Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
Militärregierung unter der Führung Ne Wins.
Die Machtübernahme vollzog sich undramatisch, und die Bevölkerung in Zentralburma unterstützte die Maßnahme im Allgemeinen. Noch immer verließen sich die Menschen auf die Armee, und viele waren der Ansicht, dass eine kurzfristige militärische Führung die einzige Möglichkeit war, den Problemen des Landes zu begegnen. Für die ethnischen Minderheiten allerdings hatte die Machtübernahme dramatischere Veränderungen zur Folge. Ne Win verschob das politische Gleichgewicht zwischen Rangun und den grenznahen Gebieten. Zum ersten Mal in der Geschichte sollten die Gebiete der ethnischen Gruppen denselben Gesetzen unterstellt sein wie die zentralen Gebiete Burmas. Die lokalen politischen Anführer aus den Völkern der Karen, Shan, Chin und Kachin verloren ihre Macht und hatten nicht mehr wie früher das Recht, über den Haushalt der Teilstaaten zu bestimmen.
Die Militärregierung sollte vorübergehend sein und auf sechs Monate beschränkt bleiben, doch erst im Februar 1960 wurde eine demokratische Wahl abgehalten. Die AFPFL gewann genauso einfach wie bei der letzten Wahl, und U Nu konnte seinen Posten als Premierminister wieder einnehmen.
Doch U Nu unterliefen zwei entscheidende Fehler. Zum einen hatte er vor der Wahl versprochen, den Buddhismus zur Staatsreligion in Burma zu machen. Nach der Wahl nahm er seine Ankündigung zwar teilweise zurück, doch der Schaden war schon eingetreten. Die ethnischen Minderheiten, die im Rahmen des Panglong-Abkommens der Union beigetreten waren, trauten der Zentralregierung nicht länger und hegten nicht die Absicht, in einem föderalen Staat zu verbleiben, der ihnen die Religionsfreiheit verweigerte. Zum anderen wollte U Nu einen bereits seit Jahren andauernden Grenzkonflikt mit China beilegen. Die Vereinbarung beinhaltete allerdings, dass eine Reihe von Kachin-Dörfern auf der chinesischen Seite eingemeindet werden sollte. Sowohl die Kachin Independence Army als auch einige Gruppen von Shan-Rebellen erklärten daraufhin der Zentralregierung in Rangun den Krieg.
Um die Situation zu retten, rief U Nu Vertreter der ethnischen Gruppen zusammen, welche eine friedliche Lösung der politischen Probleme des Landes bevorzugten. Die Teilnehmer der Konferenz versammelten sich Anfang März in Rangun, um eine neue föderale Verfassung zu erarbeiten, die noch deutlicher als die erste das Selbstbestimmungsrecht der Grenzgebiete garantieren sollte. Diese Maßnahme jedoch verursachte eine Spaltung innerhalb U Nus eigener Partei, die hauptsächlich aus Burmanen bestand, und führte dazu, dass das Militär unter der Führung Ne Wins sich offen gegen ihn stellte. Noch vor Beendigung der Konferenz kam Ne Win mit einem Staatsstreich an die Macht.
8.
Suu aus Burma
Aung San Suu Kyi wuchs in einem völlig anderen politischen Klima und in weitaus privilegierteren Verhältnissen als ihre Eltern auf. Aung San und Khin Kyi schienen schon als Jugendliche gewusst zu haben, welchen Weg sie einschlagen würden; dass sie nämlich ihren Beitrag im Kampf für die Souveränität des Landes beitragen müssten. Für Aung San Suu Kyi zeichnete sich die Lebensaufgabe nicht so deutlich ab und es gab auch keine von außen kommenden Erwartungen, die sie veranlassten, sich frühzeitig zu entscheiden. In einem Kommentar umreißt sie den Unterschied zwischen sich und ihrem Vater:
»Er war ein besserer Mensch als ich es bin, und das sage ich nicht, um bescheiden zu wirken. Mein Vater gehörte wohl zu den Menschen, denen ein Verantwortungsgefühl angeboren ist, und dieses Gefühl war bei ihm viel stärker als bei mir. Seit seinem ersten Schultag hat er hart gearbeitet. In dieser Beziehung war ich anders. Ich habe mich nur dann angestrengt, wenn mir das Thema gefiel oder der Lehrer. Ich war gezwungen, mein Verantwortungsgefühl erst zu entwickeln und dann daran zu arbeiten.«
Dieses Selbstbild stimmt nur teilweise mit der Person überein, die ihre Freunde aus der Zeit in Indien beschreiben. Malavika Karlekar begegnete ihr, als sie 1960 dieselbe Schule in Indien besuchten. »Suu war ein fröhlicher und unbekümmerter Mensch, der nicht viel über Politik oder gesellschaftliche Fragen redete. Stattdessen hatte sie großes Interesse am Lesen. Das zeichnete sich ganz deutlich ab.«
Karlekar beschreibt Aung San Suu Kyi darüber hinaus als eine Person, die über große Disziplin verfügte und ihr Studium sowie ihren kulturellen Hintergrund sehr ernst nahm. »Sie sprach oft über das
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