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Ihr letzter Tanz

Ihr letzter Tanz

Titel: Ihr letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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beibringen.“
    „Sam!“ stöhnte Shannon auf.
    „Ach, willst du mir etwa erzählen, du betest dafür, dass sie zur Rechten Gottes einen Platz bekommen hat?“ flüsterte er ihr zu.
    Shannon seufzte und gab es auf. Sie hatte nicht gebetet. Dass Lara tot war, das war traurig und furchtbar. Sie hoffte, ihr Glaube entsprach der Wahrheit und es gab ein Leben nach dem Tod. Vielleicht tanzte Lara tatsächlich im Himmel. Während sie in diesen Dingen aber nur auf ihren Glauben bauen konnte, gab es eine Sache, von der sie mehr und mehr überzeugt war: Dieser Tod war kein Unfall gewesen. Lara hatte das Leben geliebt. Sie hatte es geliebt, ihren Körper wie ein Werkzeug einzusetzen, um wundervolle, bezaubernde Figuren zu kreieren. Sie konnte sich unmöglich das Leben genommen haben, auch nicht aus Unachtsamkeit oder Gedankenlosigkeit.
    Sie stand auf, Sam erhob sich gleichzeitig mit ihr und fasste sie am Ellbogen.
    Hinter ihnen hatte sich eine lange Reihe von Trauergästen gebildet. Das Beerdigungsinstitut war nicht groß genug, um ihnen allen Platz zu bieten. Jeder, der sie kannte – Profis, Amateure und auch ein paar schlichtweg Neugierige –, war gekommen, um sich von ihr zu verabschieden.
    Shannon ging hinüber zu Gordon, der ein wenig abseits stand und sich mit Gunter Heinrich unterhielt, einem deutschen Wettkämpfer. Gunter begrüßte sie traurig lächelnd und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    „Gunter, schön, dass du es geschafft hast. Ich bin etwas erstaunt, dich hier zu sehen, wo doch alles so knapp arrangiert wurde.“
    Er war ein sehr großer, blonder Mann mit ausdrucksstarken Gesichtszügen. „Ich war ohnehin in den Staaten. Helga und ich, wir haben uns nach dem letzten Wettkampf noch einen kurzen Urlaub am Strand gegönnt. Nächste Woche wollen wir am Wettbewerb in Asheville teilnehmen. Ich sprach gerade mit Gordon darüber, für ein paar Trainingsstunden in euer Studio zu kommen“, fuhr Gunter fort. „Hättest du denn Zeit für eine Coachingsession?“
    Wir stehen hier nur ein paar Meter weit von einer Toten entfernt, dachte Shannon, und Gunter plante sein Training. Vielleicht war sie auch bloß noch nicht oft genug auf Totenwachen gewesen. Ringsum unterhielten sich auch die anderen leise. Womöglich gehörte das einfach dazu. Das Leben ging schließlich weiter.
    „Ich glaube ja“, murmelte sie.
    Mr. Clinton stand unterdessen mit einem ernsten Gesicht vor dem Sarg, dann kniete er nieder, sprach ein Gebet und bekreuzigte sich. Jane ging hinüber, um ihm aufzuhelfen, und legte einen Arm um seine Schultern. Die Longs waren auch gekommen und hielten sich im rückwärtigen Teil des Raums auf, wo sie sich mit einem jungen Paar unterhielten, das Tanzunterricht für seine Hochzeit genommen hatte. Rhianna Markham, die ihre Lehrerin gewesen war, stand bei ihnen.
    Ben befand sich allein auf der anderen Seite des Sarges und wirkte so gedankenverloren, als existiere er in einer anderen, weit entfernten Welt.
    Mary und Judd Bentley, denen ein Franchise-Studio in South Dade gehörte, traten an den Sarg und knieten sich gemeinsam hin. Sie waren gute Freunde gewesen, und Mary war eine der wenigen im Raum, die tatsächlich weinte.
    „Du bist die Nächste.“
    „Was?“ Shannon drehte sich abrupt um und sah irritiert in Gunters Gesicht. Erst als sie seinen erstaunten Blick bemerkte, wurde ihr bewusst, wie laut und schneidend ihr dieses eine Wort über die Lippen gekommen war. „Tut mir Leid, ich war wohl völlig in Gedanken“, sagte sie und errötete.
    „Ich sagte gerade zu Gordon, er muss die richtigen Worte finden, um dich dazu zu bringen, wieder anzutreten. Du bist der beste Coach, den wir je hatten – und eine der besten Tänzerinnen, die ich je kennen lernen durfte. Wenn du wieder antrittst, dann bist du die Nächste, die es so weit bringen kann wie Lara.“
    „Oh, ich … danke“, murmelte sie schließlich. „Das ist lieb von dir. Entschuldigt mich bitte für einen Moment.“
    Der dringende Wunsch überkam sie, sofort das Gebäude zu verlassen, auch wenn es nur für ein paar Minuten sein würde. Sie drehte sich um und ging den Mittelgang zwischen den Stuhlreihen entlang. Der Duft der unzähligen verschiedenen Blumen, die im Raum arrangiert worden waren, war mit einem Mal einfach zu viel für sie. Sie musste einen Moment lang die Augen zumachen und wäre dabei fast mit Ella Rodriguez und Justin Garcia zusammengestoßen, die gerade losgingen, um vor dem Sarg niederzuknien und Lara die letzte Ehre zu

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