Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
Boden. Sie wünschte, sie hätte nicht angerufen, aber jetzt war es zu spät. Sie musste es einfach hinter sich bringen .
»Ich würde Sie gern sehen, Jonas, eine Sitzung zur Nachbearbeitung.«
So. Kein Drumherumreden. Sobald die Worte heraus waren, fühlte Kate Gulliver sich besser. Mutiger.
»Warum?«
»Das ist üblich so«, antwortete sie, obwohl das nicht ganz stimmte. »Nur um den Übergang zurück in die Arbeitswelt zu erleichtern. Wir lassen die Leute nicht gern hängen.«
»Mir … geht’s gut«, sagte er.
»Das freut mich, Jonas«, beschwichtigte sie. »Aber ich würde meinen Job nicht anständig machen, wenn ich nicht noch einmal mit Ihnen sprechen würde. Sagen wir nächsten Donnerstag?«
So war es viel besser. Jetzt, wo ihr Stift über dem Terminkalender schwebte, hatte Kate das Gefühl, wieder die Oberhand zu haben. So sollte es laufen. Er würde mit nächstem Donnerstag einverstanden sein, und sie würde den Termin mit ihrem goldenen Waterman-Füller eintragen, den ihr ihr Vater zum Examen in Cambridge geschenkt hatte. Dann würde Jonas Holly nächsten Donnerstag in ihre Praxis kommen, und sie könnte ihn noch etwas bearbeiten. Und sich diesmal ganz sicher sein. Und wenn sie sich nicht sicher war, hätte sie die Befugnis, ihn wieder aus dem Dienstplan nehmen zu lassen, und ihr erster, panischer Fehler würde mit jedem Schritt auf diesem Weg kleiner und kleiner werden. Sobald der Füller das Papier berührte, war alles geritzt.
»Nächsten Donnerstag habe ich zu tun«, sagte er. »Jetzt habe ich auch zu tun. Und es geht mir gut.«
Verdammt.
»Das ist wichtig, Jonas.« Die Panik in ihrem Innern verlieh ihrer Stimme ein wenig Schärfe.
Bestimmt hatte er es gehört. Ein endloses Schweigen entstand, während Kate Gulliver sich im wahrsten Sinne des Wortes auf die Lippe beißen musste, um nicht zu betteln.
»Muss ich das machen?«, fragte er tonlos.
Noch nie in ihrem Leben war sie einer dreisten Lüge so nahe gewesen.
»Nein«, antwortete sie verkniffen. »Wenn ich einen Patienten gesundgeschrieben habe, ist er nicht verpflichtet, sich weiter therapieren zu lassen, es sei denn, die Umstände ändern sich.«
»Dann möchte ich das lieber nicht tun.«
»Schön«, erwiderte sie wie eine humorlose Schuldirektorin.
»Trotzdem vielen Dank«, sagte Jonas, der sich nicht so anhörte, als meine er das ernst.
»Natürlich«, antwortete sie. »Bitte vergessen Sie nicht, ich bin da, wenn Sie mich brauchen. Jederzeit, okay?«
»Okay.«
Sie legte auf und sah, dass sie mit der goldenen Feder ihres Examensfüllers ein blaues Tintenloch mitten durch den nächsten Donnerstag gebohrt hatte.
Als Jonas den Hörer wieder auf die Gabel legte, bemerkte er, dass dieser voller Blut war.
Weil seine Hand voller Blut war.
Sein Arm tat erst weh, als er die beiden langen, flachen Schnitte sah, die sich vom Bizeps bis zum Handgelenk hinabzogen. Das Blut war überall auf den Steinfliesen des Flurs, also beugte er den Ellenbogen und ging zurück in die Küche, wo das Spülbecken aussah wie ein Gemälde von Francis Bacon. Das Obstmesser lag auf der Geschirrablage, wo er es liegen gelassen haben musste. Blutstropfen waren auf den Boden gefallen und dort zerstoben wie kleine rote Sonnenscheine.
Jonas spülte seinen Arm unter dem Kaltwasserhahn ab.
Er wickelte ihn in ein Geschirrhandtuch und schlief auf dem Sofa ein.
Reynolds grübelte über den Zetteln.
Ihr liebt sie nicht für Jess Took. Ihr liebt ihn nicht für Pete Knox und für Charlie Peach. Ihr liebt sie nicht für Maisie und Kylie.
Er saß an dem Resopalschreibtisch in der mobilen Einsatzzentrale, bei offener Tür, um einen Luftzug zu erzeugen, der den Schweiß in seinem Nacken trocknen würde. Durch die Tür konnte er einen gelbbraunen Moorlandschaft-Obelisken sehen, gesprenkelt mit Heidekraut und Ginster und gekrönt von einem blassblauen Himmel.
»Glauben Sie, die Zettel sind am Tatort geschrieben worden?«, fragte er.
»Hm?« Rice schaute auf den Computermonitor. Reynolds hatte die Chronik überprüft, und irgendjemand war bereits auf friendscout24 gewesen. Er schrieb das nicht unbedingt Rice zu, doch dabei fragte er sich doch, was ihr perfekter Mann wohl alles würde ankreuzen müssen. Er hätte darauf gewettet, dass »beginnende Glatze« nicht darunter war, und dankte Gott, dass er Maßnahmen ergriffen hatte.
»Ich habe gefragt, glauben Sie, die Zettel sind am Tatort geschrieben worden.«
»Warum?«
»Weil sie auf die entführten Kinder
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