Ihr letzter Tanz
hässliche Sache.“
Sie schüttelte den Kopf. „Im Augenblick schlägst du aber die Zeit tot, oder?“
„Ich ermittle nach wie vor.“
„Oh, bin ich wieder an der Reihe?“ fragte sie. „Ich dachte, über mich wüsstest du inzwischen alles.“
„Nicht wirklich“, gab er zurück.
„Tatsächlich? Was weißt du denn nicht?“
„Wie du dir den Knöchel gebrochen hast.“
Sie holte kurz Luft. „Worauf willst du hinaus?“
„Auf die Wahrheit.“
„Ich brach mir den Knöchel, weil ich nicht gut genug war. Wie klingt das?“
„Es klingt nicht nach der Wahrheit.“
Shannon seufzte. „Wir nahmen an einem Wettkampf teil. Ich tanzte damals mit Ben, Lara tanzte mit einem gewissen Ronald Yeats. Während des Wiener Walzers waren wir alle auf der Tanzfläche … Lara rempelte mich an, wir gingen beide zu Boden und ich brach mir den Knöchel.“
„Also ist Lara schuld an deinem Leid.“
„Ach und deshalb habe ich sie ermordet?“ gab sie wütend zurück.
„Das hast du nicht gemacht, nicht wahr?“ Sein Tonfall klang ernst und ironisch zugleich.
„Nein, ich habe es nicht gemacht“, zischte sie ihn an.
„Hätte ich auch nicht erwartet. Aber …“
„Aber was?“
„Du bist trotzdem feige.“
„Was soll denn das heißen?“
Er antwortete ihr nicht, sondern bewegte sich mit ihr über die Tanzfläche, warf sie in einer perfekten Zurschaustellung der ,Dreckschleuder‘ in die Luft, fing sie wieder auf und drehte sich mit ihr herum, um endlich nahtlos in die Verbeugung überzugehen.
Sie wandte sich ihm zu. „Deine Mutter ist wohl eine verdammt gute Tänzerin.“
„Ja, das ist sie.“
„Willst du wirklich an der Gator Gala teilnehmen?“ fragte Shannon plötzlich. „Wenn das alles bis dahin nämlich noch nicht vorüber ist …“, begann sie, brach dann aber ab.
„Was ist dann?“
„Ach, nichts.“
„Nun sag schon.“
„Dann werde ich längst den Verstand verloren haben“, gestand sie ein. „Das ist alles.“
„Ja, ich will wirklich an der Gala teilnehmen. Das Erstaunliche ist, dass ich zwar in den anderen Tänzen ein Versager bin. Aber trotzdem will ich sie lernen. Es fühlt sich einfach gut an, so etwas zu können. Das ist die Wahrheit.“
„So, so.“
„Das soll
was
bedeuten?“
„Das soll bedeuten, dass es nur die halbe Wahrheit ist. Warum hast du nie etwas vom FBI erwähnt? Warum hast du da gekündigt? Außerdem scheinst du eine Menge Geld zu haben, so wie dein Bruder. Ihr schmuggelt aber nicht in eurer Freizeit Drogen, oder?“
Quinn schüttelte den Kopf. „Cops werden von ihrem Gehalt nicht reich, FBI-Agenten ebenfalls nicht. Und als Privatdetektiv schlägt man sich so durch. Mein Vater starb vor einigen Jahren und hinterließ jedem von uns Treuhandfonds.“
„War
er
etwa Drogenschmuggler?“ fragte sie, nur halb im Scherz.
„Immobilien. Er kam her, als das Land nur ein paar Cent kostete, und kaufte es hektarweise, um es einige Zeit später mit sehr großem Gewinn zu verkaufen. Ich versuche, mein Geld nicht anzurühren. Warum, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich mir meinen Lebensunterhalt selbst verdienen möchte. Willst du meine Kontoauszüge überprüfen?“
„Vielleicht. Lust dazu hätte ich tatsächlich. Aber das wäre wohl illegal, nicht wahr?“
Er zuckte mit den Schultern, und vermittelte ihr so das Gefühl, dass er in der Lage war, alles herauszufinden, was er wissen wollte.
„Ich starte die Musik noch mal“, murmelte sie und ließ das Thema Finanzen auf sich beruhen.
Sie gingen die Walzerschritte noch einige Runden mehr durch, dann wechselte sie zum Foxtrott, bei dem er unverändert schlecht war. Dennoch musste sie feststellen, dass sie es liebte, ihn zu unterrichten. Sie mochte einerseits dieses reumütige Lächeln, wenn er wieder einmal nicht verstand, was sie von ihm wollte, und andererseits das Aufblitzen in seinen Augen, wenn etwas für ihn Sinn ergab. Er war umgeben von einem verführerischen Duft, und das Gefühl seiner Hände auf ihrer Haut hatte etwas Magisches. Sie zuckte zusammen, als er auf einmal wieder etwas sagte. „Ich glaube, wir haben meine Stunde überzogen. Ich muss gehen.“
Sie hatten
tatsächlich
überzogen.
Shannon sah ihn an. „Du hast es vorhin tatsächlich geschafft, dich vor einer Antwort zu drücken. Also: Warum hast du das FBI verlassen?“
Einen Moment lang zögerte er, ein Schatten legte sich über seine Augen. „Ich hatte einen Fehler gemacht. Einen schweren Fehler.“
„Du bist ja wirklich dreist“,
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