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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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präsentierte er zwei absonderliche Dokumente. Eines davon zeichnete die Richtlinien für »Burmas Weg zum Sozialismus« auf, das andere hatte den Titel »Ein System zur Läuterung des Menschen und seines Umfelds«. Alles in allem war dieses Programm weder ausgeprägt burmesisch noch sozialistisch, sondern in erster Linie ein Ausdruck für Ne Wins Vorurteile und seine totalitären Machtambitionen. Alle Betriebe wurden verstaatlicht, von der Fertigungsindustrie bis hin zum kleinsten Teehaus. Das vom Volk gewählte Parlament wurde abgeschafft, und Ne Win verkündete, dass das Land niemals zu einem System zurückkehren würde, das so stark von westlichen Idealen beeinflusst war. Stattdessen gründete er die Sozialistische Programmpartei Burmas (BSPP). Diese wurde von einem zentralen Revolutionsrat geführt, dem wiederum regionale und lokale Räte unterstanden. Auf allen Ebenen wurden die Posten mit Offizieren besetzt, und nach einigen Jahren war es unmöglich, noch sinnvoll zwischen der BSPP und der Tatmadaw, der Armee, zu unterscheiden. Die Partei wurde zu einer parallelen Struktur im Staatsapparat, und das höchste Leitungskomitee war deutlich mächtiger als die Minister der formellen Regierung.
    Zu Beginn betrachteten viele Burmesen Ne Wins Machtübernahme als eine Übergangslösung bis zur nächsten demokratischen Wahl, so wie es schon unter der militärischen Landesführung während der 1950er Jahre gewesen war. Damals jedoch hatten die zivilen Staatsbediensteten und Politiker ihre Stellung behalten können. Nun wurde der gesamte gesellschaftliche Apparat militarisiert, was insbesondere die Studenten an der Universität von Rangun zu Protesten veranlasste. Sie dachten nicht daran, stillschweigend mitanzusehen, wie sich ihr Land in einen Militärstaat verwandelte, und entschlossen sich zu einer friedlichen Demonstration auf dem Universitätscampus. Am 7. Juli 1962 versammelten sich ein paar tausend Studenten auf dem Universitätsgelände, das zu einem »demokratischen Fort« ernannt wurde. Die Proteste hatten beinahe die Form eines Volksfestes angenommen, mit Gesang und Tanz und langen Reden in den Gebäuden der Studentenschaft. Ne Win reagierte mit blutiger Niederschlagung der Proteste, einer Praxis, die von nun an jedes Mal angewandt wurde, wenn es in Burma zu größeren Demonstrationen kam. Das Militär eröffnete das Feuer auf die wehrlosen Studenten und tötete einige Dutzend, wenn nicht Hunderte von ihnen. Um zu verdeutlichen, dass es der Junta ernst war, wurde das Gebäude der Studentenschaft an der Universität von Rangun in die Luft gesprengt. Schon Aung San war hier einst ein- und ausgegangen. Ne Win löschte somit rein physisch eines der wichtigsten Symbole für jenen Kampf aus, den Aung San gegen die britische Kolonialmacht geführt hatte.
    Schon bald wurde auch die puritanische Seite der Junta sichtbar. Sie verbot Pferderennen, Schönheitswettbewerbe und alle westlichen Tänze, und die wenigen Nachtclubs in der burmesischen Hauptstadt wurden geschlossen. Ausländer sollten nicht zu Reisen in das Land ermuntert werden, und ein Visum war nur für einen Aufenthalt von 24 Stunden erhältlich.
    Am deutlichsten spiegelte sich die Ideologie der Junta vielleicht in dem Programm wider, das die Grenzgebiete wieder burmanischer werden lassen und den Einfluss der ethnischen Minderheiten zurückdrängen sollte. Den Minderheiten wurde untersagt, Zeitungen und Bücher in der eigenen Sprache zu drucken, der Schulunterricht sollte auf Burmanisch durchgeführt werden, und die politischen Strukturen wurden zerbrochen. Einige der Prinzen aus dem Shan-Staat wurden entführt und ermordet. Einige Jahre nach dem Militärputsch hatten die meisten ethnischen Gruppen wieder zu den Waffen gegriffen, und Burma versank immer mehr in einem totalen Chaos. Obwohl die Junta mittlerweile einen Waffenstillstand mit den meisten Guerillatruppen geschlossen hat, gibt es allein im Shan-Staat noch heute über 20 bewaffnete Gruppen.
    Auch alle westlichen Organisationen, die sich in Burma aufhielten, wurden des Landes verwiesen, nicht zuletzt die christlichen Missionare, die bei den ethnischen Minderheiten aktiv waren. Der letzte von ihnen, der aus Schweden stammenden, US-Amerikaner Herman Tegenfeldt, der sich bei den Kachin aufhielt, verließ Burma 1966. Viele der Inder und Briten, die seit Generationen in Burma gelebt hatten, waren schon vor dem Militärputsch aus dem Land geflohen. »Wir sahen, woher der Wind wehte. Wir konnten uns retten,

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