Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
Verbeugung willkommen zu heißen.
Sie betraten die mit leisen Pianoklängen erfüllte Halle aus hellem Marmor und gingen direkt zur Rezeption. Inga Jäger fühlte sich immer ein wenig fehl am Platz in solchen Luxusherbergen, aber Gebert schien vollkommen unbeeindruckt.
Der Concierge hinter dem ebenfalls aus Marmor gefertigten Tresen war von ähnlich imposanter Statur wie der Kriminalhauptkommissar, aber schon kurz vor dem Rentenalter. Er verneigte sich höflich und fragte sie mit freundlich bassbrummiger Stimme, was er denn für sie tun könne.
Auch ihm präsentierte Gebert mit einer zwanglosen und für umstehende Gäste unauffälligen Bewegung seinen Ausweis. » Guten Tag. Wir suchen einen Mann namens Ludwig Krüger.«
» Augenblick«, sagte der Concierge dienstbeflissen und begann ohne Umschweife damit, den Namen in den vor ihm in den Tresen eingebauten Computer einzutippen.
» Nach allem, was wir wissen, arbeitet er hier«, unterbrach Inga Jäger ihn, weil sie zu Recht vermutete, dass er ihn gerade in den Gästedateien suchte.
» Oh«, sagte der Concierge und hörte auf zu tippen. » Ludwig Krüger, sagten Sie?«
» Genau.«
Er dachte nach– schüttelte dann aber schließlich den Kopf. » Das sagt mir nichts. Nie gehört. Aber Moment. Ich frage mal für Sie in der Personalabteilung nach.«
Er nahm das Telefon zur Hand und wählte. Es wirkte in seiner großen Hand ähnlich spielzeughaft wie Geberts Handy in der seinen, und auch das Eingeben der Nummern gestaltete sich gleichermaßen unbeholfen. Inga Jäger fand bei dem Anblick, dass es eine hervorragende Geschäftsidee wäre, endlich wieder echte Telefone für echte Männer zu entwickeln und ihnen damit wieder ein Stück ihrer Würde zurückzugeben.
» Hallo, Frau Möller«, sagte er, als die Verbindung endlich stand. » Concierge Hennicken hier. Ich bin auf der Suche nach einem Ludwig Krüger. Soweit ich informiert bin, soll er hier bei uns im Hotel arbeiten.«
Er wartete und setzte eine Miene auf, die gleichzeitig Zuversicht versprach und um Geduld bat.
» Ah«, sagte er dann in den Hörer. » In der Topfspüle? Sie meinen unseren Lui?– Ja, da wär ich aber nie drauf gekommen. Danke, Frau Möller.– Auf Wiederhören.«
Er drückte nach mehreren Sekunden Suche auf die Beenden-Taste des kleinen Apparats, legte ihn zur Seite und winkte einem Hotelpagen, der unweit bereitstand. Sofort kam der junge Mann mit steifen, aber großen Schritten herbeigeeilt.
» Marcel«, nannte ihn der Concierge. » Sei doch bitte so freundlich und führe die Herrschaften in die Spülküche zu Lui.«
» Danke«, sagte Inga Jäger.
» Stets zu Diensten, gnädige Frau«, erwiderte Hennicken mit einer Verbeugung der alten Schule.
» Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, forderte der Page mit Namen Marcel sie auf und ging voran.
Mit der typisch stolzgeschwellten Brust eines Jungen in Uniform führte er sie von der Halle aus in einen langen holzgetäfelten Gang, zu dessen Linken das Hotel-Restaurant lag. Am Ende des Gangs ging es rechts durch eine sich automatisch öffnende Schiebetür hindurch in die Küche.
Hier herrschte reges Treiben, es war gleich sehr viel lauter als draußen in der Lobby, und die köstlichsten Aromen stiegen Inga Jäger verführerisch in die Nase, sie schmerzlich daran erinnernd, dass sie seit gestern Abend und dem Stück Nougat-Schoko-Kuchen, den sie mit Tanya gebacken hatte, nichts mehr gegessen hatte. Den Kopenhagener namens Abbeldasch zählte sie nicht mit, der war nicht lange genug bei ihr geblieben.
Page Marcel geleitete sie an einer kleinen Armee wuselnder und Töpfe und Pfannen schwingender Köche vorbei nach hinten in die Spülküche– genauer gesagt, die Topfspüle.
Bergeweise türmten sich hier, umgeben von heißem Wasserdampf, schmutzige Kessel und Stielkasserollen, Backbleche und Grillroste. Dahinter ein einzelner Mann, der sich mit großem Eifer, aber leerem Blick die Seele aus dem nach vorne gebeugten Leib schrubbte, wobei ihm der Schweiß in Bächen von der Stirn lief.
» Lui, komm mal her!«, rief Marcel in fast schon militärischem Befehlston, und der Topfspüler schaute erschrocken auf, um gleich darauf gehorsam zu ihnen zu schlurfen. Inga Jäger fragte sich, wie tief man wohl in den Augen anderer gesunken sein mochte, wenn selbst ein Hotelpage einem Anordnungen erteilte.
» Guten Tag«, sagte er unterwürfig und gleichzeitig argwöhnisch.
Inga Jäger fielen gleich die rot geäderte Nase, die aufgedunsene Haut und die
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