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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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alle schwebten. Er hätte schon seit Wochen eine Flucht planen und nicht warten sollen, bis es zu einer Krise wie dieser hier kam. Er hatte Angst gehabt und war von dieser Angst gelähmt gewesen, und das hatte ihn daran gehindert nachzudenken.
    Also sollte er jetzt lieber gleich damit anfangen.
    Jonas fuhr mit den Fingern über die Kette, die ihn an das Gitter fesselte. Er untersuchte jedes einzelne Glied gründlich, prüfte es mit Fingern und Zähnen. Dann wählte er ein Kettenglied in der Mitte aus und schabte damit immer wieder über den Beton, machte einen Kratzer in den grauen Boden. An dem Metall blieb eine blanke Stelle.
    Das könnte funktionieren. Allerdings war ein Fluchtplan, der auf dem Durchschaben von Metall basierte, ein Fluchtplan, der längst hätte stehen sollen, bevor sie jeder nur noch einen halben Eimer Wasser und nichts mehr zu essen hatten.
    Das Kettenglied wurde blank, aber nicht dünn. Das Ganze erschien hoffnungslos, doch Jonas unterdrückte das Gefühl, dass er seine Zeit verschwendete. Im Augenblick war das hier das Wichtigste auf der ganzen Welt. Das Einzige, was er noch unter Kontrolle hatte.
    Der Gedanke stimmte ihn seltsam optimistisch, und er machte sich mit neuem Elan wieder an die Arbeit.
    »Scheißescheißescheiße«, knurrte Steven und wedelte abermals mit der Hand.
    »Alles klar?«, fragte Jonas.
    »Gestochen«, sagte Steven und hielt die Finger am Gitter hoch, so dass Jonas sie sehen konnte.
    Jonas streckte die Hand aus und wischte das Blut mit seinem eigenen Daumen weg. Sofort quoll es von Neuem in einer hübschen roten Halbkugel hervor.
    »Ist bloß ’n Ratscher«, stellte Jonas mit einem Lächeln fest.
    »Ja.« Steven lächelte zurück, doch das Lächeln hielt sich nicht lange. »Jonas«, fragte er zaghaft, »glauben Sie, er kommt wieder?«
    »Na klar«, antwortete Jonas. »Er liebt uns doch, nicht wahr?«
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als Pete verkündete: »Ich höre ihn!«, und damit recht hatte.
    Bob Coffin kam ohne Fleisch, aber mit entschlossenen Schritten den Weg hinunter, einen zusammengerollten dünnen Strick in den Händen. Er ging an ihnen allen vorbei und schloss Charlies Zwinger auf, dann schüttelte er ein Ende des Stricks aus, wie ein Cowboy, der sich anschickt, ein Kalb einzufangen. Charlie stand auf und wich zurück, genau wie ein Kalb.
    Jonas kniete vor dem Gitter. »Was machen Sie da?«
    Coffin achtete nicht auf ihn und griff nach Charlie, der ihm auswich und dann in Tränen ausbrach.
    Bob Coffin versuchte es abermals, mit ausgestreckten Armen, und Charlie duckte sich und huschte dann davon, während er aus vollem Hals heulte.
    »Halt doch still, Junge!«
    Charlie rüttelte in blinder Panik an der Tür und entwand sich noch einmal Bob Coffins Griff. »Kein Fleisch! Kein Fleisch!«
    »Sitz! Sonst hol ich die Handschuhe!«
    Charlie rannte zu Jonas ans Gitter und krallte sich am Draht fest. »Ich will nicht!«, schrie er. »Jonas!«
    Der verängstigte Junge fiel auf die Knie, während Bob Coffin versuchte, ihn wegzuzerren.
    »Lassen Sie ihn in Ruhe! Was soll das?«
    Charlie versuchte, die Hand durch das Gitter zu schieben, doch Bob Coffin riss sie zurück. »Ich versuch, den kleinen Racker laufen zu lassen!«, knurrte er.
    Jonas brauchte einen Moment, um zu erfassen, was der andere gesagt hatte. Er sah das Gesicht des Mannes an, verzerrt trotz des glatten Strumpfes.
    Er konnte seine Augen nicht sehen, doch er hatte das Gefühl, dass der Mann es ernst meinte.
    Ich verspreche es.
    Jonas konnte es sich nicht erlauben, ihm nicht zu glauben.
    »Charlie! Charlie, ganz ruhig!«
    Charlie weinte und wehrte sich und klammerte sich an den Draht, während Coffin an seinen Armen zerrte.
    »Lassen Sie ihn los«, herrschte Jonas den Huntsman an. »Lassen Sie ihn los, damit ich mit ihm reden kann.«
    Coffin tat wie ihm geheißen. Er trat von Charlie weg und ließ den Jungen am Gitter zurück, Jonas zugewandt und die Arme zu einer Umarmung ausgebreitet.
    Jonas musste schnell sein. Er berührte die Finger des Jungen mit den seinen. »Charlie, hör mir zu. Hör zu. Du darfst nach Hause.«
    Charlies tränennasse Augen begegneten den seinen. »Nach Hause?«
    Jonas nickte nachdrücklich. »Ja, nach Hause. Heute. Jetzt gleich. Du darfst nach Hause zu deinem Dad.«
    Charlie nickte mit noch immer zitternder Unterlippe.
    »Aber du musst mit ihm gehen, Charlie. Geh mit ihm und sei ein braver Junge.«
    »Mach kein Theater«, sagte Charlie.
    »Genau. Sei ein braver Junge und mach kein

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