Ihr stolzer Sklave
getan. Er griff nach seinem Dolch und strich über dessen Heft.
Aber jetzt war sie fort. Ohne ein Lebewohl hatte sie ihn verlassen. Einzig Deena hatte sie Bescheid gegeben. Und die Heilerin behauptete, Iseult sei zu ihrer Familie gegangen. Aber er glaubte ihr nicht.
Sie hatten einen Narren aus ihm gemacht. In ihm kochte die Wut.
Sein Pflegebruder Orin näherte sich ihm und scharrte mit dem Fuß im Staub, als hätte er Angst zu sprechen.
„Was ist?“, fauchte Davin.
„Dein Vater fragt nach dir. Er will deine Ansichten zu einigen Dingen hören.“
Er biss die Zähne zusammen. Alastar brauchte seine Meinung nicht.
Wenn es um Dinge ging, die den Stamm betrafen, hatte er immer gemacht, was ihm gefiel. „Er ist der Stammesführer. Lass ihn die Entscheidungen fällen.“
Orin verschränkte die Arme und schaute zu Boden. „Darum geht es nicht.
Er hat für dich ein Treffen mit einer anderen Braut arrangiert. Er will den Donovan-Clan besuchen, und er möchte, dass du ihn begleitest.“ Zum Teufel mit den Einmischungen seines Vaters! „Ich heirate die Frau meiner Wahl oder überhaupt nicht.“
„Es sei eine gute Verbindung, sagt er.“ Orin sah zu ihrer Hütte hinüber.
„Treff dich doch wenigstens mit ihr.“
Davin weigerte sich, auch nur darüber nachzudenken. Ihm lag nichts an der Tochter eines Stammesführers, die den gleichen Rang wie er besaß. Er wollte Iseult oder keine.
„Er kann allein reiten“, erwiderte er. „Ich werde sie nicht heiraten.“ Davin ging zu der Palisadenwand hinüber und starrte gen Osten. Was war mit Iseult geschehen?
Er musste wissen, ob sie ihn betrogen hatte. Die Eifersucht tobte in ihm und ließ seinen Zorn bis zum Siedepunkt steigen. Schließlich begab er sich zu den Pferdeställen. In seinem Kopf nahm ein Plan Gestalt an.
„Wo gehst du hin?“, fragte Orin.
„Ich habe selbst eine Reise zu machen.“ Er würde losreiten und Iseults Eltern aufsuchen. Dann würde er erfahren, ob sie ihm die Wahrheit gesagt hatte.
„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“ Orin beäugte ihn misstrauisch. „Dein Vater …“
„Sag mir nicht, was ich zu tun habe“, unterbrach Davin seinen Pflegebruder. „Ich suche mir meine Braut aus, nicht mein Vater.“ Auch wenn es unsinnig sein mochte, von Iseult zu träumen, so hatte er noch nicht die Hoffnung aufgegeben. „Ich werde dem MacFergus-Clan einen Besuch abstatten.“
„Tu das nicht, Davin“, drängte Orin. „Sie hat sich entschieden.“ Davin erstarrte. Er wollte es nicht akzeptieren. „Eine Frau kann ihre Meinung ändern.“
Und er hatte vor, alles Notwendige zu tun, um sie zurückzugewinnen. Sie gehörte ihm und keinem anderen.
Eine Mondphase war erst vergangen, und Kieran reiste in das Land des MacFergus-Clans, um Fragen über Aidan zu stellen. Ohne Pferd brauchte er viel Zeit, bis er seinen Bestimmungsort erreichen würde, aber ihm machte die Einsamkeit nichts aus. Mit jedem Tag, der verging, erneuerten sich seine Ausdauer und Kraft. Die Albträume von Egan quälten ihn nicht länger, aber der Gedanke an den Verlust Iseults überfiel ihn immer wieder und völlig unerwartet.
Als er vor etlichen Abenden dabei war, einen Fisch für seine Mahlzeit auszunehmen, hatte er an ihre verlorene Wette denken müssen. Selbst als er sich nur einen einfachen Löffel schnitzte, sah er ihr Gesicht vor sich, ihre reine Schönheit, die ihm nie gehören würde.
Als Kieran schließlich die Siedlung des Clans erreichte, hielt er sich einige Tage versteckt, beobachtete die MacFergus’ und hielt Ausschau nach jenen, die für Aidans Verschwinden gesorgt haben könnten. Die Suche nach Iseults Sohn gab ihm das Gefühl, ein Ziel vor Augen zu haben.
Und dann, völlig unerwartet, entdeckte er Iseult. Warum war sie hier? War sie allein gekommen?
Er zeigte sich ihr nicht und hielt sich in seinem Lager im Wald verborgen, aber er verfolgte sie mit seinen Augen. Wie ein Verhungernder sättigte er sein Verlangen an ihrem Anblick. An diesem Abend trug sie ein weißes Kleid, das ihre zarte Gestalt unterstrich. Sie war wie eine Fee, die ihn gefangen hielt.
Aber sie war nicht glücklich. Er konnte die Einsamkeit und Traurigkeit in ihrem Gesicht lesen. Kieran lehnte sich an eine Birke und überlegte, ob er auf die Lichtung hinaustreten sollte.
Aber was sollte er sagen? Dass er eine Spur ihres Sohnes entdeckt hatte? Dass er sie brauchte, um die Identität des
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