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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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versuchte, ihn wieder geradezubiegen. Diesmal erwärmten ihre Tränen das Wasser um ihre Schläfen von Neuem.
    Sie dachte an all die Male, die sie ihn angeschnauzt hatte, all die Male, die sie unfair gewesen war, all die Male, die sie sich auf Daveys Seite geschlagen hatte, aus keinem anderen Grund als dem, dass Davey süß war und »du bist schließlich der Ältere. Du solltest es besser wissen.«
    Sie dachte daran, wie sie ihm damals ins Gesicht geschlagen hatte.
    Ich kann nicht, dachte Lettie. Ich kann das nicht. Es tut zu weh.
    Sie musste aufhören zu denken. An Steven zu denken war, als hätte man den ganzen Kopf voller Dornen.
    Ich bin verflucht.
    Und urplötzlich – die Offenbarung: Alles Schlimme war passiert, während sie es eigentlich hätte verhindern müssen. Vielleicht brauchte sie sich bloß selbst aus dieser Gleichung herauszusubtrahieren. Das ultimative Grauen erforderte das ultimative Opfer. Wenn es Steven nicht direkt half, so wäre sie doch wenigstens nicht mehr da, um das zu erfahren. Mit allem aufzuhören hieß, die Qual zu beenden, jede Sekunde des Tages an ihn zu denken. Es war alles ganz logisch. Irgendwie logisch. Fürs Erste logisch genug.
    Lettie öffnete die Augen. Ohne den Kopf zu drehen, überlegte sie, was es im Badezimmer gab, das sie benutzen könnte.
    Nicht viel.
    Das Wasser an sich war verlockend – ein einfaches Zurückbeugen des Kopfes, und ihr Gesicht würde eintauchen –, doch das war wohl beinahe unmöglich, ohne dass irgendetwas sie beim Ertrinken unter Wasser hielt. Dann war da noch der Rasierer, den sie für ihre Beine benutzte, wenn Jude über Nacht blieb. Es war ein weißer Wegwerfrasierer, und die Klingen waren fest in Plastik eingebettet, aus dem sie sich nicht herauslösen ließen. Jude benutzte einen elektrischen Rasierapparat, der die Haut in stoppeligen Wellen in seinem Gesicht hin und her schob.
    Jäh erinnerte sich Lettie ganz deutlich an den Rasierer, den ihr Vater verwendet hatte. Ein Gillette mit Metallgriff, in dem eine richtige Rasierklinge steckte, unter einer gewölbten Abdeckung, so glatt und blank, dass es kleine Hände verlockte, ihn zu nehmen und sich darin zu spiegeln. Er hatte auch einen Pinsel gehabt, mit dicken Borsten, die unten schwarz und an den Spitzen weiß gewesen waren. Sie und Billy hatten sich immer darum gezankt, wer die feste Rasierseife zu dickem cremigem Schaum schlagen und die dann mit »dem Dachs« auf das Gesicht ihres Vaters streichen durfte. Dann hatte sie in ehrfürchtigem Schweigen zugesehen, wie der Gillette breite, glatte Schneisen durch den weißen Schaum auf dem gebräunten Gesicht ihres Vaters gezogen hatte.
    Sie konnte ihren Vater riechen, jetzt und hier – diesen sauberen Seifengeruch an Wange und Hals, und das Old Spice, das sie ihm erbarmungslos zum Geburtstag und zu Weihnachten gekauft hatte, bis er gestorben war, als sie zehn gewesen war.
    Verflucht.
    Jemand hämmerte gegen die Tür, und Lettie fuhr mit einem heftigen Platschen hoch und umklammerte mit beiden Händen den Wannenrand, bereit, mit einem Satz aus dem Wasser zu springen, und voller Angst vor dem Grund dafür.
    War er gefunden worden?
    War er tot?
    War dies der Augenblick, in dem ihr Leben in tausend Stücke zersprang, oder der, in dem es langsam zu heilen begann? Sie konnte fühlen, wie ihr Herz vor Angst und Erregung gegen den kalten Kunststoff der Badewanne pochte.
    »Was ist denn?«, krächzte sie.
    »Wo sind meine Socken?«, brüllte Davey.
    Ein paar Sekunden lang, die sich dehnten, um schließlich ihre gesamte Zukunft auszufüllen, saß Lettie wie erstarrt da. Dann stemmte sie sich aus dem Wasser und lebte noch ein bisschen weiter, damit sie die Socken ihres Sohnes suchen konnte.
    43
    Jonas wusste, wie der Huntsman hieß.
    Wann er sich daran erinnert hatte, war ihm nicht ganz klar, genauso, wie er auch nicht genau wusste, woher er die blauen Flecke hatte. Blaue Flecke an den Armen, krasse dunkle Streifen quer über die Waden, Striemen auf den Rippen, die wehtaten, wenn er sie berührte, und eine merkwürdige wunde Scheuerstelle mitten auf der Brust.
    Er erinnerte sich an Lucy unter Wasser – das war alles.
    Und dann war er aufgewacht, gerade eben, als ein Stück Knochen mit dumpfem Aufschlag über das Tor geflogen kam.
    Bob Coffin. Das war der Name.
    Er war schon seit Jahren Huntsman. Sogar schon damals, als Jonas noch ein Junge gewesen war und auf der Springer Farm gearbeitet hatte, um ab und zu reiten zu dürfen, und mit seinen Freunden auf einem

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