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Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt

Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt

Titel: Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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hätte sie beim Aufwachen ahnen sollen, dass
heute der Tag war, an dem sie sich verlieben würde?

 
    obsession,
die; -en
     
    Dan fand es schon leicht voyeuristisch, sich Serenas
Film ganz allein in Rubys und Vanessas Wohnung anzuschauen. Aber nachdem er
sich aus dem alten braunen Kühlschrank in der Küche eine Cola geholt und es
sich dann am Fußende von Rubys ungemachtem Futon gemütlich gemacht hatte, waren
seine Bedenken vergessen. Er schaltete den Videorekorder ein.
    Zoom auf Serenas rot glänzende Lippen. »Willkommen in
meiner Welt«, sagten die Lippen, lachten und setzten sich in Bewegung, oder
besser gesagt: Serena setzte sich in Bewegung. Die Kamera fixierte weiterhin
ihre Lippen, nur der Hintergrund änderte sich. »Ich winke gerade nach einem
Taxi«, erklärten Serenas Lippen. »Ich fahr echt unheimlich viel Taxi. Ganz
schön teuer.«
    Im Hintergrund stoppte ein Taxi und die Lippen
rutschten auf die Rückbank. »So. Wir fahren jetzt Richtung Downtown. Zu
Jeffreys. Einem total angesagten Klamottenladen. Ich weiß noch nicht, wonach
ich suche, aber ich bin mir sicher, dass ich es dort finde.«
    Die Kamera blieb auf den Lippen, die während der gesamten
Fahrt schwiegen. Musik lief. Irgendwas Französisches aus den Sechzigern.
Vielleicht Serge Gainsbourg. Durch das verdreckte Taxifenster sah man New
Yorker Straßenszenen vorbeihuschen.
    Dan umklammerte sein Colaglas. Er fand es ziemlich erotisch,
nur Serenas Lippen zu sehen. Ihm wurde ganz schwindlig.
    »Da sind wir«, sagten Serenas Lippen schließlich. Die
Kamera folgte ihnen aus dem Taxi, durch ein gläsernes Entree in ein helles,
ganz in Weiß eingerichtetes Geschäft. »Jetzt guckt euch diese Auswahl an«,
hauchten die Lippen. Sie blieben einen Spalt breit geöffnet, während sie sich
im Laden umsahen. »Ich bin im Himmel.«
    Dan zog seine Zigaretten aus der Hosentasche. Seine
Hände zitterten unkontrolliert. Er zündete sich eine an und rauchte dann gleich
noch eine, während die Kamera Serenas Lippen durch den Verkaufsraum begleitete.
Einmal blieben sie stehen, um ein winziges braunes Handtäschchen mit einem
Hundefoto darauf zu küssen, ein anderes Mal, um ein paar mit Pailletten
bestickte Pulswärmer aus Angora vor der Linse baumeln zu lassen. Zuletzt
entdeckten die Lippen ein Kleid, über das sie sich vor Begeisterung nicht mehr
einkriegten.
    »Also, wenn das nicht das perfekte Rot ist«, sagten
Serenas Lippen ehrfürchtig. »Ich steh zurzeit total auf Rot. Okay, das probier
ich an.«
    Dan zündete sich die dritte Zigarette an.
    Die Kamera begleitete Serena in die Umkleidekabine.
Die Lippen plapperten weiter, während sich Serena auszog. »Ganz schön kühl hier
drin«, sagten sie. »Hoffentlich ist das Kleid nicht zu klein. Es macht mich
immer total fertig, wenn die Sachen, die ich anprobiere, zu klein sind.« Für
einen Sekundenbruchteil sah man ihre Haare, ihre nackten Schultern, ihren Hals
und ein Ohr im Spiegel, aber nur ganz verschwommen. Dan konnte kaum hinsehen.
Und dann:
    »Ta-da!«, sangen die Lippen. Die Kamera glitt im Schneckentempo
rückwärts und enthüllte Serena in ihrer ganzen Schönheit. Sie trug ein
verführerisches, enges rotes Kleid. Ihre Füße waren nackt, die Zehen rot
lackiert. »Ist das nicht ein Traum?«, fragte sie, klatschte in die Hände und
drehte sich im Kreis. Roter Stoff wirbelte um ihre Knie. Das französische
Chanson setzte wieder ein und dann wurde der Bildschirm schwarz.
    Dan ließ sich auf den Futon zurückfallen. Er war berauscht.
Wenn Serena jetzt doch nur hier bei ihm oder er bei ihr sein könnte. Diese
Lippen! Er wollte sie küssen. Immer wieder küssen.
    Hektisch suchte er in seiner Jackentasche nach dem
Handy und klickte sich durchs Verzeichnis, bis er ihre Nummer gefunden hatte.
    »Hallo?« Serena meldete sich nach dem ersten Klingeln.
    »Ich bin's. Dan«, presste er hervor. Er bekam kaum
Luft.
    »Ach, Dan. Hi. Tut mir echt total, total Leid, dass
ich das Treffen verschwitzt hab. War Vanessa sehr sauer?«
    Dan schloss die Augen. »Ich hab mir gerade deinen Film
angeschaut.« Er griff nach der Fernbedienung und spulte zurück.
    Serena schwieg. Wie peinlich. »Oh«, sagte sie
schließlich. »Und?«
    Dan holte tief Luft. »Ich...« Traute er sich, es zu
sagen? Es waren bloß drei Wörter. Er konnte sie blitzschnell hervorstoßen und
hätte es hinter sich. Ja, doch, das konnte er schaffen.
    Oder auch nicht.
    »Ich liebe... solche minimalistischen Filme«, sagte

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