Ihr stolzer Sklave
Vorbereitungen für Beltaine beschäftigt. Aus den Hütten stiegen köstliche Düfte auf, und Iseult bewunderte das Grün und die Blumen, die überall zu sehen waren.
Sie brachte Deenas Pferd zurück und führte das Tier zu einem Trog mit Wasser, bevor sie zu Muirnes Hütte ging. Zwischen dem Reet des Daches sah sie Weißdornzweige, und sie wusste, sie waren von Davin.
„Da bist du ja!“ Muirne strahlte, als sie Iseult erblickte. „Komm und schau dir die Geschenke an, die er geschickt hat.“
Iseult musste nicht fragen, wer mit „er“ gemeint war. Und das Herz sank ihr, als sie die Brauttruhe sah.
Muirnes Pflegesöhne stürmten herbei und sprangen aufgeregt herum.
„Mach sie auf, Iseult! Ich möchte sehen, was er dir schenkt“, rief Glendon aus.
„Ich auch“, stimmte Bartley ein. Beide Jungen hüpften um die Truhe herum, und ihre Augen strahlten, als seien sie davon überzeugt, das Behältnis wäre voller Honigkuchen.
Muirne scheuchte die Jungen aus dem Weg. „Nun, Burschen, lasst Iseult sie öffnen.“ Sie maß ihre „Pflegetochter“ mit einem scharfen Blick. „Was ist geschehen?“
„Es ist nichts.“ Iseult strich über die edle und schöne Arbeit auf dem Truhendeckel und erinnerte sich daran, wie Kieran sie angesehen hatte, bevor er ihr Bildnis in Holz schnitzte. Sie ließ die Finger über die geschwungenen Linien gleiten, so wie sie sie erst vor ein paar Stunden über seinen Körper hatte gleiten lassen. Iseult unterdrückte ein Schaudern.
Tief Luft holend, hob sie den Deckel. Sie roch den Duft von Veilchen. Er rührte von einem in Leinen eingewickelten getrockneten Blumenstrauß her.
Blaue, rote, rosa- und cremefarbene Gewänder lagen in der Truhe. Muirne stieß wegen der kostbaren Stoffe Schreie des Entzückens aus.
„Die hat er von Händlern gekauft“, sagte sie und hielt eines der Kleider hoch. „Das ist Seide. Vielleicht aus Byzanz.“ Beinahe ehrfürchtig betrachtete sie das Gewand.
Iseult schloss bestürzt die Augen. Davin hatte ein Vermögen dafür ausgegeben. Das hätte sie nie erwartet, und ihre Schuld wog dreimal so schwer. Mit zitternden Händen packte sie die Kleider fort und schloss den Deckel. Sie konnte nicht länger mit dem Lösen der Verlobung warten. Es musste jetzt geschehen.
„Könnte ich mit dir sprechen?“
Davin wandte sich von den Pferden ab und sah Iseult vor sich stehen. Sie trug das Haar offen. Wie ein rotgoldener Mantel fiel es ihr auf die Hüften hinab. Die Abendluft war kalt und wehte ihr ein paar Strähnen ins Gesicht.
Ihr cremefarbenes Überkleid fiel in anmutigen Falten über das safrangelbe léine , das sie daruntertrug. Sie hatte die Haltung einer Königin und nicht die der Tochter eines Schmieds. Doch ihre Lippen lächelten nicht.
Davin wurde misstrauisch. Seit etlichen Wochen war Iseult nun schon unglücklich, genau genommen seit der Schlacht gegen die Lochlannachs.
Er hegte den Verdacht, dass das, was immer sie bedrückte, keine willkommene Neuigkeit sein würde.
„Natürlich.“ Er schüttete für die Pferde einen Eimer Hafer in den Trog und tätschelte seinen Hengst Lir. „Hast du die Truhe erhalten, die ich in Muirnes Hütte bringen ließ?“
„Ja, danke.“ Auf ihrem Gesicht lag immer noch kein Lächeln, aber eine leichte Röte stieg in ihre Wangen. Hatte er etwas falschgemacht? Ihre Worte waren viel zu höflich. Die meisten Frauen wären überglücklich gewesen über die Schätze, die er gekauft hatte. Er hatte sie mit exotischen Stoffen beschenken wollen, mit Seide, die ihrer Schönheit wert war. Doch sie benahm sich auf eine Weise, wie er es noch nicht an ihr kannte. Gerade so, als würde sie etwas vor ihm verbergen.
Ein hässlicher Verdacht verdüsterte seine Gedanken. Davin erinnerte sich an eine Unterhaltung zwischen seiner Mutter und seinem Vater letzte Nacht, die er eigentlich nicht hatte hören sollen. Da hatte Neasa behauptet, sie habe gesehen, wie Iseult sich in Kierans Hütte geschlichen habe.
Davin hatte es nicht ernst genommen. Er kannte ja die feindselige Haltung der Mutter seiner Braut gegenüber. Es war nur Neasas Art, Ärger zu machen. Iseult hatte Kieran kaum einen Blick geschenkt. Wie es schien, war sie ihm immer aus dem Weg gegangen. Und nicht nur das, Davin hatte auch erfahren, dass der Holzschnitzer bereits fort war.
Vielleicht hatte sie schlechte Nachrichten über ihren Sohn. „Geht es um Aidan?“
„Nein. Es ist etwas
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