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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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doch Coffin fegte nur um ihn herum und sagte nichts mehr.
    Jonas musste die Verbindung mit ihm halten. Wenn der Huntsman nur über Hunde redete, dann würde er damit anfangen. Mit einer vagen Geste erkundigte er sich: »Was ist mit all den Jagdhunden passiert?«
    Eine lange Pause entstand. Dann: »Mussten weg.«
    »Wohin?«
    Der Huntsman hörte auf zu fegen und polkte an dem hölzernen Besenstil herum. Jonas sah Steven an, der mit einem kleinen Achselzucken antwortete.
    Coffin machte sich wieder an die Arbeit, doch jetzt waren seine Besenstriche kurz und ungleichmäßig. »Die von Midmoor ha’m ein paar genommen. Die andern musst ich abschaffen.«
    Jonas schwieg, doch die Bilder rasten durch seinen Kopf wie ein Daumenkino. Er war als Junge Jagden geritten, und er wusste, wie Jagdhunde »abgeschafft« wurden. Er dachte an die ungefähr sechzig Tiere, aus denen die Meute des Jagdvereins Blacklands bestanden hatte. Sein ganzes Leben lang hatte er sie vor Pubs lächeln, sie nachts wie ein einziges Lebewesen durchs Dorf trotten und schlammbespritzt durchs Moor laufen sehen. Ein freudebebendes Puzzle aus geschecktem Fell, seidigen Ohren und hechelnden Zungen – lebendig und wach und singend vor Glück. Bei dem Gedanken, Jahre damit zuzubringen, sie zu züchten, sie aufzuziehen und abzurichten und dann jedem von ihnen in den Kopf zu schießen, wurde ihm übel.
    Die Besenstriche wurden lauter, und der Huntsman sprach ohne weiteres Drängen. »Musste sein, hat Mr Took gesagt.«
    Zornig rammte er den Besen auf den nassen Beton. Seine Stimme wurde rasch lauter. »Also, ich sag, der kann mich mal. Der und diese Leute von woanders, die wo Füchse so toll finden, die für’s Wochenende aus London raufkommen und uns sagen, wie wir leben solln! Wegnehmen tun die uns unser Leben! Nach hundert Jahren! Nehmen uns alles weg, und dann sagen sie mir, man liebt sie doch verdammt noch mal nich’!«
    Heftig schleuderte er den Besen quer durch den Zwinger. Er prallte neben Jonas’ Kopf vom Gitter ab, und Charlie begann laut zu heulen. Die Kinder beobachteten den Huntsman, die Augen riesengroß vor Angst und Unsicherheit.
    Coffins offener Mund spannte die Strumpfmaske zu einem noch dunkleren Schatten, der vor Ungestüm vibrierte.
    »Jetzt hab ich denen alles weggenomm’«, sagte er leise und bösartig. »Mal sehn, wie die das finden.« Dann holte er sich bedächtig den Besen zurück und fegte weiter, als wäre nichts geschehen.
    Jonas spürte, wie in seinem Kopf alles an seinen Platz glitt wie in einem kleinen Steckspiel. Er schaute Coffin zu, ohne ihn zu sehen, und dachte an die Leere, die Lucy im Rose Cottage hinterlassen hatte – die tiefe, saugende Stille, die an seiner Seele zerrte und ihn verlockte, ihr zu folgen, so sicher wie das Klagen einer Sirene auf einem zerklüfteten Felsen. Hätte er diese Leere füllen können, so hätte er es getan. Wäre es ihm möglich gewesen, eine einzige Sekunde lang das Verlassensein zu vergessen, das die stille Uhr, die zusammengefaltete Decke und die leere Vase bedeuteten, er hätte alles – alles – getan, damit das geschah.
    Rache mochte Coffins Irrsinn ausgelöst haben, aber irgendwann, so vermutete Jonas, hatte er angefangen, einfach nur deshalb Kinder zu rauben, um die Zwinger zu füllen, die durch den Verlust der Jagdhunde hallend und leer dastanden. Was er getan hatte, war unverzeihlich, widerwärtig und vollkommen wahnsinnig – und Jonas verstand es vollkommen.
    »Sie haben das Richtige getan«, sagte er leise.
    »Was soll das denn?«, stieß Steven hervor.
    Jonas blickte ihn nicht einmal an. Er sah nur den Huntsman an, der ihm mit seltener Aufmerksamkeit sein konturenloses Gesicht zugewandt hatte.
    »Ich weiß, was Sie hier versuchen, Bob. Jetzt verstehe ich es. Ich sehe, wie sehr Sie sie lieben und wie Sie sich um sie kümmern wollen.«
    »Ja«, sagte der Huntsman.
    »Sie wollen, dass ihnen nichts passiert.«
    »Genau«, sagte der Huntsman.
    »Und wir sind Ihnen sehr dankbar«, sagte Jonas sanft.
    Der Huntsman nickte. »Gut.«
    »Ihr spinnt ja total!«, brüllte Steven. »Alle beide!«
    Jonas sah Steven ruhig an, und der Junge hielt den Mund.
    Jonas spürte, wie Zuversicht ihn durchströmte. Ausgehungert, halbnackt und zu Füßen eines Wahnsinnigen angekettet, fühlte er sich plötzlich beschwingt und selbstsicher. Coffins Gesicht war ihm zugewandt. Es war plattgedrückt und aus druckslos, aber Jonas wusste, dass die Aufmerksamkeit des Mannes ihm sicher war.
    »Aber Charlie versteht

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