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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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hängt, in Stevens Kopf auf, und er fühlte, wie sich seine Eingeweide heftig zusammenzogen. Er war von einem riesigen Insekt gefangen und mit klebrigen Fäden eingewickelt worden, und er konnte nur hilflos darauf warten, verflüssigt und durch einen scharfen Saugrüssel …
    Saugrüssel war ein gutes Wort.
    Der Gedanke beruhigte ihn. Holte ihn vom Rand der Panik zurück. Gestattete ihm, seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Ja, er hing in irgendetwas Widerlichem, aber ein riesiges Insekt, das war doch totaler Schwachsinn. Er war kein Kind mehr; er durfte sich nicht von kindischen Ängsten daran hindern lassen, klar zu denken. Als seine Atemzüge allmählich langsamer gingen, wurde ihm von Neuem der Gestank be wusst, der ihn umgab. Es war derselbe Gestank, der von den Knochen aufstieg, die Jonas Holly nie aß. Sie blieben in der Sonne liegen, damit die Fliegen darauf scheißen konnten …
    Er steckte in Fleisch.
    Augenblicklich wusste er, dass er recht hatte. Deswegen hatte Charlie »kein Fleisch!« geschrien. Deswegen hatte er solche Angst gehabt. Steven hatte gesehen, wie der Huntsman die Tiere abhäutete – das zottelige Pony, die Kuh mit den leeren Augen. Er hatte gesehen, wie er die grau-rosigen Kadaver durch die dunkle Tür an der Rückseite des großen Schuppens geschleift hatte. Er hatte das Klirren der Kette und das kurze Jaulen der elektrischen Winde gehört.
    Fleisch.
    Das war es, wozu er geworden war.
    Wozu sie alle geworden waren.
    Die Zwinger waren leer. Reynolds sah es mit eigenen Augen, und der kleine graue Bildschirm war der Beweis. Unter ihnen waren nur zwei helle Wärmeflecken, und einer davon hatte die Gestalt eines Mannes, der über einem Wassertrog stand, sich auf eine Stange stützte und in den Sonnenschein hinaufblinzelte. Der andere war ein grellweißer Stern in einem nahen Gebäude.
    Nicht gewillt, so laut zu brüllen, dass man ihn verstehen konnte, beugte Reynolds sich zwischen den Sitzen hindurch und zeigte mit dem Finger auf den weißen Punkt auf dem Bildschirm.
    »Verbrennungsofen!«, schrie Lee ihm ins Ohr.
    Reynolds nickte und ließ sich in seinen Sitz zurücksinken.
    Gemächlich hob der Mann unter ihnen eine Hand zum Gruß, und Tuckshop antwortete mit einer Geste, die halb Winken und halb Salut war, wie ein Düsenjägerpilot in einem Schwarz-Weiß-Kriegsfilm.
    Als der Hubschrauber von den Zwingern des Jagdvereins Blacklands fortschwenkte, tat Reynolds es Tuckshop nach – und kam sich vor wie der Beschützer der ganzen Welt.
    42
    Es stimmt, dachte Lettie Lamb. Wir sind alle verflucht.
    Sie hatte nicht an Flüche geglaubt. Flüche waren etwas für alte Leute und Dummköpfe. Jetzt jedoch, als sie in ihrem rasch erkaltenden Bad lag und zusah, wie das Kondenswasser von der Decke tropfte, konnte sie keine logische Erklärung für all das Elend finden, das ihre Familie heimgesucht hatte, als jene, die der Sunday Mirror angeboten hatte.
    Steven war weg.
    Letties Mund verzerrte sich vor jähem Kummer. Und sie kniff mit aller Kraft die Augen zu, um nicht zu weinen. Mit Weinen war niemandem geholfen. Das hatte sie schon vor langer, langer Zeit gelernt.
    Sie wartete, bis ihr Atem wieder normal ging, konzentrierte sich auf ihre Brüste, die wie kleine Inseln aus dem Wasser ragten – der warme Halbmond der Gezeiten hob und senkte sich an den Stränden aus blasser Haut, wo kaum zu erkennende blaue Flüsse von den straff zusammengezogenen Gipfeln herabströmten.
    Seit einer Woche war er weg, und heute hatte ihre Mutter ihr Strickzeug weggelegt und war ans Wohnzimmerfenster getreten. Sie hatte an ihrem alten Platz gestanden, an jener Stelle, wo sie im Laufe jener zwanzig Jahre den Teppich abgewetzt hatte. Der zwanzig Jahre, die sie darauf gewartet hatte, dass Billy nach Hause kam. Jude hatte neuen Teppich verlegt. Nicht im ganzen Wohnzimmer, nur an der Stelle unter dem Fenster. Er passte nicht ganz genau zum Rest des Zimmers, aber fast. Jetzt schauderte Lettie bei dem Gedanken, dass ihre Mutter einen neuen Pfad zum Fenster austreten würde, um dort auf Steven zu warten. Würde sie sich schließlich zu ihr gesellen, wie sehr sie sich auch dagegen sträuben mochte? Würden sie beide zusammen den Teppich abwetzen, indem sie hin- und wieder zurückschlurften, wie Büffel an einem Wasserloch? Würde Davey genauso leiden, wie sie gelitten hatte, als Billy verschwunden war?
    Musste Steven leiden, gerade jetzt? Oder war er schon tot?
    Diesmal wollte ihr Mund ihr nicht gehorchen, als sie

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