Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
Böses antun? Mein Leben habt ihr doch schon ruiniert. Da ist nicht mehr viel zu holen. In zwei bis fünf Jahren bin ich hier raus und aus die Maus.«
» Das ist nicht gesagt«, sagte Inga Jäger ernst und geschäftlich und setzte sich ihm selbstbewusst gegenüber. » Sollte eine Prüfungskommission nämlich befinden, Sie stellen auch nach Ihrer Haftzeit noch eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, Herr Eser, gibt es da schließlich immer noch die Möglichkeit der geschlossenen Sicherungsverwahrung. Und die kann dann wirklich bis zum Ende Ihres Lebens andauern.«
» Na und?«, knurrte Eser gleichgültig. » Mir soll’s nur recht sein, hier drin zu bleiben. Da draußen wartet eh nichts mehr auf mich. Hier aber… hier kenn ich mich aus. Hier bin ich wer.« Er deutete mit dem absichtlich ausgestreckten Mittelfinger auf das Strichbündel an der Schläfe.
Inga Jäger ignorierte die rüde Geste, die wahrscheinlich viel weniger als Beleidigung als als plumpe Anmache gedacht war.
» Hier bist du wer? Glaubst du? Und wenn ja, wie lange denn noch?«, fragte Gebert zynisch. » Noch ein paar Jährchen vielleicht, und die Jüngeren machen dich zu ihrer Pussy. Dann schlagen sie dir die Zähne aus, damit sie dich gefahrlos in den Hals ficken können, und du ernährst dich nur noch von Grießbrei und Erbseneintopf, während dein gesamtes mit Papiertütenkleben verdientes Taschengeld für Penatencreme gegen deine dauerbrennende Rosette draufgeht.«
» Träum weiter, Cop«, sagte Eser. » Dazu müssen die erst mal an meinen Leutnants vorbei.«
Im Gefängnis sind Leutnants Getreue, deren Loyalität man sich sichert, indem man sie, wenn sie noch neu im Knast und unvernetzt sind, unter seine Fittiche nimmt und beschützt.
Offenbar hatte Eser es hier in der JVA weit gebracht. Das erklärte auch, warum er so selbstsicher und dreist auftrat.
Aber es erklärte nicht seine unverhohlene Feindseligkeit ihnen gegenüber.
» Gerade die werden sich beim allerersten Anzeichen von Schwäche brüderlich vereint auf dich stürzen wie die Haie beim Geruch von frischem Blut«, prophezeite Gebert mit aufgesetzt hässlichem Lachen. » Das weißt du sehr viel besser als ich.«
Esers Kiefer mahlten. Für Inga Jäger ein Zeichen dafür, dass ihm sehr wohl bewusst war, dass Gebert recht hatte.
Er wollte gerade etwas sagen, als sie ihm zuvorkam.
» Ist gut jetzt«, sagte sie– in beide Richtungen. » Wir sind nicht hier, um Schwanzlängen zu vergleichen. Und ganz bestimmt auch nicht, um Sie zu bedrohen, Herr Eser, oder die Notwendigkeit einer Sicherungsverwahrung zu analysieren.«
» Warum, meine Schöne, sind Sie dann hier?«, fragte er und lehnte sich betont gelassen in seinem Stuhl zurück, ohne jedoch das Lauernde aus seinem Blick zu nehmen. Er war von Misstrauen geradezu zerfressen.
» Wir haben lediglich ein paar Fragen an Sie.«
» Fragen, soso.« Er war völlig desinteressiert.
» Vielleicht springt dabei ja auch etwas für Sie heraus«, sagte sie ködernd.
Das kurze Weiten seiner Augen verriet, dass er für einen guten Deal durchaus zu begeistern war. Dennoch markierte er weiter den Coolen. » Und was springt vielleicht für mich dabei raus?«
» Das hängt ganz davon ab, wie Ihre Antworten ausfallen«, sagte sie. » Entweder noch einmal lebenslänglich oder die Freiheit und volle Rehabilitation.«
» Noch einmal lebenslänglich?« Er legte neugierig den Kopf auf die Seite. » Sie wollen mir doch nicht schon wieder etwas anhängen?«
» Oder die Freiheit und volle Rehabilitation«, wiederholte sie. » Wie gesagt, das kommt ganz darauf an, wie Ihre Antworten ausfallen.«
» Sie machen es spannend, Lady«, sagte er. » Aber ich kann Ihnen beim besten Willen nicht folgen.«
» Ihren Unterlagen zufolge behaupten Sie noch immer, nach all den Jahren, Sie seien zu Unrecht verurteilt«, sagte Inga Jäger.
» Das ist keine Behauptung!«, entgegnete er scharf. » Das ist die verdammte Wahrheit, so wahr mir Gott helfe! Die will nur keiner hören. Ich habe meine Frau… Magda… ich habe sie nicht ermordet.«
» Das Gericht sah das anders«, sagte Inga Jäger. » Und die damals vorgelegten Beweise…«
» Es gab nie irgendwelche Beweise!«, unterbrach er sie. » Nur Indizien und die bescheuerte Statistik.«
» Was meinen Sie?«
» Na, die Statistik, die besagt, dass bei einem Mord meistens der Ehepartner der Täter ist«, erklärte er unnachgiebig. » Die macht, wie in meinem Fall, den Ehepartner direkt schon am Anfang jeder
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