Ihr wahrer Name
zurück ist.«
»Ich bin heute abend bei den Rossys zum Essen eingeladen. Ich sage es ihm.« Nun wurde ihr Gesichtsausdruck noch besorgter. Sie machte es gern allen Leuten recht: Was, wenn sowohl der mächtige Boß aus dem Ausland als auch ich wütend auf sie wären? Aber sie war eine ehrliche junge Frau, und am Ende entschied sie sich für die Loyalität gegenüber dem Unternehmen. Mir gefiel das nicht, obwohl ich natürlich Hochachtung vor ihr hatte. Ich bedankte mich mit einem Lächeln dafür, daß sie mir ihre Zeit gewidmet hatte, und gab ihr meine Visitenkarte für den Fall, daß sie es sich anders überlegte.
26
Hypnotische Suggestion
Draußen bog ich in eine vergleichsweise ruhige Nebenstraße ein, um noch einmal mit Tim Streeter zu telefonieren. Er war mit Calia im Zoo. Radbuka hatte sich wieder im Park gezeigt, als Tim mit Calia in den Wagen gestiegen war, aber Tim hatte ihn eher als lästig, weniger als besorgniserregend empfunden.
»Natürlich wissen wir beide, daß aus einer solchen Belästigung auch ein gewaltsamer Akt werden kann, allerdings halte ich ihn nach dem heutigen Tag nicht für bedrohlich, sondern für verwirrt: Er hat die ganze Zeit gesagt, er möchte bloß eine Gelegenheit bekommen, sich mit Max zu unterhalten, weil er etwas über seine wahre Familie herausfinden will. Aber da hat Calia zu kreischen angefangen, und das hat Agnes aufmerksam gemacht. Sie hat die Polizei gerufen, die auch irgendwann gekommen ist, sagt sie - ich war da schon weg mit der Kleinen. Ich habe Radbuka erklärt, daß er verschwinden muß, weil Max sonst eine Unterlassungsverfügung gegen ihn beantragt, und das würde bedeuten, daß er verhaftet werden kann, wenn er sich weiter vor dem Haus der Loewenthals rumtreibt.« Ich blinzelte. »Hat Max das wirklich vor?«
»Ich hab' ihn im Krankenhaus angerufen und ihm gesagt, er soll's tun. Außerdem scheinen sich jetzt sowieso alle beruhigt zu haben. Agnes ist daheim geblieben und will malen: Ich hab' meinen Bruder angerufen und ihm gesagt, er soll herkommen und das Haus im Auge behalten. Ich wollte mit der Kleinen raus, damit Agnes nicht völlig ausflippt, weil sie glaubt, daß ihre Tochter in Lebensgefahr schwebt. Was nicht stimmt. Der Typ ist lästig, aber körperlich kann er's mit keinem von uns aufnehmen.«
Ich runzelte besorgt die Stirn. »Könnte er euch in den Zoo gefolgt sein?«
»Nein. Er war mit dem Fahrrad da. Mein Bruder hat mich vor einer halben Stunde vom Haus der Loewenthals aus angerufen und mir gesagt, daß er sich den Garten von Max und den Park auf der anderen Straßenseite genau angesehen, aber keine Spur von Radbuka gefunden hat.« »Wie geht's Calia jetzt?«
»Gut. Wir schauen uns gerade echte Walrosse an - und ich bekomme Tips, wie ich am besten um Fische bettle. Wenn ich ruhig bin, bleibt sie's auch.« Nun fuhr ein Lieferwagen rückwärts in die kleine Straße. Sein beharrliches Hupen machte es unmöglich, das, was Tim noch sagte, zu verstehen. Ich brüllte ins Telefon, daß ich später noch bei Max vorbeikommen würde.
Dann drückte ich mich mit einem für mich ungewohnten Gefühl der Ineffektivität an dem Lieferwagen vorbei. Bis jetzt hatte ich nichts über Radbukas Vergangenheit herausgefunden, und für die Sommers-Familie hatte ich auch nichts bewirkt. Lotty, deren Zustand mich besorgt machte, wollte nicht mit mir reden. Rossys Wohnung befand sich gar nicht weit von der ihren entfernt am Lake Shore Drive. Wahrscheinlich blieb mir vor dem Abendessen noch genug Zeit, bei ihr vorbeizuschauen, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich sie dazu bringen sollte, mir zu vertrauen. Ich überquerte die Michigan Avenue beim Skulpturengarten des Art Institute, von wo aus ich im Büro anrief, um festzustellen, ob Mary Louise, deren Aufgabe es war, den Nachbarn der verschiedenen Ulf-Familien in Chicago das Foto von Radbuka zu zeigen, Fortschritte machte. Anfangs hatte sie versucht, sich darum zu drücken, doch als ich ihr erzählte, daß Radbuka sich in der Nähe von Max' Haus herumtrieb, pflichtete sie mir bei, daß wir Anhaltspunkte brauchten. Und wenn sie jemanden fand, der Radbuka gekannt hatte, als er noch Ulf gewesen war, half uns das vermutlich weiter.
Weitere Unterstützung erhoffte ich mir von Rhea Wiell. Da ich mich schon im Loop aufhielt, beschloß ich, ihr einen Überraschungsbesuch abzustatten: Vielleicht war sie dann ja zugänglicher als am Telefon. Und wenn sie nicht bereit war, mir Informationen über ihren Patienten zu geben, wußte sie
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