Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab
sämtliche Einwände auf Ihrer Bedenkenliste festhalten. Führen Sie sich vor Augen, dass Sie gerade im Raum der Kritik oder der Realitätsprüfung sind – und gehen Sie bewusst zurück in den inneren Raum der Kreativität. Hilfreich ist es, bei Ablenkungen kurz aufzustehen, sich zu bewegen, vielleicht etwas zu trinken – und notfalls die Arbeit zu beenden, wenn Sie feststecken. Das ist besser, als sich mit inneren Widerständen herumzuquälen. Später werde ich Ihnen noch Tipps für den Umgang mit inneren Widersachern geben (Seite 203).
Selbstverständlich brauchen auch Kritik und Realisierungsprüfung ihren Platz. Wenn Sie die Phase der Ideenfindung (vorerst) abgeschlossen haben, geht es an Recherche, Prüfung und Austausch. Dafür ist eine sachliche Umgebung okay. Immer wenn es dabei nötig wird, einen Punkt zu weiten und weiterzudenken, sollten Sie Ihren »kreativen Raum« nutzen.
Mut zu neuen Lösungen und Antworten
»Wenn Sie lernen, im Alltagsleben kreativ zu sein,
werden Sie vermutlich nicht die Weltanschauungen künftiger
Generationen verändern. Aber Sie werden die Welt anders erleben.«
Mihaly Csikszentmihalyi
Warum tun wir uns oft so schwer damit, einmal ein bisschen weiterzudenken? Warum graben wir unseren Vorgarten lieber noch ein weiteres Mal um, anstatt uns anzuschauen, was wir noch nicht kennen? Klar, es braucht Mut. Wenn ich mir anschaue, welche Möglichkeiten ich wirklich habe, könnte etwas umwerfend Attraktives dabei sein! Und dann gibt es womöglich keinen Weg zurück.
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Meine Klientin Marion hatte seit ihrer Schulzeit in Büros als Sachbearbeiterin und Assistentin gearbeitet. Wie so viele hatte sie sich für diese Karriere entschieden, weil sie keine interessanteren Alternativen für sich gesehen hatte und ihr der Job als sicher und »ganz okay« erschienen war.
Jetzt, mit Anfang vierzig, hatte sie das Gefühl, »noch überhaupt nicht richtig gelebt zu haben«. Und zum ersten Mal im Leben stellte sie sich die Frage: »Was will ich wirklich tun?« Zuerst musste sie sich mit inneren Widersachern auseinandersetzen, weil sie so sehr verinnerlicht hatte, dass Sicherheit und die Meinungen anderer allererste Priorität haben. Aber dann machte sie sich auf die Suche. Egal ob sie las, im Internet surfte, mit Menschen redete oder unterwegs war – immer war sie sehr aufmerksam für Dinge, die bei ihr auf Interesse stießen. Und immer wenn sie zu mir kam, berichtete sie von neuen Ideen, die sie gerade verfolgte.
Dieser Prozess dauerte einige Wochen – doch dann war ihr plötzlich klar, was sie tun wollte: Mit einem Strahlen verkündete mir Marion, dass sie ein Guesthouse in einem kleinen Ort in Thailand eröffnen würde! Ihre Ersparnisse würden dafür erst einmal ausreichen – und dann »würde man schon weitersehen«. Ich wusste, dass sie seit vielen Jahren dort Urlaub machte und immer wieder träumte, dort auch zu leben. Aber durch die intensive Beschäftigung mit ihren Wünschen und Möglichkeiten gewann sie erst jetzt die innere Sicherheit, dass dies wirklich ihr Weg war.
Marions Freunde und vor allem ihre Familie konnten überhaupt nicht verstehen, wie sie so ein Risiko eingehen könne, und taten alles, ihr die Idee auszureden. Es war nicht leicht für sie, sich zu behaupten und damit umzugehen, kaum Unterstützung zu bekommen – aber heute leitet sie tatsächlich ein Guesthouse mit Restaurant, zusammen mit ihrem kanadischen Mann.
Marion ist ein gutes Beispiel dafür, wie viel Mut es oft braucht, einen Herzenswunsch zu entwickeln (und natürlich, ihm zu folgen und gegen innere und äußere Widerstände zu verteidigen!). Bei ihr kam die »perfekte« Idee nicht über Nacht. Aber sie hat sich nicht entmutigen lassen, so lange zu suchen, bis sie mit einer Antwort zufrieden war. Dass vor der Inspiration die Transpiration kommt, haben wir ja schon gesehen.
Wenn wir uns – wie der »Prinz am Pool« – nicht auf die Suche |156| machen, werden die Inspirationen wahrscheinlich ausbleiben. Solange wir glauben, dass gute Ideen schon irgendwann aus dem Nichts auftauchen – oder eben nicht –, haben wir natürlich eine großartige Entschuldigung für unsere Untätigkeit. Und das Risiko, von einer tollen Idee aus dem Trott gerissen zu werden, ist eher klein. Sehr klein.
Bei Marion brauchte es einige Wochen intensiver Auseinandersetzung mit sich selbst und ihren Möglichkeiten, bis sie die Thailand-Idee ernsthaft in Betracht ziehen konnte und sie sofort wusste, dass dies
ihr Projekt
war.
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