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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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nicht und zerbrach auch nicht.
    Kein Essen. Kein Wasser. Kein Ausweg.
    Er war eine Ziege, die angebunden auf einen Tiger wartete.
    »Ich glaube, er wird uns umbringen«, flüsterte Steven Lamb.
    Jonas sah ihn mit seinem einen unversehrten Auge an.
    »Sag’s den anderen nicht«, war alles, was er antwortete.
    Der Huntsman starrte die Kinder an, doch anstatt ein kostbarer Besitz zu sein, war jede der gebrechlichen Gestalten jetzt Ausdruck seines eigenen Versagens.
    Er war sein ganzes Leben lang hier gewesen.
    Das hier war sein ganzes Leben.
    Vierzig Jahre lang hatte er Hunde für den Blacklands Jagdverein gezüchtet. Mehr mühevolle Stunden, als jede Mutter jemals damit zubringen würde, ihr Kind großzuziehen. Mehr Kälte, mehr Scheiße, mehr Schweiß, mehr Blut. Mehr Matsch, mehr Kilometer, mehr von Zähnen gezwickte Finger, mehr fast abgefrorene Ohren.
    Sein Leben erstreckte sich hinter ihm in einem einzigen harten Winter.
    Manchmal hatte er nachts – bevor die Hunde … abgeschafft worden waren – im Dunkeln gesessen und die Generationen aufgesagt, wie ein alter Apachen-Häuptling seine Krieger mit ihrer Geschichte beschenkt. Von Robbie zu Bumper zu Rufus zu Stanley zu Marcus zu Major zu Patch zu Scout. Und so immer weiter durch die Zeit zurück.
    Diese Nächte hatten ihm Trost gebracht. Ein Gefühl des Hierhergehörens und der Bestimmung. Zu wissen, dass alles, was er getan hatte, und alles, was er noch tun würde, Teil eines Ganzen war. Vor ihm war der alte Murton da gewesen, und vor dem Townend. Davor wusste Coffin es nicht genau, weil das nicht wichtig war. Die Meute war die Geschichte des Stammes. Die Meute war sein Vermächtnis – der Beweis seines Könnens und seiner Hingabe. Seiner Liebe. Im Cottage gab es Schleifen und Trophäen und auch alte Fotos. Die lächelnden Männer in steifen Hüten waren Fremde, die einst in seinem Heim gewohnt hatten, die Hunde jedoch hätte er überall wiedererkannt. Er kannte Rupert ’71, weil Pitcher ’97 dieselben drei Flecken auf dem Ohr gehabt hatte. Dipper ’85 gehörte zur Familie, weil Daisy ’09 dieselbe hohe Hinterhand hatte. Und dann war da noch Fern ’91 – sie lächelte für die Kameras, wie sie es alle ihre Welpen gelehrt hatte und wie diese es ihren beigebracht hatten, bis hin zu der kleinen Frankie.
    Nachdem der letzte Schuss verhallt war, hatte in den Zwingern zum ersten Mal sei hundertdreiundsechzig Jahren Stille geherrscht. Danach bescherten ihm seine nächtlichen Selbstgespräche keinen Trost und keine Freude mehr. Es gab keine Krieger mehr, die im Dunkeln lauschten, keine Geschichte, an der sie teilhaben konnten.
    Keine Frau, keine Kinder. Er hatte nie Zeit dafür gehabt.
    Sein einziges Vermächtnis waren jetzt seine eigenen bitteren Erinnerungen an hoch aufgehäufte warme Leiber und an das würdelose Schieben und Stauchen, um die steif gewordenen Kadaver den Flammen zu überantworten.
    Er hatte das Einzige vernichtet, was ihm jemals wichtig gewesen war.
    Der Schmerz war überwältigend. Er krallte sich in die Drahttür und konzentrierte sich.
    Das Kind vor ihm sah aus wie John Took. Irgendetwas an den Augen und an der Form des Mundes ähnelte ihrem Vater sehr. Sie hielt ihm ihren leeren Eimer hin und bewegte die Lippen ihres Vaters.
    Die liebt man doch nicht.
    Unbewusst berührte Bob Coffin die warme Baumwolle seiner Latzhose und spürte das Gewicht der kalten Pistole darunter.
    Alles ging zu Ende.
    Wieder einmal.
    61
    Reynolds verstand kein Wort von dem, was Teddy sagte. Oder auch nur, wie er es sagte.
    Jede Silbe schien eine Qual zu sein und brauchte eine Ewigkeit. Sein Kopf wackelte, sein Kinn ruckte, er kniff die Augen zu und fuchtelte mit den Händen.
    Und doch nickte Teddys Mutter bei jedem unverständlichen Satz und übersetzte dann alles. Es war, als sähe man einem Medium bei der Arbeit zu, wie es auf Klopfgeräusche in der Wand lauschte und diese dann in eine Botschaft zu Onkel Arthurs verschwundenem Testament entschlüsselte.
    Nur dass die Botschaft, die Mrs Loosemore empfing, sehr viel interessanter war als eine von einem verstorbenen Onkel.
    Reynolds und Rice gingen schweigend zu seinem Auto, doch die Blicke, die sie wechselten, enthielten etwas, das sich Hoffnung nannte und das schon eine ganze Zeit lang keiner von beiden empfunden hatte.
    Weil sie beide weniger als nichts vom Jagen verstanden, rief Reynolds John Took an und stellte das Gespräch auf Lautsprecher, damit Rice mithören konnte. Er erkundigte sich nach dem weißen

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