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Ilium

Titel: Ilium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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sie unterhalb der Wasseroberfläche und ging mit dem Sonie alle paar Kilometer ein bisschen höher oder tiefer, um den Strömungskegeln auszuweichen, die beide Seiten verbanden und den Bruch wie transparente Röhren in einem langen grünen Korridor querten.
    Daeman, der links von Savi auf dem Bauch lag und Harman rechts von ihr an seinem Platz liegen sah, bemerkte dessen grimmige Miene und war sich der leeren Passagiermulden hinter ihnen bewusst. Daeman dachte über die letzten vierundzwanzig Stunden nach.
    Bei ihrem Abflug von dem Ort mit den großen Bäumen hatte er den Eindruck gehabt, dass Harman und Ada sich gezankt hatten. Anfangs hatte er sich darüber gefreut. Er wusste natürlich nicht, worum es bei dem Zerwürfnis ging, aber es war nicht zu übersehen gewesen, dass beide nach ihrem Waldspaziergang aufgewühlt gewesen waren – Ada hatte kühl und distanziert dreingeschaut, aber innerlich gekocht, und Harman war sichtlich verwirrt gewesen. Doch nach den Stunden des Fluges nach Ardis und den dortigen Ereignissen – und Daemans Entscheidung, weiterhin an dieser unsinnigen Suchaktion teilzunehmen – gehörten die Spannungen zwischen Harman und Ada nun nicht gerade zu seinen vordringlichsten Problemen.
    Bei ihrer Ankunft in Ardis war es später Nachmittag gewesen. Aus der Luft sahen das Gutshaus und die Gartenanlagen anders aus, zumindest für Daeman, obwohl das Gesamtbild von Hügeln, Wald, Wiesen und Fluss genauso war, wie er es in Erinnerung hatte. Jedes Mal, wenn er an das Picknick unten am Fluss dachte – und an Hannahs alberne Metallguss-Vorführung –, fiel ihm der angreifende Dinosaurier ein, und er bekam Herzklopfen.
    »Im letzten Teil des Untergegangenen Zeitalters hieß diese Gegend hier Ohio«, erklärte Savi, während sie eine Runde drehten und dann tiefer hinunter gingen. »Glaube ich.«
    »Ich dachte, Nordamerika«, sagte Harman.
    »Das auch«, sagte die alte Frau. »Sie hatten eine Überfülle an Namen für Orte.«
    Sie landeten einen knappen halben Kilometer von Ardis Hall entfernt auf einer Weide nördlich einer Baumreihe, die sie vor Blicken abschirmte. Daeman musste immer noch auf die Toilette, aber er würde auf gar keinen Fall von ihrem Landeplatz bis zum Anwesen laufen, falls auch nur das geringste Risiko bestand, dass Dinosaurier in der Nähe waren.
    »Es ist ungefährlich«, sagte Ada brüsk, als sie sein Zögern bemerkte; er lag als Einziger noch auf dem Sonie. »Die Voynixe patrouillieren im Umkreis von drei, vier Kilometern ums Haus.«
    »Und Hannahs Heißmetall-Picknick, wie weit war das vom Haus entfernt?«, fragte Daeman.
    »Fünf Kilometer«, sagte Hannah. Die junge Frau stand neben Odysseus hinter dem Sonie.
    Ada wandte sich an Savi. »Willst du wirklich nicht mit zum Haus kommen?«
    »Ich kann nicht.« Die alte Frau streckte ihr die Hand hin, und Ada ergriff sie nach einer Sekunde. Daeman hatte noch nie gesehen, dass Frauen sich die Hände schüttelten. »Ich warte hier auf Harman und Daeman«, sagte Savi.
    Ada sah Harman an. »Du kommst doch noch für eine Minute mit nach Ardis, oder?«
    »Nur um mich zu verabschieden.« Die beiden sahen sich weiterhin unverwandt an.
    »Können wir nicht endlich mal losgehen?« Daeman hörte das Quengeln in seiner Stimme. Es war ihm egal. Er hatte es eilig.
    Dann waren alle außer Savi zu dem fernen Haus aufgebrochen. Auf dem Weg durch das Feld aus hüfthohem Gras kamen sie an einzelnen Kühen vorbei – Daeman machte einen weiten Bogen um jede von ihnen, weil er sich in der Nähe großer Tiere unwohl fühlte –, als plötzlich ein Voynix aus der Baumreihe vor ihnen hervortrat.
    »Das wurde aber auch Zeit«, meinte Daeman. »Diese Fußmärsche sind lächerlich.« Er winkte der Gestalt aus Eisen und Leder. »Du da! Geh zum Haus und hol zwei große Karriolen, um uns hinzubringen!«
    Unglaublicherweise schenkte der Voynix Daeman keinerlei Beachtung. Er kam weiter auf die fünf Menschen zu – oder genauer, auf Odysseus.
    Der alte, bärtige Mann schob Hannah von sich weg, als der augenlose Voynix langsam näher kam.
    »Er ist bloß neugierig«, sagte Ada, aber es klang nicht sehr überzeugt. »Wahrscheinlich hat er noch nie …«
    Der Voynix war keine zwei Meter mehr von Odysseus entfernt, als dieser das Schwert aus dem Gürtel zog und mit dem Daumen die summende Klinge aktivierte. Er schwang das Schwert mit beiden Händen, ließ es von oben herabsausen und zog es dem Voynix über den angeblich undurchdringlichen Brustpanzer und den linken

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