Ihr wahrer Name
müßten sich unterhalten. Ihrer Meinung nach ist Paul gefährlich labil, wenn er glaubt, diese Papiere bewiesen, daß er Radbuka ist. Und außerdem möchte sie gern wissen, woher er die Idee hat, daß Sofie Radbuka seine Mutter war. Natürlich hat Rhea sich geweigert, sie zu empfangen. Da hat Dr. Herschel angekündigt, ins Compassionate Heart of Mary zu gehen und persönlich mit Paul zu sprechen. Ist das zu fassen?« Seine Stimme wurde vor Entrüstung ganz hoch. »Der Kerl hat Glück gehabt, daß er überlebt hat. Mein Gott, sie ist selber Ärztin, da müßte sie doch wissen, was so eine Operation bedeutet. Rhea ist hingefahren, um sie aufzuhalten, aber auf dich hört sie wahrscheinlich eher, du bist eine alte Freundin. Bitte halt sie auf, Warshawski.« »Ironie des Schicksals, Don. Ich flehe Rhea nun schon seit einer Woche an, ihren Einfluß auf Paul Hoffman geltend zu machen - so heißt er doch wohl wirklich? -, und sie ist mir ausgewichen, als hätte ich die Pest. Warum sollte ich ihr jetzt helfen?«
»Nun sei nicht so kindisch, Vic. Wenn du nicht möchtest, daß Dr. Herschel sich zum Narren macht, solltest du sie daran hindern, Paul ernsthaft zu verletzen.«
Da fiel der Scheinwerferstrahl eines Streifenwagens auf meinen Mustang. Ich legte den Gang ein und fuhr an einem Pizza-Laden vorbei, vor dem ein paar Teenager rauchten und Bier tranken. Eine Frau mit kurzem dunklem Haar ging mit einem Yorkshire-Terrier vorbei, der sich giftig auf die Biertrinker stürzte. Ich sah ihnen bis auf die andere Seite der Sheridan Road nach, bevor ich wieder etwas sagte.
»Wir treffen uns im Krankenhaus. Was ich zu Lotty sage, hängt davon ab, was sie gerade tut, wenn wir hinkommen. Aber die Bücher von Ulf Hoffman werden dir gefallen. Sie sind tatsächlich kodiert, und wenn es Rhea gelungen ist, diesen Kode zu knacken, vergeudet sie ihr Talent in der Welt der Psychotherapie - dann gehört sie in den CIA.«
43
Am Krankenbett
Das Krankenhaus Compassionate Heart of Mary lag am Rand des Lincoln Park, wo Parkplätze so rar sind, daß ich schon Leute mit den Fäusten aufeinander losgehen habe sehen, die einen ergattern wollten. Für das Privileg, die Begegnung zwischen Lotty und Rhea live mitzuerleben, zahlte ich in der Tiefgarage der Klinik fünfzehn Dollar.
Ich betrat das Foyer zur gleichen Zeit wie Don Strzepek. Er war mir immer noch ein bißchen böse wegen des Scherzes, den ich vorhin am Telefon gemacht hatte. Am Empfang erklärte man uns, die Besuchszeiten seien vorbei. Doch als ich mich als Pauls Schwester vorstellte und erklärte, ich sei soeben aus Kansas City eingetroffen, sagten sie mir, ich solle in den vierten Stock hinauffahren, in die Station für die Frischoperierten. Don bedachte mich mit einem wütenden Blick, verkniff sich aber eine Bemerkung und gab sich als mein Mann aus.
»Sehr gut«, lobte ich ihn, als wir in den Aufzug stiegen. »Sie hat's uns abgekauft, weil das nach einem kleinen Ehekrach ausgeschaut hat.«
Er lächelte widerwillig. »Wie Morrell das mit dir aushält... Nun erzähl mir was von Hoffmans Büchern.«
Ich holte eine der Fotokopien aus meiner Tasche. Don sah sie sich an, während wir den Flur zu Pauls Zimmer hinuntergingen. Die Tür war geschlossen; eine Krankenschwester erklärte uns, es sei gerade eine Ärztin bei ihm, aber da ich seine Schwester sei, könne ich vermutlich auch hinein. Als wir die Tür aufmachten, hörten wir Rheas Stimme. »Paul, Sie müssen nicht mit Dr. Herschel sprechen, wenn Sie nicht wollen. Sie dürfen sich jetzt nicht aufregen. Später wird noch genug Zeit für Gespräche sein.«
Sie hatte sich schützend zwischen sein Bett und die Tür gestellt, aber Lotty war an seine rechte Seite getreten, ohne die verschiedenen Plastikbeutel zu berühren, die über ihm hingen. Trotz seiner ergrauenden Locken wirkte Paul wie ein Kind; sein schmaler Körper verschwand fast unter dem Oberbett. Seine Wangen waren blaß, aber er lächelte, offenbar erfreut darüber, Rhea zu sehen. Als Don neben sie trat, erstarb das Lächeln. Don merkte es und wich ein wenig zurück.
»Paul, ich bin Dr. Herschel«, sagte Lotty, die Finger an seinem Puls. »Ich habe die Radbuka-Familie vor vielen Jahren gekannt, in Wien und in London. Ich habe meine Ausbildung zur Ärztin in London gemacht und einige Zeit für Anna Freud gearbeitet, die Sie so sehr bewundern.«
Sein Blick wanderte von Rhea zu Lotty, und sein Gesicht nahm ein bißchen Farbe an. Egal, wie durcheinander Lotty in Gegenwart von Max
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