Ihr letzter Tanz
… ich glaube, Sie sollten mich jetzt besser nach Hause bringen.“
Quinn stand auf und erwiderte knapp: „Nein.“
„Wie bitte?“
„Ich finde nicht, dass Sie jetzt nach Hause gehen sollten.“
„Und wohin sollte ich stattdessen gehen?“ fragte sie.
„Sie sollten bleiben.“
Erst lächelte sie ungläubig, dann begann sie laut zu lachen. „
Das
würde nun wirklich zu weit gehen.“
Er schüttelte den Kopf. „Nicht, was Sie meinen. Ich gehe auf Distanz, gefühlsmäßig und auch räumlich. Aber Sie sollten hier bleiben. Wenn Sie wieder zu Hause sind, kehrt die Angst zurück. Daran ändert das Bier auch nichts. Ich habe hier an Bord eine zweite Schlafgelegenheit, sogar mit eigener Dusche. Darum sollten Sie bleiben.“
„Aber … ich … es … ich meine …“
„Kommt nachts jemand zu Ihnen, um zu überprüfen, ob Sie im Bett liegen und fest schlafen?“
„Natürlich nicht.“
„Dann bleiben Sie. Schlafen Sie aus, Sie können es mehr als gut gebrauchen.“
„Ich habe letzte Nacht gut geschlafen“, wandte sie ein.
„Aber haben Sie damit den fehlenden Schlaf der ganzen letzten Woche nachgeholt?“
Sie war noch immer unentschlossen.
„Ich habe bestimmt eine zweite Zahnbürste an Bord.“
„Ja, vielleicht haben Sie Recht“, lenkte sie schließlich ein.
„Sie bekommen von mir ein Hemd, das können Sie als Nachthemd benutzen. Ich verspreche, ich bleibe an meinem Ende des Bootes. Morgen früh wecke ich Sie. Ihr Wagen steht vorne auf dem Parkplatz, dann können Sie sogar selbst nach Hause fahren. Außerdem“, fügte er an, „würde niemand auf einen falschen Gedanken kommen, falls irgendwem Ihr Wagen auffällt. Wir haben Bobby und Doug gesagt, dass ich Sie nach Hause bringen werde und Sie Ihren Wagen stehen lassen.“
„Da haben Sie allerdings Recht.“
„Freut mich.“
Sie sah ihn an – wieder mit diesem leicht misstrauischen Ausdruck in den Augen – und fasste sich ein Herz. „Sie waren mal Cop, stimmt’s?“
„Ja.“
„Man hat Sie aber nicht rausgeschmissen, weil Sie irgendetwas Kriminelles gemacht haben, oder?“
Quinn musste lachen. „Ganz bestimmt nicht“, sagte er und fügte an: „Kriminell aktiv war ich, bevor ich zur Polizei ging.“
„Tatsächlich?“
„Ich bin absolut vertrauenswürdig, ich schwör’s Ihnen!“
„Daran musste ich gerade denken. Ich kenne Sie erst seit ein paar Tagen, aber trotzdem übernachte ich lieber bei Ihnen als in meinem eigenen Haus, wo ich mich fürchte – wahrscheinlich nur vor der Katze, die im Garten herumläuft.“
„Was soll’s? Ich habe doch auch schon bei Ihnen übernachtet.“
„Da sagen Sie was Wahres“, gab sie lachend zurück.
„Also …?“
„Könnte ich denn bitte das Hemd bekommen?“
„Kommt sofort.“
Mitternacht.
Wieder fuhr er an ihrem Haus vorbei.
Ihr Wagen war weg.
Mit finsterer Miene betrachtete er das Haus, als sein Mobiltelefon klingelte. Gedankenverloren zog er es aus der Tasche und meldete sich: „Ja?“
„Wir haben noch ein Problem. Besser gesagt:
Sie
haben ein Problem. Und Sie schulden mir was dafür, dass ich es herausbekommen habe.“
„Was soll das heißen,
ich
habe ein Problem?“
Dann hörte er aufmerksam zu.
„Verstehen Sie jetzt, warum
Sie
ein Problem haben?“
Stimmt, er hatte eindeutig ein Problem, doch die Hälfte aller Schwierigkeiten aus jüngster Zeit gingen auf sein Konto, und trotzdem war er damit klargekommen.
„Vergessen Sie bloß nie, dass Sie selbst auch bis über beide Ohren in der Sache stecken, mein Freund“, flüsterte er bedrohlich.
Dann unterbrach er die Leitung.
Sein Blick wanderte zurück zum Haus. Wut stieg in ihm auf.
Wo zum Teufel war sie nur?
10. KAPITEL
E r hatte sich vor noch nicht einmal einer Minute hingelegt, als er ein Klopfen an der Tür hörte.
Quinn sprang auf und ging zur Tür. Auch wenn sein Quartier relativ geräumig war, musste er nur einen Schritt machen, um vom Bett zur Tür zu gelangen.
Shannon stand draußen. In seinem Hemd schien sie fast zu versinken, so groß wirkte es an ihrem Körper. Es reichte fast bis zu den Knien, während ihre Ellbogen in den viel zu weiten Ärmeln verschwanden. Dennoch gelang es diesem Zuviel an Stoff irgendwie, sich verführerisch an die Rundungen ihres Körpers zu schmiegen. Sie hatte das wenige Make-up abgewaschen, und die eine hartnäckige goldene Locke fiel ihr wieder sanft ins Gesicht.
„Habe ich Sie geweckt?“
Er fragte sich, wie es sein konnte, dass allein der Klang ihrer Stimme so
Weitere Kostenlose Bücher