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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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eine Viertelstunde.«
    Dann nickte sie mir majestätisch zu. Als ihr Blick auf Don fiel, wurde ihr Gesichtsausdruck wieder weicher. Sie begleitete uns beide zum Wartezimmer, wo sie zu ihm, nicht zu mir, sagte: »Bis halb drei dann.«
    »Sieht so aus, als würde die Sache mit deinem Buch gut laufen«, sagte ich, sobald wir draußen auf dem Flur waren.
    »Ihre Arbeit ist wirklich faszinierend«, erklärte Don. »Ich hab' mich gestern von ihr hypnotisieren lassen. Es war wunderbar, wie wenn man in einem warmen Meer dahintreibt, in einem ganz und gar sicheren Boot.«
    Ich ertappte ihn dabei, wie seine Hand reflexartig in Richtung Brusttasche wanderte, während wir auf den Aufzug warteten. »Hast du mit dem Rauchen aufgehört? Oder dich an verschüttete Geheimnisse deiner Vergangenheit erinnert?«
    »Sei nicht sarkastisch, Vic. Sie hat mich in eine leichte Trance versetzt, damit ich sehe, wie das ist, nicht in eine tiefere zur Freilegung von Erinnerungen. Das mit der tieferen Trance macht sie sowieso erst, wenn sie einen Patienten so gut kennt, daß sie sich ihres gegenseitigen Vertrauens sicher ist. Außerdem muß sie sich darauf verlassen können, daß der Patient stark genug ist, so etwas zu überstehen. Arnold Praeger und die Leute von Planted Memory werden es noch bereuen, daß sie versucht haben, ihren Ruf zu schädigen, wenn mein Buch erscheint.« »Sie hat dich völlig in ihren Bann geschlagen«, neckte ich ihn, als wir zum Foyer hinunterfuhren. »Ich habe noch nie erlebt, daß du deinen journalistischen Argwohn beiseite geschoben hast.« Er wurde rot. »Jede Beschäftigung mit einer therapeutischen Methode ist legitim. Das werde ich in dem Buch ganz klar herausstellen. Es soll nicht der Rechtfertigung Rheas dienen, sondern den Leuten Gelegenheit geben, die Bedeutung der Arbeit mit freigelegten Erinnerungen zu begreifen. Ich lasse auch die Leute von Planted Memory zu Wort kommen. Aber sie haben sich nie die Zeit genommen, sich intensiv mit Rheas Methoden zu beschäftigen.«
    Don hatte Rhea zur gleichen Zeit wie ich kennengelernt, vor vier Tagen, und gehörte jetzt schon zu ihren glühenden Verehrern. Ich fragte mich, warum ihr Zauber mich kalt ließ. Als wir uns am Freitag gesehen hatten, war ihr meine Skepsis mit Sicherheit nicht entgangen, wogegen Don ihr mit Bewunderung begegnet war, doch sie hatte nicht versucht, mich mit ihrem Charme von meiner Meinung abzubringen. Anfangs hatte ich gedacht, daß sie sich vielleicht grundsätzlich bei Frauen nicht so viel Mühe gab wie bei Männern, doch die junge Patientin im Wartezimmer zählte ganz eindeutig auch zu ihren Anhängern. Hatte Mary Louise recht? Herrschte instinktives Mißtrauen zwischen Rhea und mir, weil wir beide die Situation kontrollieren wollten? Oder sagte mir mein Bauch, daß mit Rhea etwas nicht stimmte? Ich hielt sie nicht für eine Scharlatanin, fragte mich aber, ob ihr die ständige Vergötterung durch Leute wie Paul Radbuka nicht ein wenig zu Kopf gestiegen war.
    »Erde an Vic - zum dritten Mal: Sollen wir einen Kaffee trinken, während wir warten?«
    Erst jetzt merkte ich, daß wir vor dem Aufzug im Erdgeschoß standen. »Funktioniert das so mit der Hypnose?« fragte ich. »Du vertiefst dich so in dich selbst, daß du deine Umgebung nicht mehr wahrnimmst?«
    Don dirigierte mich nach draußen, damit er sich eine Zigarette anzünden konnte. »Ich hab' da auch noch nicht so viel Ahnung, aber ich glaube, wenn man sich so in sich selbst vertieft, ist das ähnlich wie bei einer Trance. Das heißt imaginative Dissoziation oder so ähnlich.« Ich stellte mich so, daß mir der Rauch seiner Zigarette nicht ins Gesicht blies, und wählte noch einmal die Nummer von Tim Streeter, der mir sagte, es gebe nichts Neues. Dann rief ich meinen Anrufbeantwortungsdienst an. Als Don endlich soweit war, auf eine Tasse Kaffee in das Hotel zu gehen, hatte ich schon ein paar Klienten zurückgerufen. Auf der baumgesäumten Terrasse des Ritz bat ich ihn, mir eine Zusammenfassung der Recherchen zu geben, die er in den vergangenen vier Tagen erledigt hatte.
    Er hatte jede Menge Informationen gesammelt über die Art und Weise, wie Hypnose bei der Behandlung von Menschen mit traumatischen Symptomen eingesetzt worden war. Ein Mann, der schreckliche Phantasien darüber gehabt hatte, wie ihm der Kopf vom Hals gerissen wurde, erkannte, daß er im Alter von drei Jahren gesehen hatte, wie seine Mutter sich erhängte. Sein Vater konnte alle Einzelheiten, die der Sohn unter Hypnose

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