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