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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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aussagte, bestätigen. Der Vater hatte mit seinem Sohn nie darüber gesprochen, weil er hoffte, daß dieser zu jung gewesen war, um zu begreifen, was er gesehen hatte. Außerdem Rab es jede Menge dokumentierte Fälle von Leuten, die unter Hypnose Gespräche wiedergeben konnten, welche geführt wurden, während sie unter Vollnarkose standen. Rhea selbst hatte mit einigen Inzest-Opfern gearbeitet, deren unter Hypnose freigelegte Erinnerungen durch Geschwister oder Erwachsene bestätigt wurden.
    »Wir werden immer mehrere Paare in jedem Kapitel verwenden - denjenigen, der sich erinnert, und denjenigen, der die Erinnerung verdrängt. Aber das interessanteste Kapitel wird sich natürlich mit Radbuka beschäftigen. Deshalb sind Rhea und ich nicht allzu glücklich darüber, daß du die Richtigkeit dessen, was er sagt, in Zweifel ziehst.«
    Ich stützte das Kinn auf die Hände und sah ihn an. »Don, ich habe keinerlei Zweifel am Wert der Hypnose oder freigelegter Erinnerungen, allerdings nur, wenn bestimmte strenge Richtlinien beachtet werden. Ich sitze in der Leitung eines Frauenhauses und habe selbst schon mit solchen Phänomenen zu tun gehabt.
    Aber in Radbukas Fall geht es darum, wer er ist - emotional und... genealogisch, mir fällt gerade kein besseres Wort ein. Max Loewenthal lügt nicht, wenn er sagt, daß die Radbukas nicht mit ihm verwandt waren, aber Paul Radbuka wünscht sich die Verwandtschaft mit ihm so sehr, daß er gar nicht mehr auf die Realität achtet. Irgendwie kann ich das verstehen, ich begreife, daß das Leben mit einem Vater, der ihn ständig mißhandelt hat, ihn nach anderen Verwandten suchen läßt. Wenn ich irgendwelche Informationen über ihn hätte, könnte ich möglicherweise herausfinden, inwieweit - falls überhaupt - sich sein Leben mit dem der Leute aus Max' Londoner Kreis überschneidet.«
    »Er möchte aber nicht, daß du diese Informationen bekommst. Er hat Rhea mittags angerufen, als ich bei ihr war, um ihr zu sagen, daß du alles nur Erdenkliche tust, um ihn von seiner Familie fernzuhalten. Er hat sie angefleht, dir keine Einzelheiten über ihn zu verraten.« »Das erklärt, warum sie mir gegenüber so kühl ist. Es ehrt sie, daß sie das Vertrauen ihrer Patienten nicht mißbraucht. Aber du warst am Sonntag selber bei Max und hast gesehen, wie Rad-buka sich aufführt. Angenommen, alles, woran er sich unter Hypnose erinnert hat, stimmt - das heißt noch lange nicht, daß er mit Max verwandt ist, nur weil er sich das wünscht.«
    »Vic, wenn du dich wie ich mit den Dingen beschäftigt hättest, mit denen die Leute kämpfen müssen, während sie ihre Vergangenheit freilegen, würdest du anders denken. Und von Radbuka weiß Rhea, daß er jede Menge Probleme hat. Sie macht sich aufrichtig Sorgen darüber, was du mit ihm vorhast.«
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr und verlangte die Rechnung. »Don, ich weiß, daß wir uns in dem einen Jahr unserer Bekanntschaft nur ein paarmal gesehen haben, aber glaubst du, dein Freund Morrell hätte sich in mich verliebt, wenn ich ein Ungeheuer wäre, das bewußt einen Keil zwischen eine Kriegswaise und ihre Familie treibt?«
    Don lächelte verlegen. »Nein, Vic, natürlich nicht. Aber du stehst Loewenthal und seinen Freunden sehr nahe. Möglicherweise verzerrt sich deine Sicht der Dinge durch deinen Wunsch, sie zu schützen.«
    Ich fühlte mich versucht zu glauben, daß Rhea Wiell Don eine posthypnotische Suggestion mit auf den Weg gegeben hatte, mir und allen Dingen, die mit mir zu tun hatten, auszuweichen. Aber der Bann, in den sie ihn geschlagen hatte, rührte aus einer tieferen, grundlegenderen Quelle, das wurde mir klar, als ich sah, wie seine Augen zu leuchten anfingen, sobald ich sagte, es sei Zeit, wieder zu dem Gebäude mit Rheas Praxis hinüberzugehen. Wie mein Vater zu sagen pflegte: Versuche niemals, einen Mann mit einer Axt aufzuhalten oder einen Mann, der verliebt ist.

27
    Frisch rekrutiert
    Nach dem Gespräch mit Rhea war ich so wütend, daß ich ihr am liebsten etwas auf den Kopf geschlagen und dann auf Notwehr plädiert hätte. Ich hatte mit der Bemerkung begonnen, wir alle wollten vermutlich das Beste für die Hauptakteure in unserer kleinen Geschichte, und das bedeute nicht nur für Paul, sondern auch für Calia und Agnes. Daraufhin hatte Rhea majestätisch genickt, und ich hätte mich am liebsten auf die Zeit besonnen, in der ich mich als Teenager in der South Side mit den Fäusten duchgesetzt hatte. Statt dessen konzentrierte ich

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