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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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redeten.
    Eigentlich redete sie. Er hörte bloß zu, doch das machte er ziemlich gut.
    Sie nahmen die Flasche mit ins Wohnzimmer, in einem zweiten Durchgang, der diesmal ein anderes Ergebnis zeitigen würde, das wusste sie ganz tief unten im Bauch.
    Sie standen am Fenster, und während sie zusahen, wie die hereinbrechende Nacht den Himmel über dem Exmoor so grün färbte wie die See, küsste sie ihn. Und zwar richtig.
    Einen Augenblick lang loderte Hunger zwischen ihnen auf – dann trat er unbeholfen zurück und schaute zum aufgehenden Mond empor.
    »Es wird dunkel«, sagte er.
    Rice nickte und kam sich vor wie eine Idiotin. Wie eine unerwünschte Idiotin.
    Vom Kaminsims aus sah Lucy Holly ihr zu, die Schaufel in der Hand, und lächelte an einem Ort, wo es immer warm war.
    »Wo ist eigentlich dieser kleine goldene Brieföffner, den Sie da liegen hatten?«, fragte sie dumpf.
    Jonas sah sie an; eine Silhouette vor dem Meerhimmel, mit dem Mond auf der einen Schulter und Venus über der anderen.
    »Ich erinnere mich nicht mehr«, antwortete er und zuckte die Achseln.
    Als Rice das Rose Cottage verließ, öffnete Mrs Paddon ihre Haustür. »Ich hab’s Ihnen doch gesagt, Sie verschwenden Ihre Zeit.«
    Rice biss sich auf die Lippe.
    Aber nur bis zum Gartentor. Dann drehte sie sich um. »Warum verpissen Sie sich nicht einfach, Sie neugierige alte Schachtel?«
    Mrs Paddon schloss leise ihre Tür, und Rice weinte den ganzen Rückweg bis zum Red Lion.
    Elizabeth Rice wachte Stunden später auf, weil ihr schrecklich kalt war, und ihr war schrecklich kalt, weil das Fenster offen war. Sie machte es zu und schaute auf die wild zusammengewürfelten Hausdächer unter sich hinab. Dann blickte sie zum Mond empor – eine strahlend helle Münze mit taubengrauen Ozeanen. Hätte sie ein Buch gehabt, sie hätte bei diesem Licht lesen problemlos können, ohne Lampe, doch ihre Bücher waren jetzt in der kleinen Tasche neben der Zimmertür verstaut und erwarteten die Abreise morgen früh. Stattdessen hob sie die Hand und betrachtete die Linien, die sich kreuz und quer über ihre silberne Handfläche zogen. Sie überlegte, ob ihre Zukunft tatsächlich in diesen Linien festgeschrieben sein könnte, wie Musik in den Rillen einer alten 45er-Schallplatte, und fragte sich, was für Melodien diese Linien wohl spielen würden. Herzergreifende Liebeslieder oder bittere Country-Herzschmerznummern.
    Rice seufzte, ließ die Hand sinken und lehnte die Stirn gegen die kalte Scheibe.
    Der Brieföffner lag auf dem Fensterbrett.
    Sie zuckte zurück, als hätte sie sich verbrannt, und hielt den Atem an.
    Dann trat sie vorsichtig vom Fenster fort, ging rasch ins Bad und kam mit ein paar Blatt Toilettenpapier zurück. Damit hob sie den kleinen goldenen Dolch mit dem gravierten Griff behutsam auf.
    Im Licht des Mondes konnte sie die Inschrift lesen. Ein Geschenk aus Weston-super-Mare.
    Obwohl das Fenster jetzt zu war, begann Elizabeth Rice zu zittern.
    65
    Jonas hätte eigentlich in Shipcott sein sollen, bei der Besprechung mit DI Reynolds, stattdessen jedoch schlenderte er über den riesigen flachen Sandstrand von Weston-super-Mare und aß ein Eis.
    Seine Schuhe und Socken hatte er unter dem Eiswagen liegen gelassen; er glaubte nicht, dass jemand sie klauen würde. Zumindest nicht, ehe der Wagen abends wegfuhr – aber das würde noch eine Weile dauern.
    Es war wieder ein prachtvoller Tag, und er musste schnell essen, damit ihm das Vanilleeis nicht auf die Fingerknöchel tropfte.
    Es waren jede Menge Urlauber da, doch der Strand war so breit und die Leute tummelten sich alle in der Nähe des Eiswagens, dass der Sand fast verlassen wirkte.
    Er hielt auf die neue Seebrücke zu. Die alte aus seinen Träumen war niedergebrannt, vom Wasser umspült. Er sah sich um, als er zwischen den Pfählen hindurchging, obwohl er Lucy hier nicht finden würde.
    Das wusste er jetzt.
    Der Gedanke machte ihn nicht traurig. Wie könnte er an einem Tag wie diesem traurig sein? Die Sonne war warm, der Sand war kühl, das Eis war süß, und er hatte sein Versprechen gehalten.
    Er hatte den Jungen gerettet.
    Nicht Charlie, leider, sondern den Jungen, der er selbst war.
    Manche Menschen taten Kindern weh. Natürlich. Das war die Wahrheit. Doch es stimmte auch, dass Kinder davonkamen, sich erholten und überlebten. Steven Lamb war der zweifache Beweis dafür. Bis Bob Coffin es ihm gezeigt hatte, hatte Jonas keine Ahnung gehabt, wie widerstandsfähig Kinder waren. Wie widerstandsfähig

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