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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
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das schon.«
    Sie gehörte wahrlich nicht zu den Menschen, die sich aufgrund ihrer Position die Rosinen einer Ermittlung aus dem Kuchen pickten und die Drecksarbeit dann anderen überließen.

33
    Professor Götz nickte dem Wachmann zu, der vor der Tür stand, und er schloss sie auf. Sie betraten das alte Gemäuer und kamen zuerst in einen Käfig, hinter dessen jenseitiger Tür eine weitere Wache stand. Keiner der beiden Wachleute sah aus wie ein Krankenpfleger; sie waren hochgewachsen und muskelbepackt. Waschechte Schließer, in deren kantigen Gesichtern in etwa so viel Emotion zu lesen war wie auf einem Klumpen Granit.
    Der zweite Wachmann wartete stumm und bewegungslos auf seiner Seite des Gitters, bis der erste die Außentür wieder sorgsam von draußen verriegelt hatte, ehe er ihnen mit fast schon bedächtigen Handgriffen die innere Tür öffnete.
    » Bewegen Sie sich bitte, wie ich bereits draußen sagte, zu Ihrer eigenen Sicherheit ausschließlich in der Mitte des Ganges«, sagte Professor Götz leise und ging vor.
    Der Gang, den er meinte, war etwa vier bis viereinhalb Meter breit und links und rechts von vergitterten Zellen gesäumt, die lediglich von einer einzigen Reihe schwacher Neonlampen an der Decke beleuchtet waren.
    Inga Jäger fühlte sich augenblicklich ins tiefste Mittelalter zurückversetzt.
    Das Wort Kerker kam ihr in den Sinn.
    Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass es so etwas wie diese Anlage heutzutage tatsächlich noch gab.
    Die Basaltmauern waren dunkel und schimmerten speckig, die Gitterstäbe bestanden aus dickem, schwarzem Schmiedeeisen.
    Es hätte sie nicht gewundert, wenn auch noch Stroh auf dem Boden gelegen hätte.
    » Frischfleisch«, flüsterte eine gespenstische Stimme von rechts, und Inga Jäger wäre beinahe dem Impuls gefolgt, sich nach dem Laut herumzudrehen.
    Sofort wurde das Wort wie ein Echo aus einigen der anderen Zellen wiederholt.
    » Frischfleisch.«
    » Frischfleisch.«
    » Frischfleisch.«
    Es lag Auf- und Erregung in den sowohl männlichen als auch weiblichen Stimmen… und Neugier. Aber vor allem klangen sie auf eine sadistische Weise amüsiert; ganz so als wüssten sie ziemlich genau, wie viel Angst sie mit ihrem unheiligen Singsang bereiteten und als würden sie sich an dieser Angst laben.
    » Frischfleisch.«
    » Ignorieren Sie sie einfach«, sagte Professor Götz leise, aber eindringlich. » Wenn Sie nicht darauf reagieren, hören sie ganz von selbst wieder auf. Und nicht hinsehen. Schenken Sie ihnen auf keinen Fall irgendeine Form von Aufmerksamkeit.«
    Es fiel Inga Jäger schwer, den Rat zu befolgen, aber sie vertraute dem Urteil des Arztes.
    » Helfen Sie mir!«, rief da plötzlich eine weibliche Stimme flehend von links, und unwillkürlich drehte die Staatsanwältin sich jetzt doch herum.
    Sie sah eine Frau Ende dreißig.
    Ausgemergelt, zartgliedrig.
    Doch ihre Anstaltskleidung war makellos wie auch ihre strenge Frisur. Sie warf sich in ihrer kleinen Zelle auf die Knie und faltete die Hände wie zum Gebet. Ihre durch ihren abgemagerten Zustand groß wirkenden und von dunklen Ringen umgebenen Augen waren feucht mit Tränen.
    » Bitte, so helfen Sie mir doch!«, rief sie. » Wer immer Sie auch sein mögen, gute Frau! Man hält mich hier zu Unrecht gefangen. Zu Unrecht, ja! Das alles ist ein furchtbarer Irrtum. Ich schwöre, ich habe niemandem etwas getan. Bitte!«
    Ihr Blick war so eindringlich ehrlich und herzzerreißend, dass es Inga Jäger die Brust zuschnürte. Das offensichtliche Elend der Frau berührte ihr Herz. Aber sie war auch schon lange genug Polizistin und Staatsanwältin, um zu wissen, wie leicht der äußere Schein trog und dass sich die Bösen nicht dadurch auszeichneten, dass sie auch böse aussahen.
    Ganz im Gegenteil.
    » Weswegen ist sie hier?«, fragte sie den Anstaltsleiter.
    » Belasten Sie sich damit bitte nicht.«
    » Weswegen?«, beharrte sie dennoch.
    » Sagen Sie es ihr lieber, Herr Professor«, meinte Kommissar Gebert. » Sie hört sonst, wie ich sie kenne, eh nicht auf, Sie zu löchern.«
    » Also gut, aber nur, weil Sie selbst darauf bestehen«, sagte Professor Götz. » Der Name der Patientin ist Anna-Maria Rotar. Sie ist eine deutschstämmige Rumänin aus Hermannstadt und hat im Verlauf von vier Jahren ganze siebzehn osteuropäische Kinder adoptiert, sie jeweils eine Zeitlang prostituiert und sie anschließend ermordet, um dann aus ihrem ausgelassenen Körperfett und ihren zu Staub gemahlenen Knochen eine angeblich die

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