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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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hat mich erschüttert, ihn so ängstlich und verschlossen zu sehen.«
    Ich schwieg betroffen, doch nach einer Weile platzte ich heraus: »Warum hat Lotty den Namen Sofie Radbuka verwendet? Ich... diese Geschichte mit Carl, wie er aufs Land fährt und das Cottage aufsucht, Lotty ihm aber nicht die Tür aufmacht und den Namen einer Toten verwendet... das bringt mich ziemlich aus der Fassung. Und es klingt so gar nicht nach Lotty.« Max rieb sich die Augen. »Jeder Mensch hat weiße Flecken in seinem Leben. Vielleicht hat Lotty sich für den Verlust oder Tod dieser Sofie Radbuka verantwortlich gefühlt, egal, ob es sich um eine Verwandte oder um eine Patientin handelte. Schließlich hat Lotty damals gedacht, daß sie selber sterben müßte. Nun, wir hatten in der Zeit alle ein schwieriges Leben, mußten hart arbeiten und mit dem Verlust unserer Familien fertig werden. Und außerdem war das Leben in England nach dem Krieg ebenfalls schwer - wir mußten unsere eigenen Bombenschäden beheben. Kohle war seinerzeit knapp, das Wetter kalt, niemand hatte Geld, und Lebensmittel und Kleidung waren nach wie vor rationiert. Möglicherweise ist Lotty unter der Belastung eingeknickt und hat sich zu sehr mit dieser Sofie Radbuka identifiziert.
    Ich weiß noch, wie Lotty nach London zurückkam, als sie genesen war. Es war Winter, vielleicht Februar. Sie hatte ziemlich viel abgenommen. Aber sie hat ein Dutzend Eier und ein halbes Pfund Butter vom Land mitgebracht und Teresz und mich und alle andern zu sich eingeladen. Dort hat sie die ganzen Eier mit der Butter in die Pfanne geschlagen, und wir hatten ein Festmahl. Irgendwann hat sie dann erklärt, sie würde es nie mehr zulassen, daß ihr Leben fremdbestimmt wird, und zwar in so heftigem Tonfall, daß wir alle erschrocken sind. Carl hat sich natürlich geweigert zu kommen; erst Jahre später hat er wieder mit ihr gesprochen.«
    Ich erzählte Max von meiner Entdeckung im Internet. »Es hat also in den vierziger Jahren in England definitiv jemanden dieses Namens gegeben, aber ich habe das Gefühl, daß Paul Radbukas Reaktion viel zu heftig war und Questing Scorpio deshalb nicht geantwortet hat. Ich habe die Nachricht ins Internet gestellt, daß Scorpio sich mit Freeman Carter in Verbindung setzen soll, wenn es etwas Vertrauliches zu besprechen gibt.«
    Max zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich habe keine Ahnung, was das alles bedeuten soll. Ich würde mir nur wünschen, daß Lotty mir endlich sagt, womit sie sich so quält, oder mit ihrem dramatischen Getue aufhört.«
    »Hast du seit Sonntag abend mit ihr gesprochen? Ich hab's gestern abend versucht, aber da hätte sie mir fast den Kopf abgerissen.«
    Max brummte etwas. »Dies ist eine jener Wochen, in denen ich mich frage, wieso wir eigentlich befreundet sind. Sie sagt, sie hat einen Ruf als Ärztin zu verlieren; es tut ihr leid, daß sie bei meinem wunderbaren Fest ein bißchen angeschlagen war, aber jetzt geht's ihr wieder gut, danke der Nachfrage, und sie muß sich wieder ihren Patienten widmen.«
    In dem Augenblick klingelte es. Es war Tim Streeter, ein großgewachsener, schlanker Mann mit Schnauzer und gewinnendem Lächeln. Max rief Agnes, die sich angesichts Tims ruhiger Art schnell entspannte, während Calia nach kurzem argwöhnischem Zögern verkündete, er sei ein »Walroß«, seines riesigen Schnurrbarts wegen, und sich erbot, ihn mit toten Fischen zu füttern. Tim brachte sie zum Lachen, indem er seine Schnurrbartenden hochblies. Max machte sich erleichtert auf den Weg zum Krankenhaus.
    Tim sah sich auf dem Gelände um, merkte sich die gefährlichsten Stellen und ging dann mit Calia und den Hunden zum Spielen in den Park hinüber. Calia nahm Ninshubur mit und zeigte Mitch und Peppy stolz, daß ihr Hund genau wie sie eine Hundemarke hatte. »Ninshubur ist die Mami von Mitch«, erklärte sie.
    Als Agnes sah, wie geschickt Tim zwischen Calia und anderen Spaziergängern blieb, das Ganze zu einem Spiel machte, statt dem Kind unnötig Angst einzujagen, kehrte sie ins Haus zurück, um sich um ihre Malfarben zu kümmern. Nachdem die Hunde sich ausgetobt hatten, sagte ich zu Tim, ich müsse gehen.
    »Es gibt also keine unmittelbare Bedrohung?« fragte er.
    »Nur einen hyperemotionalen Typ, der alles durcheinanderbringt. Er hat niemanden direkt bedroht, sorgt aber bei allen für ein ungutes Gefühl«, antwortete ich. »Tja, dann kann ich die Sache wohl allein erledigen. Ich schlage ein Feldbett im Wintergarten auf: Das ist die

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