Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
machte es ihm leicht.
Aber irgendetwas stimmte nicht …
Jonas runzelte die Stirn und strengte seine Augen an und beugte sich von Steven weg, um so viel wie möglich von dem kleinen Raum sehen zu können. Es war dunkel, doch seine Augen gewöhnten sich allmählich daran, und eigentlich sollte es nicht so schwer zu erkennen sein …
Als er begriff, was er dort sah – oder was er nicht sah –, spürte Jonas, wie die Welt unter ihm wegkippte. Er taumelte, und Steven packte ihn, bevor er umfiel.
»Alles okay?«
Jonas schüttelte den Kopf.
Es war nicht alles okay.
Für keinen von ihnen.
Jonas sagte etwas, das Steven nicht verstand.
»Was?«
»Da ist kein Fleisch drin«, stammelte Jonas kaum hörbar. »In der Fleischkammer.«
Kein Fleisch. Steven legte die Stirn in Falten. Das konnte nicht stimmen. Kein Fleisch hieß, dass es keine Verstecke für sie gab. Nichts, was ihre Körperwärme kaschieren könnte. Wenn dort kein Fleisch war, wie wollte der Huntsman sie dann vor der Wärmebildkamera verbergen?
Wie wollte er sie alle kalt machen?
Steven brauchte eine Ewigkeit, um zu begreifen. Die Zeit verlangsamte sich bis zum virtuellen Stillstand. Er sah Jonas an und blinzelte mit rostigen Lidern, dann drehte er knarrend den Kopf, um in die unendlich große Fleischkammer zu starren. Die Neuronen in seinem Gehirn ließen die Botschaft aufflammen wie eine unstete Kerze; langsam mühte sie sich die Nervenstränge entlang und wurde mit zwei Blechbüchsen und einem Stück Schnur an andere Neurone weitergegeben.
Als die Antwort kam, traf sie ihn wie ein Vorschlaghammer.
»Steven!«
Jess’ verzweifelter Schrei ließ ihn herumfahren.
Sie und Pete hockten auf Händen und Knien. Jess mühte sich ab, wieder hochzukommen, doch der rechte Stiefel des Huntsmans stand auf der Paarkette und drückte sie auf den Betonboden nieder. Die Mündung der kleinen schwarzen Pistole stieß immer wieder rutschend gegen Petes heftig hin- und herschlagenden Kopf.
Steven und Jonas bewegten sich als Einheit – anders ging es nicht.
Der Schuss war ohrenbetäubend laut.
Sie fielen über Pete und auf Bob Coffin. Steven hielt die Hand mit der Pistole mit beiden Händen umklammert, drückte sie zu Boden wie eine Schlange und hatte viel zu viel Angst, um loszulassen. Der Schuss hallte noch immer in seinem Kopf wider wie Donnergrollen in einem Blecheimer.
Jonas und der Huntsman rangen neben und unter ihm, aber Steven konzentrierte sich nur auf die Pistole. Seine einzige Aufgabe war die Pistole. Der Huntsman wehrte sich wie der Wahnsinnige, der er war, und Jonas’ Knie und Ellenbogen und auch sein Kopf krachten mehrmals gegen Steven wie ein an einem Steg vertäutes Boot in einem Sturm.
Langsam glätteten sich die Wogen, aber immer noch lehnte sich Steven zitternd vor Anstrengung auf dieses Handgelenk, bis er sah, wie sich Coffins Griff um die Waffe lockerte. Selbst dann hatte er noch zu viel Angst, um loszulassen und die Pistole zu packen. Stattdessen drosch er die Hand auf den Beton, bis die Waffe herausfiel, und benutzte dieselbe Hand dann dazu, die Pistole über den Boden zu schubsen. Maisie und Kylie tappten darauf zu.
»Liegen lassen!«, brüllte er, und sie ließen sie liegen und sahen aus, als hätten sie vor ihm fast ebenso viel Angst wie eben noch vor Bob Coffin.
Einen endlosen Moment lang lag Steven einfach nur da, hielt das reglose Handgelenk umklammert und fragte sich, ob das hier wirklich das Ende des Ganzen sein könnte oder ob Bob Coffin sie vielleicht ganz plötzlich beide abschütteln und sie dann alle ermorden würde – so, wie es immer im Film geschah.
Er sah sich um. Jess half Pete auf die Beine. Pete hatte sich in die Unterhose gepisst, und Steven konnte es ihm nicht verdenken.
Endlich, endlich schaute Steven zur Seite ins Gesicht des Huntsmans.
Jonas Holly hatte Bob Coffin das lange freie Ende seiner Zwingerkette um den Hals geschlungen. Coffin war violett angelaufen, seine kleinen blauen Augen waren weit aufgerissen und starrten in die von Jonas. Kleine Speichelblasen platzten in seinen Mundwinkeln.
»Es ist okay, Jonas! Ich hab die Pistole!«, keuchte Steven.
Jonas suchte in der Tasche des Huntsmans und setzte sich dann aufrecht auf seine Brust. Er tastete nach dem Schloss unter seinem eigenen Kinn, und es öffnete sich mit einem Klicken. Die Kette schlängelte sich mit melodischem Zischen auf Bob Coffins Brust hinab.
Dann erhob sich Jonas, zerrte Steven mit sich in die Höhe und schleifte Coffin, dessen Knie
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