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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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hinsichtlich der bevorstehenden Reise.
    In der Dunkelheit klammerte er sich an mich. »Victoria Iphi-genia, ich liebe dich wegen deiner Leidenschaft und deiner Wahrheitsliebe. Wenn mir irgend etwas passieren sollte - womit ich nicht rechne -, hast du den Namen meines Anwalts.«
    »Dir wird nichts passieren, Morrell.« Meine Wangen waren naß; eng umschlungen schliefen wir ein.
    Der Wecker riß uns wenige Stunden später aus dem Schlaf; ich ging mit den Hunden rasch eine Runde um den Block, während Morrell Kaffee kochte. Er hatte in der Nacht alles gesagt, was zu sagen war; auf der Fahrt zum Flughafen schwiegen wir. Die Hunde, die unsere Stimmung spürten, winselten unruhig auf dem Rücksitz. Morrell und ich halten beide nichts von langen Abschieden: Ich setzte ihn am Eingang zum Terminal ab und fuhr sofort weiter, ohne zu warten, bis er hineingegangen war. Wenn ich nicht sah, wie er abreiste, war er vielleicht gar nicht weg.

24
    Ein Walroß tut Dienst
    Um halb neun Uhr morgens war der Verkehr in Richtung Innenstadt praktisch zum Erliegen gekommen. Nach meinen Erlebnissen vom Vorabend hatte ich keine Lust auf eine weitere anstrengende Fahrt. Don würde erst am Nachmittag wieder in Morrells Wohnung zurückkehren, also konnte ich mich dort ein bißchen ausruhen. Ich umging die Expressways und stürzte mich statt dessen in die etwas andere morgendliche Rush-hour: Kinder auf dem Schulweg, Ladeninhaber und Angestellte, die die kleinen Geschäfte in der Gegend aufschlossen. Sie verstärkten mein Gefühl der Labilität noch: Morrell weg, eine große Lücke in meinem Leben. Warum wohnte ich nicht in einem dieser ordentlichen weißgestrichenen Häuser, und die Kinder saßen in der Schule, während ich einer geregelten Tätigkeit nachging?
    Als ich an der Ampel an der Golf Road warten mußte, wählte ich die Nummer meines Anrufbeantwortungsdienstes. Vishnikov hatte gesagt, ich solle zurückrufen. Tim Streeter hatte erklärt, er freue sich, bis zur Abreise von Calia und Agnes am Samstag einen Mann zu ihrem Schutz abzustellen.
    In meiner Aufregung wegen Morrells Abflug hatte ich das merkwürdige Verhalten von Paul Radbuka völlig vergessen. Ich schob meine morbiden Gedanken beiseite und fuhr zu Max, so schnell ich konnte. Um diese Tageszeit steckt er normalerweise bereits in Konferenzen, aber sein LeSabre parkte noch in der Auffahrt. Als Max die Tür öffnete, stand ihm die Sorge ins Gesicht geschrieben.
    »Victoria. Komm rein. Ist Morrell schon weg?« Bevor er die Tür hinter mir schloß, warf er noch einen besorgten Blick in Richtung Park, doch dort war nur ein einsamer Jogger zu sehen, eine Silhouette, die sich am Ufer des Lake entlangbewegte.
    »Ich hab' ihn grad' zum Flughafen gebracht. Hat Agnes dir schon gesagt, daß ich einen Wachdienst für euch arrangieren kann?«
    »Das wäre eine große Hilfe. Wenn ich gewußt hätte, was ich durch meine Teilnahme an der Birnbaum-Konferenz lostrete und daß ich dadurch Calia in Gefahr bringe... «
    »In Gefahr bringen?« fiel ich ihm ins Wort. »Ist Radbuka noch mal hierhergekommen? Hat er sie bedroht?«
    »Nein, nicht so konkret. Aber sein zwanghafter Glaube, mit mir verwandt zu sein - das verstehe ich einfach nicht. Und daß er ständig hier herumlungert... « Noch einmal fragte ich, ob Radbuka wieder aufgetaucht sei.
    »Ich glaube nicht, aber das Haus steht so offen da, und gleich gegenüber ist der öffentliche Park. Findest du, daß ich mir übertriebene Sorgen mache? Vielleicht hast du recht, doch ich bin nicht mehr der Jüngste, und Calia ist mir wichtig. Wenn du tatsächlich einen zuverlässigen Menschen wüßtest, der hierbleiben kann - ich übernehme natürlich die Kosten.«
    Max ging mit mir in die Küche, wo sich das Telefon befand. Dort saß Agnes vor einem Kaffee und ließ Calia nicht aus den Augen, die abwechselnd Cornflakes in sich hineinschaufelte und bettelte, in den Zoo gehen zu dürfen.
    »Nein, Schatz. Heute bleiben wir im Haus und malen«, sagte Agnes nicht zum erstenmal.
    Ich nahm eine Tasse Kaffee zum Telefon mit. Tom Streeter versprach mir, daß sein Bruder Tim innerhalb einer Stunde bei Max sein würde.
    »Wenn Tim die Sache übernimmt, kannst du ohne Sorgen überallhin gehen«, sagte ich zu Agnes. »Ist das der große böse Wolf?« wollte Calia wissen.
    »Nein, der ist ein großer braver Teddybär«, sagte ich. »Du wirst sehen: Du und deine Mama, ihr werdet ihn unwiderstehlich finden.«
    Max setzte sich neben Calia. Er bemühte sich, seine Sorge nicht so

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