Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer

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war zu vernehmen, als er morgens das Cottage verließ, kein quietschendes Rumpeln, als die Tür des großen Schuppens aufgeschoben wurde, nicht die leise Explosion des Verbrennungsofens, nicht das Ssssrrrt des Messers, das Knochen von Knorpel und von Sehnen trennen würde, damit sie essen konnten.
    Schon Minuten, nachdem er überfällig war, wurden die Kinder unruhig, und ehe eine Stunde vergangen war, waren sie nervös und gereizt.
    »Wo bleibt der denn?«, sagte Jess Took immer wieder. »Er ist doch immer pünktlich.«
    Aber er war nicht pünktlich.
    Steven und Jonas wechselten besorgte Blicke.
    Charlie sang leise »Zehn kleine Negerlein« vor sich hin, während Pete mit den Händen im Gitter an der Vorderseite seines Zwingers hing und sich den Hals verrenkte, um den Weg hinaufsehen zu können. Gelegentlich murmelte er halblaut: »Ich dachte, das war er.«
    »Er ist doch immer pünktlich«, wiederholte Jess, als könnten Worte allein es wahr machen.
    Steven wandte ihr den Rücken zu und fragte Jonas leise: »Wie lange sollen wir warten?«
    Jonas furchte die Stirn. »Bevor wir was tun?«
    Steven öffnete den Mund und machte ihn dann wieder zu. Richtig, bevor sie was taten? Bevor sie ausbrachen? Bevor sie um Hilfe riefen? Wären das realistische Optionen gewesen, hätten sie bereits geklappt.
    »Vielleicht sollten wir uns das Wasser ein bisschen einteilen«, meinte Jonas.
    Steven nickte und gab die Botschaft weiter. Dann tat er etwas, was er schon seit einer ganzen Weile nicht mehr versucht hatte – er fing an, die Grenzen seines Gefängnisses auf die Probe zu stellen, gegen die Mauer zu treten, mit einem Gras halm in dem Vorhängeschloss herumzustochern, an den Draht enden des Gitters zu zerren, als könne er den Maschendraht aufrebbeln wie einen alten Pullover.
    Die 22er war reine Zeitverschwendung.
    Was zwischen den Augen aufgesetzt gut funktionierte, erwies sich als vollkommen nutzlos, wenn man versuchte, aus fünfzig Schritt Entfernung ein galoppierendes Pony zu treffen. Bob Coffin glaubte, ein paar gestreift zu haben, aber nicht einmal schlimm genug, um sie verfolgen und zur Strecke bringen zu können. Die Hirsche ließen ihn gar nicht erst auf Schussweite herankommen.
    Bob Coffin schmiss die Pistole auf den Beifahrersitz seines alten Autos und knallte die Tür zu.
    Früher waren die alten, ausgemusterten Nutztiere in nicht enden wollender Reihe auf den Hof marschiert gekommen, und die Park Ranger hatten ihm Bescheid gesagt, wenn ein Pony oder ein Hirsch auf dem Moor verendet war. Damals war die Fleischkammer immer randvoll mit Frischfleisch gewesen.
    Jetzt nicht mehr, wo die Hunde nicht mehr da waren.
    Die letzte Kuh hatte er gestohlen, war einfach auf Jack Biggins’ Weide marschiert und hatte die erstbeste mitgenommen, die ihm untergekommen war. Es war so einfach, dass es sich gar nicht wie Diebstahl anfühlte.
    Doch als er das drüben bei Deepwater noch einmal versucht hatte, hatte die Herde reagiert wie eine vielköpfige Alarmanlage. Hatte gemuht und geblökt und war um ihn herum durcheinandergewuselt, bis er fürchtete, die Tiere würden ihn zu Boden reißen und zertrampeln. Aber er brauchte das Fleisch und hatte die Kuh mit aller Kraft festgehalten, bis ein dürrer Collie mit einem blinden Auge die Tiere auseinandergetrieben und ihn in den Knöchel gebissen hatte, als er hastig über das Tor geklettert war.
    Er hatte ein Schaf, doch das würde nicht lange vorhalten.
    Und er wusste nicht, was er danach machen sollte.
    Jonas sah, wie Steven zusammenzuckte, als er sich den Finger an dem spitzen Draht stach. Doch der Junge gab nicht auf – er schüttelte die Hand und machte weiter, obwohl es hoffnungslos war.
    Jonas dachte an die erschreckende Wahrheit – dass Bob Coffin ihr Kerkermeister und ihr Folterknecht war, aber auch ihre Rettung. Wenn er stürzte und sich das Bein brach, waren sie alle tot. Wenn er einen Autounfall hatte und im Krankenhaus landete, waren sie alle tot. Wenn er ganz einfach das Interesse an ihnen verlor oder es mit der Angst zu tun bekam und für ein langes Wochenende ans Meer fuhr, waren sie alle tot.
    Jetzt war der Huntsman irgendwo anders, und sie waren hier.
    Hilflos wie kleine Kinder.
    Während er Steven zusah, verfluchte Jonas sich innerlich. Ein Lederstreifen und ein Vorhängeschloss, und er hatte sich einfach in sein Schicksal gefügt, zusammen mit den Kindern, die zu beschützen er geschworen hatte. Er hätte an die Waffe denken und begreifen müssen, in welcher Gefahr sie