Ihr stolzer Sklave
fragte er sich, ob die Schuld nicht doch bei ihm lag. Wollte sie ihn wirklich nicht? Niemals würde er ihr seine Aufmerksamkeiten aufzwingen.
Lieber wollte er eine keusche Ehe führen, als ohne Iseult an seiner Seite zu leben.
„Im Morgengrauen werde ich mit den Männern aufbrechen“, sagte er.
„Und mir gefällt nicht, was zwischen uns ist. Du bist mir immer noch böse.“ Seine Hand berührte ihren Nacken, und endlich sah sie ihn an.
„Ich habe Angst, Davin“, gestand sie. „Warum musst du gegen sie kämpfen?“
„Weil ich es richtig finde, meinen Stamm zu verteidigen, anstatt den Feind kommen zu lassen, damit er sich nimmt, was er will. Dich eingeschlossen.“ Sie ließ die Schultern hängen. Besorgnis zeigte sich in ihrem Gesicht.
„Wer wird zurückbleiben und uns verteidigen, wenn du und deine Männer in der Schlacht fallen?“
„Wir werden euch nicht im Stich lassen“, schwor er. Doch er sah den Zweifel in ihren Augen. Und er fragte sich, was sich geändert hatte. Sie war seltsam ruhig, fast argwöhnisch ihm gegenüber. „Wieso glaubst du, ich ließe zu, dass dir etwas geschieht?“
„Wenn man mich entführt hätte, wärst du gekommen und hättest nach mir gesucht?“
„Natürlich!“ Wie konnte sie nur etwas anderes glauben? „Ich hätte nicht eher geruht, bis ich dich wieder nach Hause gebracht hätte. Das musst du mir glauben.“ Er zog sie in seine Arme, aber sie reagierte nicht darauf. „Du bedeutest mir alles, Iseult. Ich würde nie aufhören, nach dir zu suchen.“
„Und doch willst du, dass ich aufhöre, nach meinem Sohn zu suchen.“ In ihrer Stimme schwang eine Anklage mit.
Das war es also. Am liebsten hätte er einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen. Endlich konnte er etwas gegen ihren Zorn unternehmen.
„Wenn das hier vorüber ist, werde ich so lange mit dir auf Suche gehen, wie du willst“, versicherte er ihr.
Er hatte zwar gehofft, sie würde damit nachlassen, doch wie es schien, würde es noch einige Zeit dauern. Er bezweifelte, dass sie den Jungen je finden würden, so groß wie Irland war. Keine Spur hatten sie bislang von Aidan entdeckt. Und er war nicht allzu sehr enttäuscht darüber.
Es war nicht sein Kind, und er krümmte sich innerlich bei dem Gedanken, einen Sohn zu sehen, der nicht von seinem Blut war. Es würde ihn nur daran erinnern, dass Iseult ihren Körper auch einem anderen Mann hingegeben hatte und nicht nur ihm. Er wusste, dass diese eifersüchtigen Gedanken nicht richtig waren, aber er kam nicht gegen sie an.
„Wenn das hier vorbei ist, wirst du dann für mich auf die Sklavenmärkte gehen?“, fragte sie.
„Warum?“
„Ich möchte wissen, ob irgendjemand Aidan in die Sklaverei verkaufte.
Wenn dies geschah, dann gibt es vielleicht Aufzeichnungen darüber.“
„Es ist bald ein Jahr her“, erinnerte er sie. „Ich weiß nicht, ob solche überhaupt so lange aufbewahrt werden.“ Als sie ihn nicht ansehen wollte, sah er seine Chancen schwinden. „Aber ich werde es versuchen.“
„Schwöre es mir.“
„Ich schwöre es.“ Was es auch sein würde, er würde es tun, um Iseult zu halten. Davin nahm ihre Hände in die seinen und streichelte ihre kalten Finger. „Wenn es Antworten gibt, werde ich sie finden.“ Iseult drückte seine Hand. „Ich hoffe es.“
Niamh fragte sich, wieso Männer das Bedürfnis hatten auszureiten, um die Gefahr zu suchen. Es hatte sie doch keiner angegriffen, oder? Und in ihrem Herzen wusste sie, dass viele Stammesbrüder nicht lebend zurückkehren würden.
Als sie fortritten, sah sie jedem von ihnen nach, und ihr Blick fiel auf Davin Ó Falvey. Schön wie die Sonne war er. Ein goldener Gott von einem Mann, der sie noch nie beachtet hatte, obwohl sie schon die letzten sechs Jahre bei seiner Familie in Pflegschaft war. Sie war wie seine kleine Schwester, immer da.
Er ritt an ihr vorbei. Sein Blick war auf die anderen gerichtet. In aller Ruhe überzeugte er sich, dass jeder Mann seine Waffen und seinen Proviant dabeihatte. Und Niamhs Herz sank bei dem Gedanken, dass er sterben konnte.
„Davin!“, rief sie, raffte die Röcke und rannte auf ihn zu.
Er schenkte ihr ein freundliches Lächeln, eines, das ein Mann einem Kind schenkte. „Was ist, Niamh?“
Geh nicht, wollte sie sagen. Verlass uns nicht . Aber er musste es ja tun, nicht wahr? Als ihr zukünftiger Stammesführer war das seine Aufgabe.
Als sie anscheinend
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