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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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Mindestens 50 Sicherheitsagenten kamen dem aufgebrachten Mob in die Quere und wurden am nächsten Laternenmast aufgehängt oder mit selbstgebastelten Macheten geköpft.
    Aung San Suu Kyi tat ihr Bestes, um die aufgeheizte Stimmung abzukühlen, und betonte immer wieder die Wichtigkeit gewaltfreier Methoden. Doch es half nichts. Der Mob erging sich weiter in Misshandlungen und Zerstörungen. Endlich hatte das Militär den Vorwand gefunden, um die Kontrolle wieder an sich zu reißen. Am 18. September, als der Rest der Welt seinen Blick auf die ersten Wettbewerbe der Olympischen Spiele in Seoul richtete, verkündete General Saw Maung, dass das Militär wieder die Kontrolle übernommen hatte. (Das Datum war kein Zufall. 1 + 8 = 9, und September ist der neunte Monat; Ne Win und sein Astrologe steuerten hinter den Kulissen weiterhin die Ereignisse.) Der Zivilist Maung Maung wurde als Premierminister abgesetzt und nahm wieder seine Rolle als Historiker ein. Die Gruppe, die jetzt das Land führen sollte, nannte sich State Law and Order Restauration Council, SLORC . Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit wurde über das gesamte Land der Ausnahmezustand verhängt, und zum zweiten Mal antwortete die Bevölkerung mit massiven Protesten. Mehrere Hundert Menschen verloren ihr Leben, als die Soldaten das Feuer auf wehrlose Zivilisten eröffneten.
    Dieses Mal war das Militär wesentlich besser organisiert als bei den Kundgebungen am 8. August. Ziel war, ein für alle Mal ein Exempel zu statuieren. Der Putsch und die darauffolgenden Gewaltausbrüche veranlassten viele Burmesen, sich über die Grenze nach Thailand zu retten. Tausende junger Studenten – Aktivisten, die an der Spitze der Protestbewegung standen – schlossen sich den Guerillatruppen der ethnischen Minderheiten im bewaffneten Kampf gegen die Junta an.
    Inmitten dieses Wirrwarrs verkündete General Saw Maung, dass Burma seinen Namen wechseln und von nun an Myanmar heißen sollte. Burma sei ein Name aus der Kolonialzeit, der außerdem die ethnischen Minderheiten des Landes nicht berücksichtige. Problematisch war nur, dass die ethnischen Minderheiten der gegenteiligen Auffassung waren. Myanmar war der Name des alten burmanischen Königreiches. Der Namenswechsel wurde von den meisten ethnischen Gruppen als Ausdruck für die Herrscherambitionen der Junta verstanden. Burma hingegen war ein britischer Name, aber auch eine Bezeichnung, den die Minderheiten akzeptieren konnten. Die Demokratiebewegung betrachtete den Namenswechsel als billigen Versuch der Junta, ihren schmutzigen Ruf reinzuwaschen. Hierin liegt auch die Erklärung, warum die Demokratiebewegung im Exil sowie die meisten Medien auf der Welt noch heute Burma sagen, während die Diplomaten der UN sowie Vertreter anderer Institutionen den Namen Myanmar verwenden.
    Saw Maung verkündete außerdem – zum Erstaunen vieler –, dass die Junta eine demokratische Wahl durchzuführen beabsichtige. Der Beschluss war eine direkte Reaktion auf die Volksproteste; Saw Maung hatte begriffen, dass etwas getan werden musste, damit sich die Revolte nicht in eine vollständige Revolution verwandelte.
    Aung San Suu Kyi befand sich im Schlafzimmer ihrer Mutter im zweiten Stock der University Avenue 54 und hörte die Nachricht im Radio. »Meine stärkste Empfindung war Zweifel«, sagte sie einige Jahre später. »Ich zweifelte an der Ehrlichkeit der Junta und wusste nicht, ob sie wirklich eine freie und gerechte Wahl anstrebte.«
    Die Zweifel waren berechtigt. Hinter Saw Maung agierte eine Reihe skrupelloser Akteure, wie der Chef des Sicherheitsdienstes, Khin Nyunt, sowie General Than Shwe, die sich später auf die Posten der Juntaführer hieven sollten. Eiskalt rechneten sie aus, dass die Wahl zu einem zersplitterten Parlament führen würde. Ethnische und politische Gruppen würden im selben Maße gegeneinander wie gegen das Militär kämpfen. Unter dieser Voraussetzung sollten die Generäle in der Praxis das Land weiter regieren können. Möglicherweise hatte die Junta aber auch ein überhöhtes und fehlerhaftes Bild von der Volksmeinung. In Burma gab es keine unabhängigen Informationsquellen. Alle Zeitungen, Radiostationen und Fernsehkanäle wurden von den Zensurbehörden umfassend kontrolliert. Jede noch so kleine Veröffentlichung, ja sogar Todesanzeigen, wurden vorweg einer Untersuchung unterzogen und den Interessen der Junta angepasst.
    In den allermeisten Systemen, die auf derart strenge Weise kontrolliert werden, weiß die

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