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Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab

Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab

Titel: Ihr Pferd ist tot - Steigen Sie ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Diesbrock
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grauen Zellen mit der Zeit nach. Aber: Wir verlieren sie niemals ganz! Ich habe Ihnen ja schon erklärt, dass die Neuroplastizität unseres Gehirns dafür sorgt, dass wir genug »Rechenpower« zur Verfügung haben – wenn wir nur intensiv und lange genug trainieren. Und dies gilt glücklicherweise auch für unsere Kreativität.
    Als Kinder waren wir alle unglaublich kreative Wesen! Wir erfanden pausenlos Geschichten und Identitäten, malten, bauten, bastelten und verwandelten jeden Alltagsgegenstand in etwas Zauberhaftes und Wunderbares. Und das war für uns ganz normal. Einige Menschen, leider nicht die Mehrheit, erhalten sich diese Fähigkeit ein Leben lang. Die meisten lernen aber irgendwann, sich zu vergleichen und zu bewerten, und damit werden die Produkte der eigenen Fantasie Ziele der Kritik von außen und innen. Mit der Zeit erscheint es uns vernünftiger, die Welt so zu sehen und uns so zu verhalten, wie andere Menschen es anscheinend auch tun.
    Denn es ist ungefährlicher, nur solche Ideen, Gedanken und Sichtweisen zu äußern, die nicht allzu anders sind als die Ideen, Gedanken |150| und Sichtweisen der Mehrheit. Und dann denken wir bald nur noch auf diesen Bahnen – und können uns gar nicht mehr vorstellen, welche anderen Bahnen es überhaupt geben könnte. Unsere Schulen, Universitäten und Ausbildungsstätten fordern vieles von uns, an unserer Kreativität zeigen sie aber sehr wenig Interesse. Warum sollte ein Jurist, Bankkaufmann, Polizist, Verkäufer oder Arzt auch bitte schön kreativ sein? Im Großen und Ganzen ermutigt und erzieht uns unsere Gesellschaft also nicht gerade zu kreativen Menschen.
    Was hat Ihre berufliche Entwicklung mit Kreativität zu tun?
    Wenn Sie zu den vielen Menschen zählen, die sich bisher kaum gefragt haben, welche beruflichen Möglichkeiten ihnen wirklich zur Verfügung stehen, lautet die Antwort auf diese Frage wahrscheinlich: Bisher anscheinend nicht viel. Aber das könnten Sie ändern: Unsere innere Freiheit bestimmt, ob wir uns erlauben, unsere Wünsche ernst zu nehmen und nach Möglichkeiten zu suchen, sie uns zu erfüllen. Unsere Kreativität brauchen wir, um diese Möglichkeiten auch zu entdecken und uns zu entwickeln.

    Silke war seit über zehn Jahren bei einem Architekturbüro als Bauleiterin angestellt. Sie erzählte mir, dass sie sich schon lange überfordert fühlte: Einerseits hatte sie einen hohen Leistungsanspruch an sich selbst, aber andererseits so viele unterschiedliche Aufgaben, dass sie ihnen einfach nicht gerecht werden konnte. Obwohl sie eine energievolle und zielstrebige Frau war, schien sie diesem Stress nicht mehr gewachsen zu sein, was ich gut verstehen konnte. Jetzt wollte sie sich auf die Suche nach einer neuen Tätigkeit machen, die ihr mehr entsprach.
    Ich bat sie, doch einmal alle möglichen Alternativen aufzuschreiben. Auf der Tafel standen dann Begriffe wie »selbstständige Architektin«, »ein Hotel leiten«, »Möbel entwerfen«, »Reisen organisieren«. Sie erklärte mir die einzelnen Punkte, aber jede Idee schien ihr zu eng und langweilig zu sein – sie hatte
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sich schließlich darüber schon lange Gedanken gemacht. Ich fragte sie dann, ob sie auch schon einmal überlegt hatte, diese Punkte miteinander zu kombinieren? Gäbe es vielleicht Möglichkeiten, als Architektin für oder mit Hotels zusammenzuarbeiten? Oder was käme dabei heraus, wenn sie die Begriffe »Architektur« und »Reisen« zusammenbrächte? Für Silke war dies ein ganz neuer Blickwinkel: Bisher hatte sie ausschließlich in den engen Bahnen der einzelnen Möglichkeiten gedacht. Indem sie jetzt ihre Interessen und Fähigkeiten miteinander kombinierte, entstanden plötzlich viele neue Optionen.
    Als wir uns zur darauf folgenden Coachingstunde trafen, brachte sie ein großes Blatt mit, auf dem sie mehr als dreißig verschiedene berufliche Ideen gesammelt hatte. Natürlich hat sie später nur eine davon umgesetzt – aber ohne die Inspiration durch die große Vielfalt wäre sie wahrscheinlich niemals auf die entscheidende Idee gekommen.

    Silke hat für sich das Rad nicht neu erfunden, aber indem sie sich erlaubte, ihre Optionen auf bisher ungewohnte Weise miteinander zu verknüpfen und zu weiten, konnte ihr Gehirn auf neuen Bahnen denken. »Kreativ zu suchen« heißt also nicht, möglichst verrückte und damit wahrscheinlich untaugliche Ideen zu produzieren, sondern neue Perspektiven einzunehmen und so zu erkennen, was wir sonst im Alltagstrott und unter dem

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