Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
Schlafzimmertür. Sie warf die Decke zur Seite und wollte ihm folgen.
»Bleib da, Meredith!«
»Bestimmt nicht!«
»Dann sei wenigstens leise, um Himmels willen!« Das wurmte sie enorm. Er wollte ihr den Eindringling wegschnappen. Zuerst zeigte er keinerlei Interesse, dann riss er die Angelegenheit an sich. Das war wieder einmal typisch männlich. Alan hatte unterdessen die Schlafzimmertür geöffnet. Das Cottage schien den Atem anzuhalten, obwohl es Meredith selbst war, wie sie schnell erkannte, die nicht zu atmen wagte. Aus der Küche ertönte ein weiteres Klappern, als wäre Blechgeschirr gegeneinander gestoßen.
»Taschenlampe?«, flüsterte Alan leise neben ihr. Meredith kehrte in das Zimmer zurück und kramte in ihrer Tasche, die auf einem Stuhl lag. Kurze Zeit darauf kehrte sie mit einer kleinen Taschenlampe zurück, die sie immer bei sich führte. Sie schlichen die Treppe hinunter wie Indianer, allerdings mit bedeutend weniger Geschick. Die alten Holzstufen knarrten laut. Allerdings schien sich der Eindringling in der Küche davon nicht stören zu lassen. Er klapperte noch immer lautstark mit Geschirr und Töpfen, oder wenigstens klang es so. Dann gab es einen plötzlichen, extrem lauten Knall. Alan sprang zur Küchentür, stieß sie auf und schaltete das Licht ein. Die Hintertür stand weit offen und ließ kalte Nachtluft herein. Die Küche bot ein Bild der Verwüstung. Sämtliche Schränke standen offen, jedes Glas und jede Dose waren umgekippt und der Inhalt entweder über den Boden oder das Mobiliar und die Arbeitsflächen verstreut. Der Kühlschrank stand gleichermaßen offen und war geleert worden. Der Motor brummte wie verrückt in dem Bemühen, die entweichende Kälte wiederherzustellen. Verschüttete Cornflakes knirschten unter ihren Schritten. Mehl stieg in weißen Wolken auf. Milch tropfte von der Arbeitsplatte. Und mitten in alledem saß Nimrod, Wynnes Kater, und gab sein Bestes, um an den Inhalt einer transparenten Plastikpackung mit Würstchen heranzukommen. Als Markby und Meredith in den Raum stürmten, blickte er verärgert über die Störung auf und fauchte. Alan fluchte lästerlich und rannte weiter zur Hintertür. Er war sofort wieder zurück.
»Wer auch immer es war, er ist längst über alle Berge. Das hier ist wenigstens vor einer halben Stunde passiert, wenn nicht noch früher, und wir haben nichts von alledem gehört! Sieh dir die Dose mit Sirup an. Sie liegt auf der Seite und hatte genügend Zeit, um völlig auszulaufen. Nimrod fand die offene Tür und kam herbei, um sich die Sache anzusehen. Er war es, der die Geräusche verursacht hat. Er muss denken, es ist Weihnachten! Sieh ihn dir an!«
»Wer war das?«, fragte Meredith voller Bestürzung.
»Und warum?« Ihr kam ein erschreckender Gedanke.
»Alan, was ist mit Wynne?«
»Wir rufen sie an – nein, warte! Ich gehe selbst rüber und sehe nach.« Er rannte die Treppe hinauf und kehrte Minuten später in Hosen und Pullover zurück. Er ging nach draußen und sah sich im Garten um. Der unzureichend schwache Schein der Taschenlampe glitt flackernd über Büsche und Baumstämme. Dann ging Markby zur Seite und um das Haus herum. Nimrod hatte sich in der Zwischenzeit mit unverminderter Konzentration seinen Würstchen gewidmet, und endlich war es ihm gelungen, das Plastik aufzubeißen. Er zerrte den Inhalt der Verpackung in einer langen rosafarbenen Kette hinter sich her nach draußen. Die Würstchen sahen aus wie Eingeweide.
»Husch, weg mit dir!« Meredith klatschte in die Hände.
»Nimm die elenden Würstchen und verschwinde, husch!« Nimrod rannte in den Garten hinaus und verschwand in der Dunkelheit. Die Würstchenkette tanzte und hüpfte hinter ihm her. Meredith drehte sich um. All die Arbeit, die sie sich am Abend wegen des bevorstehenden Besuchs am nächsten Tag gemacht hatten, war umsonst gewesen. Ihr fiel ein, dass sie noch nicht im Wohnzimmer nachgesehen hatten. Sie verließ die Küche und ging durch den Flur in den großen Raum. Sie schaltete das Licht ein.
»Heilige Schande!«, entfuhr es ihr. Der Einbrecher war also auch in diesem Zimmer gewesen. Er hatte die Kissen von den Sesseln und vom Sofa gerissen und mit einem Messer aufgeschlitzt. Federn waren herausgequollen und lagen überall verstreut, als hätte jemand Hühner gerupft und geschlachtet. An die Wand hatte der Einbrecher in unsicheren roten Druckbuchstaben das Wort
»Toc« geschmiert, was den Eindruck noch verstärkte. Meredith nahm an, dass er
»Tod«
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